Tenor

Der Antrag des Antragsgegners vom 06.08.2018, die Vollstreckung aus dem Endurteil des Landgerichts München I vom 31.07.2018, Az. 5 HK O 7878/18, einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Der Antrag des Antragsgegners vom 06.08.2018 auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß §§ 707, 719 Abs. 1 ZPO ist zulässig, jedoch unbegründet.

§ 719 Abs. 1 ZPO erstreckt sich nach einhelliger Meinung über seinen Wortlaut hinaus auch auf Urteile, mit denen eine einstweilige Verfügung bestätigt wird. Ein solches Urteil wird zwar nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt, ist jedoch auch ohne diesen Ausspruch vorläufig vollstreckbar (vgl. Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 38. Auflage, München 2017, Rdnr. 4 zu § 704 ZPO), sodass sich für den Schuldner dieselbe Situation wie bei einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil ergibt (Götz in Münchener Kommentar, 5. Auflage, München 2016, Rdnr. 4 zu § 719 ZPO). Allerdings lässt die Rechtsprechung in solchen Fällen eine Einstellung nur ausnahmsweise zu (Herget in Zoller, ZPO, 31. Auflage, Köln 2016, Rdnr. 1 zu § 719 ZPO m.w.N.), z.B. bei großer Wahrscheinlichkeit des Rechtsmittelerfolgs, wenn also schon im Zeitpunkt der Entscheidung über den Einstellungsantrag ohne aufwendige Überprüfung feststeht, dass das angefochtene Urteil voraussichtlich keinen Bestand haben kann (OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.10.2013, Az. 5 U 145/13, Rdnr. 4).

1. Die demnach erforderliche hohe Wahrscheinlichkeit des Rechtsmittelerfolgs sieht der Senat auch nach dem Vorbringen des Antragsgegners im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 06.08.2018 nicht. Insbesondere kann der Senat nicht die von der Berufung behaupteten "schwerwiegenden Rechtsfehler" des Ersturteils erkennen.

a. Entgegen der Rechtsansicht des Antragsgegners hindert § 276a S. 1 InsO das Auskunftsbegehren des Aufsichtsrats der Antragstellerin nicht.

aa. Der Einfluss des Aufsichtsrats als Überwachungsorgan auf die Geschäftsführung durch § 276a S. 1 InsO wird nach richtiger Auffassung in demselben Umfang beschränkt wie dies bei der Bestellung eines Insolvenzverwalters der Fall wäre, sodass eine Einflussnahme des Aufsichtsrats im insolvenzfreien Schuldnerbereich möglich bleibt (Ellers/Plassmeier in BeckOK InsO, 10. Edition, Stand 26.04.2018, Rdnr. 15 zu § 276a InsO, Klöhn in Münchener Kommentar zu Insolvenzordnung, Band 3, 3. Auflage, München 2014, Rdnr. 4 zu § 276a InsO). Diese auch im Insolvenzfall beim Aufsichtsrat verbleibenden Befugnisse umfassen nicht nur Maßnahmen der direkten Einflussnahme, sondern als ein Weniger auch Maßnahmen der nur mittelbaren Einflussnahme, wie bspw. Auskunfts-, Einsichts-, Informations- und vergleichbare Rechte (Ellers/Plassmeier, a.a.O., Rdnr. 19, Klöhn, a.a.O., Rdnrn. 38 und 40), um die es im streitgegenständlichen Fall geht.

Dies bedeutet, dass der Aufsichtsrat nach § 124 Abs. 3 S. 1 AktG auch im Insolvenzverfahren zu denjenigen Punkten der Tagesordnung der Hauptversammlung der Antragstellern Vorschläge zur Beschlussfassung machen kann, die inhaltlich dem insolvenzfreien Raum zuzuordnen sind, und insoweit zur Vorbereitung dieser Vorschläge auch seine Informationsrechte aus § 90 Abs. 3 AktG gegenüber dem Vorstand ausüben kann.

Auf der in Aussicht genommenen Hauptversammlung der Antragstellerin sollen diejenigen Tagesordnungspunkte behandelt werden, über die aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts - Registergericht München vom 19.03.2018 nicht mehr auf der Hauptversammlung vom 18.05.2018 Beschluss gefasst werden konnte, die aber nach dem Beschluss des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14.05.2018 im Verfahren 31 Wx 122/18 den Gegenstand einer von den dortmaligen Antragstellern noch einzuberufenden Hauptversammlung sein können, nämlich:

  • Beschlussfassung über die Bestellung eines Sonderprüfers zu den Vorgängen des Investorenprozesses im Rahmen der finanziellen Restrukturierung der Gesellschaft
  • Beschlussfassung über die Bestellung eines Sonderprüfers zu den Vorgängen hinsichtlich der Vergütung des Vorstands
  • Beschlussfassung über die Bestellung eines Sonderprüfers zu den Vorgängen hinsichtlich der Rolle des damaligen Aufsichtsrats im Zusammenhang mit den Themen der Vergleichsvereinbarung mit ehemaligen Mitgliedern des Vorstands
  • Beschlussfassung über die Bestellung eines Sonderprüfers zu den Vorgängen hinsichtlich der Einhaltung der organschaftlichen Pflichten des Vorstands hinsichtlich der Veröffentlichung der Einigung der Konsortialbanken mit dem Finanzinvestor
  • Beschlussfassung über den Vertrauensentzug gegenüber dem Vorstandsvorsitzenden Dr. ...
  • Beschlussfassung über die Erhöhung des Grundkapitals gegen Bareinlagen mit Bezugsrecht der Aktionäre sowie damit verbundene Satzungsänderung.

Diese verbleibenden Beschlussgegenstände sind nach dem Beschluss des 31. Zivilsenats vom 14.05.2018 allesamt dem insolvenzfreien Bereich zuzuordnen (zu den Sonderprüfungen vgl. OLG München, Beschluss vom 14.05.2018, Az. 31 Wx 122/18, Rdnrn. 56 und 57; zur Abberufung des Antragsgegners vgl. Rdnr. ...

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