Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz, Beschwerde, Rechtsmittel, Leasingvertrag, Streitwert, Widerklage, Streitwertbeschluss, Festsetzung, Klage, Herausgabe, Anspruch, Nutzung, RVG, Arbeit, statthaftes Rechtsmittel

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 12.01.2021; Aktenzeichen 28 O 5986/20)

 

Tenor

1. Die Sache wird gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO dem Senat zur Entscheidung übertragen.

2. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 12.01.2021, Az. 28 O 5986/20, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Bevollmächtigte des Beklagten hat in eigenem Namen Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts durch das Landgericht eingelegt.

Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der Fa. ... GmbH, die mit dem Beklagten am 18./19.04.2017 einen Leasingvertrag über ein Hochregallager und einen Schubmaststapler zur betrieblichen Nutzung geschlossen hatte.

Mit der Klage verlangte die Klägerin die Herausgabe der Leasinggegenstände. Den Zeitwert der Leasinggegenstände gab sie mit EUR 6.000,00 an. Der Beklagte erhob Widerklage mit dem Antrag, die Leasinggegenstände an ihn zu übereignen. Hilfsweise verlangte er die Rückzahlung der Leasingraten. Aus dem als Leasingvertrag bezeichneten Vertrag ergebe sich aus einer mündlichen Nebenabrede ein Anspruch des verklagten Leasingnehmers auf Übereignung der Leasinggegenstände nach Ablauf der Leasingzeit und Bezahlung aller Leasingraten.

Das Landgericht hat mit Endurteil vom 12.01.2021 die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage hin zur Übereignung der Leasinggegenstände verurteilt. Zugleich hat es durch Beschluss unter Verweis auf § 45 Abs. 1 S. 3 GKG den Streitwert auf EUR 6.000,00 festgesetzt.

Der Bevollmächtigte des Beklagten hat mit Schriftsatz vom 10.02.2021 Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss eingelegt und beantragt, den Streitwert auf EUR 12.000,00 festzusetzen. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Senates vertritt er die Auffassung, dass sich die mit Klage und Widerklage geltend gemachten Ansprüche rechtlich zwar wechselseitig ausschließen, wirtschaftlich aber nicht überschneiden. Das Interesse der einen Seite, den Leasinggegenstand zurückzuerhalten, sei ein anderes wirtschaftliches Interesse als das Interesse der anderen Seite, das Eigentum an dem Leasinggegenstand übertragen zu erhalten.

Nach Anhörung der Gegenseite hat das Landgericht der Beschwerde in dem Beschluss vom 30.04.2021 nicht abgeholfen. Es gehe letztendlich bei Klage und Widerklage um dieselbe Frage, nämlich die, wem Das Eigentum an den Leasinggegenständen zusteht.

II. 1. Die befristete Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss ist zulässig. Nach § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG kann der Rechtsanwalt aus eigenem Recht gegen die Festsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Werts Rechtsmittel einlegen. Statthaftes Rechtsmittel ist die Beschwerde, § 32 Abs. 2 RVG iVm § 68 Abs. 1, 66 Abs. 2 bis 6 GKG (BeckOK RVG/ Sommerfeldt, 1.3.2021, § 32 RVG Rn. 20).

2. Die Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Klage auf Herausgabe des Leasinggegenstands und die Widerklage auf Übereignung desselben betreffen gebührenrechtlich denselben Gegenstand im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG. Der Gebührenstreitwert ist deshalb nur nach dem Wert der Leasinggegenstände zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage zu bemessen.

a) Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG sind bei der Bemessung des Gebührenstreitwerts die in einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachten Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, zusammenzurechnen. Davon ist nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG eine Ausnahme zu machen, wenn die in der Klage und der Widerklage geltend gemachten Ansprüche denselben Gegenstand betreffen. In diesem Fall ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend. Es soll den Prozessparteien gebührenrechtlich zugutekommen, dass das Gericht zwar über mehrere Anträge entscheiden muss, sich dafür aber im Wesentlichen auf die Beurteilung des gleichen Streitstoffs beschränken kann und dadurch Arbeitsaufwand erspart wird (BGH, Beschluss vom 02. November 2005 - XII ZR 137/05, NZM 2006, 138; BGH, Beschluss vom 06. Oktober 2004 - IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506).

Bei dem Begriff des Gegenstands in § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG handelt es sich um einen selbstständigen kostenrechtlichen Begriff, der eine wirtschaftliche Betrachtung erfordert (BGH Beschluss vom 06. Juni 2013 - I ZR 190/11, juris; BGH, Beschluss vom 06. Oktober 2004 - IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506; BeckOK KostR/Schindler, 32. Ed. 1.1.2021, § 45 GKG Rn. 12; Toussaint/Elzer, 51. Aufl. 2021, § 45 GKG Rn. 13). Eine Zusammenrechnung hat dort zu erfolgen, wo eine wirtschaftliche Werthäufung entsteht und nicht ein wirtschaftlich identisches Interesse betroffen ist. Wirtschaftliche Identität liegt vor, wenn die in der Klage und in der Widerklage gestellten Ansprüche nicht in der Weise nebeneinander bestehen können, dass allen stattgegeben werden könnte, sondern dass die Verurteilung gemäß dem einen Antrag notwendigerweise die Abweisung des...

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