Leitsatz (amtlich)

Auch im WEG- Verfahren gibt es seit In-Kraft-Treten der ZPO-Novelle 2002 keine in die nächste Instanz führende „außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit” mehr. Angebliche Verstöße gegen Verfahrensgrundrechte sind entspr. § 321a ZPO mit einer Gegenvorstellung bei dem Gericht, das die angegriffene Entscheidung erlassen hat, geltend zu machen.

 

Normenkette

WEG § 45 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Beschluss vom 08.08.2002; Aktenzeichen 8 T 127/01)

AG Bonn (Aktenzeichen 28 II 129/00)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch der Antragsgegner in dem Beschluss der 8. Zivilkammer des LG Bonn vom 8.8.2002 – 8 T 127/01 – wird als unzulässig verworfen.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird

  • als nicht begründet zurückgewiesen, soweit sie gegen die Verwerfung ihrer Erstbeschwerde gegen die streitige Hauptsacheentscheidung in dem vorgenannten Beschluss gerichtet ist,
  • als unzulässig verworfen, soweit sie gegen die Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde gegen die Kostenentscheidung bezüglich des erledigten Teils in dem vorgenannten Beschluss gerichtet ist,

Die Antragsgegner haben die durch ihre Rechtsmittel entstandenen Gerichtskosten zu tragen. Eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten ergeht nicht.

Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 806,51 Euro festgesetzt. Für die sofortige Beschwerde im Ablehnungsverfahren beträgt der Geschäftswert 3.000 Euro.

 

Gründe

Mit ihrer Eingabe vom 29.8.2002 wenden sich die Antragsteller gegen die verschiedenen im dem Beschluss des LG vom 8.8.2002 enthaltenen Entscheidungen. Auch wenn sie sich im wesentlichen nur mit einzelnen Passagen in der Begründung dieses Beschlusses auseinandersetzen, ohne klar zu sagen, in welchen Punkten der Beschluss ihrer Meinung nach im Ergebnis unrichtig sein soll, bringen sie gleichwohl hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass sie ihn für den Fall einer fehlenden Abhilfe auf die in erster Linie erhobenen Gegenvorstellungen hin in allen Teilen mit einem etwa gegebenen ordentlichen, ansonsten außerordentlichen Rechtsmittel anfechten wollen.

1. Soweit das LG das gegen den Vizepräsidenten des LG N. sowie die Richterinnen am LG Dr. P. und Dr. M. gerichtete Ablehnungsgesuch als unzulässig verworfen hat, ist die Eingabe der Antragsgegner als „außerordentliche sofortige Beschwerde” zu behandeln. Dieses Rechtsmittel ist nicht zulässig.

Die Ablehnung eines Richter ist auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorgesehen (§ 6 FGG) und richtet sich nach den §§ 42 bis 48 ZPO mit der Folge, dass auch das Rechtsmittelsystem der ZPO gilt (vgl. BayObLGZ 1974, 446; OLG Köln NZM 2001, 547 = OLGReport Köln 2001; Keidel/Zimmermann, FGG, 14. Aufl., § 6 Rz. 56 jew. m. N.). Gem. § 46 Abs. 2, 2. HS i.V.m. § 567 Abs. 1 ZPO n.F. findet die sofortige Beschwerde nur statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen des LG, während gegen diejenigen die im Berufungs- oder Beschwerdeverfahren ergangen sind, ein Rechtsmittel nicht eröffnet ist (vgl. auch Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 567 Rz. 38). Vorliegend hat aber das LG im Beschwerdeverfahren entschieden.

Für eine außerordentliche sofortige Beschwerde sind zum einen die von der bisherigen Rechtsprechung geforderten Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht dargetan. Auch wenn das LG unklaren Sachvortrag in einem Sinne verstanden haben sollte, wie ihn die Antragsgegner nicht zum Ausdruck gebracht haben wollen, ist die Entscheidung noch nicht „greifbar gesetzwidrig”, also mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil sie jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und dem Gesetz inhaltlich fremd ist (so z.B. die Begriffsbestimmung in BGH NZM 2001, 623). Erst recht gilt dies für die eigenständige richterliche Bewertung des Gesuchs durch das LG, dass es offensichtlich aus sachfremden Erwägungen erfolgt sei und ausschließlich der Erzwingung einer den Antragsgegnern günstigen Entscheidung diene. Dass die Antragsgegner dies anders sehen, ist ihr gutes Recht, begründet aber selbst dann, wenn ihre Meinung richtig wäre, noch kein außerordentliches Rechtsmittel gegen eine ansonsten nicht anfechtbare Entscheidung.

Zum anderen und vor allem ist seit dem Inkrafttreten des ZPO-Änderungsgesetzes für eine außerordentliche Beschwerde kein Raum mehr. Nach dem Beschluss des BGH vom 7.3.2002 (BGH, Beschl. v. 7.3.2002 – IX ZB 11/02, MDR 2002, 901 = BGHReport 2002, 431) ist ein außerordentliches Rechtsmittel nicht mehr statthaft, weil der Gesetzgeber des Zivilprozessreformgesetzes die Problematik der Verletzung von Verfahrensgrundrechten gesehen und mit § 321a ZPO n.F. erstmals eine Abhilfemöglichkeit für Verfahren vorgesehen habe, in denen eine Überprüfung eines erstinstanzlichen Urteils bisher nicht möglich war. Ferner habe er mit § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F. einen Grund für die Zulassung der Revision eingeführt, der nach der Gesetzesbegründung auch die Verletzung von Verfahrensgrundre...

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