Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine sofortige Beschwerde gegen eine einstweilige Anordnung des Familiengerichts zum Umgangsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Der 4. Familiensenat des OLG schließt sich der Rechtsprechung des 1. und 2. Familiensenates und der h.M. an. Hiernach ist die sofortige Beschwerde zum OLG unzulässig.

 

Normenkette

ZPO §§ 620a, 620c, 621g

 

Verfahrensgang

AG Halle-Saalkreis (Beschluss vom 18.01.2006; Aktenzeichen 26 F 2640/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG Halle-Saalkreis - FamG - vom 18.1.2006 wird verworfen.

Der Antrag der Antragsgegnerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin und der Antragsteller sind die Eltern des minderjährigen Kindes L.W., geb. am 1.12.2004. Der Antragsteller begehrt die Regelung des Umgangs mit dem gemeinsamen Kind der Parteien. Die Antragsgegnerin widersetzt sich dem und begehrt ihrerseits einen Ausschluss des Umgangsrechts.

Nach einer mündlichen Verhandlung hierüber vom 18.1.2006 hat das AG Halle-Saalkreis - FamG - von Amts wegen im Wege der einstweiligen Anordnung beschlossen, dass der Antragsteller berechtigt ist, den Umgang mit dem gemeinsamen Kind der Parteien im wöchentlichen Rhythmus, beginnend ab dem 27.1.2006, jeweils freitags von 07:30 Uhr bis 09:00 Uhr als begleiteter Umgang in den Räumen des Jugendamtes des Landkreises S. auszuüben. In der Hauptsache steht Termin zur Verhandlung an auf den 15.3.2006.

Gegen den ihr am 26.1.2006 zugestellten Beschluss über die einstweilige Anordnung hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 26.1.2006, eingegangen beim OLG am selben Tag, sofortige Beschwerde eingelegt.

II. Über die sofortige Beschwerde hat der Senat zu entscheiden, nachdem die Einzelrichterin ihm das Verfahren nach § 568 ZPO übertragen hat.

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die einstweilige Anordnung des FamG vom 18.1.2006 wäre zwar in der gehörigen Form und Frist eingelegt worden (§ 569 ZPO). Sie ist jedoch unzulässig und damit zu verwerfen, da sie gem. § 621g S. 2 ZPO i.V.m. § 620c ZPO nicht statthaft ist (§ 567 ZPO).

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin richtet sich die Beschwerde nicht nach § 621e Abs. 1 ZPO i.V.m. § 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, denn § 621e ZPO beinhaltet die Rechtsmittel gegen Endentscheidungen in Familiensachen. Eine solche Endentscheidung liegt hier jedoch gerade nicht vor.

Bereits nach dem Gesetzeswortlaut des § 621g S. 2 ZPO i.V.m. § 620c ZPO ist die Beschwerde gegen eine einstweilige Anordnung, die das Umgangsrecht regelt, nicht zulässig (BVerfG v. 28.12.2004 - 1 BvR 2790/04, FamRZ 2005, 173 ff. [174 m.w.N.] m. Anm. Rixe; v. 10.6.2005 - 1 BvR 2790/04, FamRZ 2005, 1233 ff. (1235); Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., Rz. 6 zu § 621g; Hoppenz/Zimmermann, Familiensachen, 8. Aufl., Rz. 7 zu § 620c ZPO; OLG Köln v. 16.12.2002 - 14 UF 221/02, OLGReport Köln 2003, 101 = FamRZ 2003, 548; OLG Dresden v. 10.1.2003 - 10 WF 783/02, MDR 2003, 633 = OLGReport Dresden 2003, 399 = FamRZ 2003, 1306 f.; OLG Naumburg v. 16.9.2003 - 3 WF 144/03, OLGReport Naumburg 2004, 96; OLGReport Naumburg 2005, 865; a.A. OLG Naumburg v. 30.6.2004 - 14 WF 64/04, OLGReport Naumburg 2005, 74 = FamRZ 2004, 1510 f. m. abl. Anm. Gießler, FamRZ 2005, 815). Nach diesen Vorschriften sind allein einstweilige Anordnungen betreffend die elterlichen Sorge, die Herausgabe des Kindes an einen Elternteil, eine Entscheidung über einen Antrag nach den §§ 1, 2 des Gewaltschutzgesetzes oder über einen Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Obwohl die Befugnis zum Umgang mit dem Kind ein Rest der elterlichen Sorge ist, den der nicht sorgeberechtigte Elternteil behält, unterscheidet § 620 ZPO zwischen Sorge- und Umgangsrecht. Das Umgangsrecht ist deshalb kein anfechtbarer Teilbereich der elterlichen Sorge (OLG Dresden v. 10.1.2003 - 10 WF 783/02, MDR 2003, 633 = OLGReport Dresden 2003, 399 = FamRZ 2003, 1306).

Die Entscheidung des FamG ist auch nicht ausnahmsweise wegen "greifbarer Gesetzeswidrigkeit" überprüfbar. Zwar können grundsätzlich einstweilige Anordnungen gem. § 621g S. 1 ZPO nur auf Antrag erlassen werden (Hoppenz/Zimmermann, Familiensachen, 8. Aufl., Rz. 2 zu § 621g). Nur wenn das Hauptsacheverfahren von Amts wegen betrieben wird, etwa auf der Grundlage des § 1666 BGB, können sie auch ohne Antrag erlassen werden (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., Rz. 3 zu § 621g; OLG Frankfurt v. 6.2.2003 - 1 WF 3/03, OLGReport Frankfurt 2003, 153 = NJW-RR 2003, 1517 f.) und insoweit erweist sich die Entscheidung als verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Gleichwohl erfordert dieser Umstand nicht die Zulassung eines im Gesetz nicht vorgesehenen Rechtsmittels. Bis zur Zivilprozessrechtsreform, also vor dem 1.1.2002, fand zwar, auch wenn die Voraussetzungen des § 620c ZPO nicht erfüllt waren, die...

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