Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufklärungspflicht des Immobilienmaklers bei fehlender schriftlicher Finanzierungszusage

 

Normenkette

BGB §§ 280, 652, 654

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 20.07.2004; Aktenzeichen 10 O 2/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 20.7.2004 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Aachen - 10 O 2/04 - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.048 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.7.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten beider Instanzen zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Die Klägerin kann von der Beklagten gem. § 652 Abs. 1 BGB die Zahlung einer Maklerprovision i.H.v. 9.048 EUR verlangen.

Die Parteien haben am 29.3.2003 einen schriftlichen Maklervertrag geschlossen, in welchem sich die Beklagte verpflichtet hat, der Klägerin für den Nachweis des Einfamilienhauses in K., R.-weg 3 eine Courtage von 3,48 % vom Kaufpreis zu entrichten. In dem gleichzeitig erbrachten Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Kaufvertrags über das benannte Objekt liegt auch eine Maklerleistung i.S.d. § 652 Abs. 1 BGB. Dass die Provisionszusage der Maklertätigkeit nicht zeitlich vorausgegangen ist, hindert den Anspruch auf Maklerlohn nicht, da ein Maklervertrag auch nach Erbringung der Maklerleistung geschlossen werden kann (BGH NJW 1991, 490; NJW-RR 1991, 821).

Der Hauptvertrag ist in Gestalt des notariellen Kaufvertrags vom 10.4.2003 zustande gekommen. Er entspricht demjenigen Geschäft, von dessen Nachweis das Entstehen des Provisionsanspruchs abhängig sein sollte, und erfüllt somit das Tatbestandsmerkmal der persönlichen und inhaltlichen Identität (vgl. BGH NJW 1982, 2663; NJW 1988, 968). Der erstinstanzliche Vortrag der Beklagten, der Kaufpreis habe zunächst 260.000 EUR "exklusive Zubehör" betragen sollen, während sich die Kaufvertragsparteien schließlich auf einen Preis von 260.000 EUR "inklusive Zubehör" verständigt hätten, steht dem nicht entgegen. Abgesehen davon, dass der schriftliche Maklervertrag bei der Angabe des Kaufpreises von 260.000 EUR den Zusatz "inkl. Einbaumöbel etc." enthält, handelt es sich um eine unwesentliche Abweichung, die den von der Beklagten mit dem Hauptvertrag angestrebten wirtschaftlichen Erfolg nicht in Frage stellt.

Die spätere Aufhebung des Grundstückskaufvertrags lässt die mit dessen Abschluss verdiente Courtage nicht entfallen. Der Anspruch auf Maklerlohn hängt gem. § 652 Abs. 1 BGB lediglich vom wirksamen Zustandekommen des Hauptvertrags und nicht von dessen Ausführung ab (BGH NJW-RR 1991, 821; NJW-RR 1993, 249; v. 30.11.2000 - III ZR 79/00, NJW 2001, 562; v. 27.9.2001 - III ZR 318/00, MDR 2001, 1343 = BGHReport 2002, 8 = NJW-RR 2002, 50). Ereignisse, die lediglich die Leistungspflicht aus dem wirksam zustande gekommenen Vertrag beseitigen, wie etwa ein Rücktritt, berühren den Provisionsanspruch daher regelmäßig nicht. Nur solche Umstände, die das wirksame Zustandekommen des Hauptvertrags verhindern oder ihn als von Anfang an unwirksam erscheinen lassen, schließen die Entstehung eines Provisionsanspruchs aus (BGH NJW-RR 1991, 821; NJW-RR 1993, 249; v. 27.9.2001 - III ZR 318/00, MDR 2001, 1343 = BGHReport 2002, 8 = NJW-RR 2002, 50). Die Provisionspflicht der Beklagten wird daher grundsätzlich nicht dadurch in Frage gestellt, dass diese nach dem Scheitern der in Aussicht genommenen Finanzierung den Grundstückskaufvertrag im Einvernehmen mit dem Verkäufer rückgängig gemacht hat. Zwar ist es den Parteien des Maklervertrages unbenommen, das Entstehen des Provisionsanspruchs über den Abschluss des Hauptvertrags hinaus an zusätzliche Voraussetzungen zu knüpfen.

Eine solche Bedingung läge dann vor, wenn der die Klägerin vertretende Zeuge J. der Beklagten, wie diese behauptet hat, vor dem Notartermin erklärt hätte, die Provisionsforderung werde nur geltend gemacht, soweit sie - die Beklagte - über eine schriftliche Kreditzusage verfüge. Die Richtigkeit dieser Behauptung hat indessen die Beklagte zu beweisen. Das gilt unabhängig davon, ob die zitierte Äußerung des Zeugen J. bereits bei Abschluss des Maklervertrags oder nachträglich gefallen ist. War dies bereits bei der Unterzeichnung des schriftlichen Maklervertrags geschehen, so streitet für die Klägerin die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Urkunde (Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl., § 440 Rz. 3). Der schriftliche Vertrag bietet keinen Anhalt für von der gesetzlichen Regelung abweichende Vereinbarungen über das Entstehen und die Fälligkeit des Maklerlohns. Für die Verteilung der Beweislast gilt nichts anderes, wenn der Zeuge J. die behauptete Erklärung erst nach Abschluss des schriftlichen Maklervertrags abgegeben hat. In diesem Fall läge ein - von der Beklagten zumindest stillschweigend angenommenes - Angebot zur nachträglichen Abänderung des Maklervertrags vor. Wer aber aus einer Vertragsänderung Rechte herleiten will, hat diese zu beweisen (BGH NJW 1995, 50).

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