Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Voraussetzungen einer analogen Anwendung der §§ 84 ff. HGB

 

Leitsatz (amtlich)

Für eine analoge Anwendung der §§ 84 ff. HGB ist u.a. erforderlich, dass der Vertragshändler aufgrund vertraglicher Abmachungen so in die Absatzorganisation des Lieferanten eingegliedert ist, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hat. Wenn eine Gesamtabwägung der beiderseitigen Rechte und Pflichten auf eine handelsvertreterähnliche Rechtsstellung des Vertragshändlers schließen lässt, finden auf das Vertragsverhältnis ergänzend zu den getroffenen Vereinbarungen diejenigen Vorschriften der §§ 84 ff. HGB entsprechende Anwendung, welche nicht auf der Besonderheit der handelsvertretertypischen bloßen Vermittlungstätigkeit ohne Abschluss des Kundenvertrags im eigenen Namen und auf eigene Rechnung beruhen. Die Analogie zum Handelsvertreterrecht ist mithin immer in den Fällen gerechtfertigt, in denen ein Vertragshändler einem Handelsvertreter vergleichbar in das Vertriebssystem des Unternehmers eingegliedert ist.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 05.08.2009; Aktenzeichen 91 O 112/07)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 5.8.2009 verkündete Urteil der 11. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 91 O 112/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

 

Gründe

Die Berufung der Beklagten wird gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, da das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung i.S.d. § 546 ZPO noch rechtfertigen die gem. § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Der Sache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung zu. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 3 ZPO).

Die Parteien sind auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür mit Beschluss vom 20.11.2009 hingewiesen worden. Die Stellungnahme der Beklagten vom 21.12.2009 gibt zu einer abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage keine Veranlassung.

Der Senat nimmt inhaltlich Bezug auf seinen Beschluss vom 20.11.2009 und hält auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen der Beklagten an seiner Rechtsauffassung fest, dass dem unstreitigen Restkaufpreisanspruch der Klägerin i.H.v. 26.426,44 EUR gem. Art. 53, 62 CISG kein aufrechenbarer Gegenanspruch der Beklagten gegenübersteht. Insbesondere steht der Beklagten kein Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die Klägerin wegen vorzeitiger rechtswidriger Beendigung des Vertrages vom 30.10.1995 zum 31.12.2006i.H.v. 112.869,96 EUR zu.

Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte auf eine aus ihrer Sicht gegebene handelsvertretertypische Einbindung ihres Unternehmens in die Vertriebsorganisation der Klägerin und eine hieraus folgende analoge Anwendung der handelsvertreterrechtlichen Bestimmungen, insb. des § 89 HGB.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die handelsvertreterrechtlichen Vorschriften der §§ 84 ff. HGB auf das vorliegende Vertragshändlerverhältnis der Parteien weder unmittelbar noch analog anwendbar.

Eine unmittelbare Anwendung der handelsvertreterrechtlichen Vorschriften kommt nicht in Betracht, da die Beklagte nicht Handelsvertreterin der Klägerin war, sondern die Erzeugnisse der Klägerin "im eigenen Namen und auf eigene Rechnung" kaufte und verkaufte (Ziff. 2 des Vertrages, Bl. 27 des Anlagenhefters).

Die Voraussetzungen einer analogen Anwendung sind vorliegend gleichfalls nicht gegeben. Denn dafür ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH und des Senats u.a. erforderlich, dass der Vertragshändler aufgrund vertraglicher Abmachungen so in die Absatzorganisation des Lieferanten eingegliedert ist, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hat (BGH, Urt. v. 21.1.1987 - VIII ZR 169/86 -, Rz. 28, zitiert nach JURIS; BGH, Urt. v. 8.6.1988 - I ZR 244/86 -, Rz. 41, zitiert nach JURIS; BGH WM 2003, 842 (843); OLG Köln NJW-RR 1995, 29 (30)). Wenn eine Gesamtabwägung der beiderseitigen Rechte und Pflichten auf eine handelsvertreterähnliche Rechtsstellung des Vertragshändlers schließen lässt, finden auf das Vertragsverhältnis ergänzend zu den getroffenen Vereinbarungen diejenigen Vorschriften der §§ 84 ff. HGB entsprechende Anwendung, welche nicht auf der Besonderheit der handelsvertretertypischen bloßen Vermittlungstätigkeit ohne Abschluss des Kundenvertrags im eigenen Namen und auf eigene Rechnung beruhen (BGH NJW 1982, 2432; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn-Löwisch, HGB, § 84, Rz. 103). Die Analogie zum Handelsvertreterrecht ist mithin immer in den Fällen gerechtfertigt, in denen ein Vertragshändler einem Handelsvertreter vergleichbar in das Vertriebssystem des Unternehmers eingegliedert ist (Staub-Emde, HGB, 5. Aufl., Vor § 84, Rz. 310).

Soweit di...

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