Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenfestsetzung bei Masseunzulänglichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Hat der beklagte Insolvenzverwalter, dem die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind, nach Eintritt der Rechtshängigkeit die Unzulässigkeit der Masse angezeigt (§ 208 Abs. 1 InsO), ist im Kostenfestsetzungsverfahren der Erstattungsanspruch der Klagepartei lediglich der Höhe nach festzustellen.

 

Normenkette

ZPO § 103 ff.; InsO §§ 208, 210

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 19.10.2001; Aktenzeichen 1 O 1579/01)

 

Tenor

I. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Augsburg vom 19.10.2001 wird in folgenden Kostenfeststellungsbeschluss abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die nach dem rechtskräftigen Urteil des LG Augsburg vom 5.10.2001 vom Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten 1.646,05 Euro nebst 4 % Zinsen hieraus seit 15.10.2001 betragen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Wert der Beschwerde beträgt bis 300 Euro.

 

Gründe

I. Der Kläger hat im vorliegenden Rechtsstreit gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter eine Forderung von 11.600 DM geltend gemacht. Während des Rechtsstreits hat der Beklagte am 17.9.2001 gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit angezeigt. In der mündlichen Verhandlung vom 19.9.2001 hat daraufhin der Kläger neben dem Zahlungsantrag hilfsweise die Feststellung beantragt, dass der Beklagte zur Zahlung von 11.600 DM verpflichtet ist, während der Beklagte seinerseits Widerklage auf Zahlung von 11.600 DM erhoben hat. Mit Urteil vom 5.10.2001 hat das LG nach dem Hilfsantrag des Klägers erkannt, i.Ü. Klage und Widerklage abgewiesen und dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Der Rechtspfleger beim LG hat die vom Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten mit Beschluss vom 19.10.2001 antragsgemäß auf 3.219,40 DM festgesetzt. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten. Er ist der Meinung, dass wegen der von ihm angezeigten Masseunzulänglichkeit ein Kostenfestsetzungsbeschluss als Vollstreckungstitel nicht hätte ergehen dürfen, sondern wegen des bestehenden Vollstreckungsverbots die Höhe des Erstattungsanspruchs lediglich festzustellen sei.

II. Die zulässige, insb. form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet.

1. Bei den Kosten des nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begonnenen Rechtsstreits, die durch die Kostengrundentscheidung des landgerichtlichen Urteils vom 5.10.2001 dem beklagten Insolvenzverwalter auferlegt worden sind (§ 103 Abs. 1 ZPO), handelt es sich um Masseschulden i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO (vgl. Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 55 Rz. 15).

Masseschulden sind zwar grundsätzlich vorweg in vollem Umfang zu befriedigen (§ 53 InsO). Reicht dazu aber die Insolvenzmasse nicht aus und hat der Verwalter die Masseunzulänglichkeit dem Insolvenzgericht angezeigt (§ 208 Abs. 1 InsO), dann erfolgt die Befriedigung der Masseverbindlichkeiten nach der in § 209 InsO bestimmten Rangfolge, wobei die so genannten Altmasseverbindlichkeiten (§ 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO) nur noch anteilmäßig zu erfüllen sind und insoweit ein Vollstreckungsverbot besteht (§ 210 InsO). Umstritten ist, ob die Masseunzulänglichkeit im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen ist.

a) Für den Geltungsbereich der Konkursordnung hat der Senat entschieden, dass die – bestrittene – Einrede der Masseunzulänglichkeit im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen sei (OLG München v. 30.11.1999 – 11 W 3090/99, ZIP 2000, 555; ebenso BAG ZIP 1998, 998; OLG Hamm v. 11.3.2002 – 4 W 111/01, ZIP 2002, 993; OLG Koblenz AGS 2002, 262; a.M. OLG Düsseldorf RPfleger 1991, 171). Dies wurde damit begründet, dass es sich bei der vom Konkursverwalter erhobenen Einrede der Masseunzulänglichkeit (§ 60 Abs. 1 KO) um eine materiell-rechtliche Einwendung handelt, die im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist, sondern nur im Wege der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO geltend gemacht werden kann, wobei der Konkursverwalter die behauptete Unzulänglichkeit der Masse darzulegen und zu beweisen hat (BGH v. 22.2.2001 – IX ZR 191/98, MDR 2001, 1076 = BGHReport 2001, 711 = NJW 2001, 3704; BAG v. 11.12.2001 – 9 AZR 80/01, BAGReport 2002, 261 = ZIP 2002, 1261).

b) Nach der – hier anzuwendenden – InsO hat dagegen schon die bloße Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 208 Abs. 1 InsO) des Verwalters ggü.r dem Insolvenzgericht nach § 210 InsO zur Folge, dass die Zwangsvollstreckung wegen Altmasseverbindlichkeiten i.S.d. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig ist.

Um eine solche Altmasseverbindlichkeit handelt es sich auch bei dem hier vom Kläger geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch. Für die Abgrenzung von den Neumasseverbindlichkeiten (§ 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO) ist nämlich allein maßgeblich, ob der Zeitpunkt der Begründung der Verbindlichkeit vor oder nach dem Zeitpunkt liegt, in dem die Anzeige der Masseunzulänglichkeit beim Insolvenzgericht eingegangen ist (Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 209 Rz. 10; Hefermehl i...

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