Leitsatz (amtlich)

Auch im Betreuungsverfahren ist nach dem 1.1.2002 an die Stelle der bisherigen außerordentlichen Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit, die in die nächste Instanz führte, die Rüge in entsprechende Anwendung des § 321a ZPO getreten, über die abschließend die Ausgangsinstanz zu befinden hat.

 

Normenkette

ZPO § 321a

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 6 T 4/03)

AG Köln (Aktenzeichen 51 XVII K 141/93)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Köln vom 14.3.2003 – 6 T 64/03 – wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Das in erster Linie als sofortige weitere Beschwerde nach den §§ 27, 29, 56g Abs. 5 FGG und hilfsweise als außerordentliche Beschwerde eingelegte Rechtsmittel ist nicht zulässig.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist nicht statthaft, weil das LG sie nicht zugelassen hat (§ 56g Abs. 5 S. 2 FGG).

Eine Zulassung der weiteren Beschwerde hat ausdrücklich zu erfolgen. Daher gilt die weitere Beschwerde auch dann als nicht zugelassen, wenn – wie hier – die Entscheidung des Beschwerdegerichts keine Aussage über die Zulassung enthält. Das Rechtsbeschwerdegericht hat dies hinzunehmen, und es ist nicht befugt, selbst die Zulassung auszusprechen (vgl. z.B. OLG Köln, Beschl. v. 20.1.2000 – 16 Wx 187/99; Keidel/Engelhardt, FGG, 15. Aufl., § 56g Rz. 41).

2. Auch als sog. außerordentliche weitere Beschwerde wegen „greifbarer Gesetzwidrigkeit” ist das Rechtsmittel nicht statthaft.

Zum einen ergeben sich weder aus dem Vorbringen des Betroffenen noch aus dem sonstigen Akteninhalt irgendwelche Anhaltspunkte für eine etwaige „greifbare Gesetzwidrigkeit” des angefochtenen Beschlusses. Nicht jede unrichtige Entscheidung ist „greifbar gesetzwidrig”, sondern nur eine solche, die mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil sie jeder rechtlichen Grundlage entbehrt und dem Gesetz inhaltlich fremd ist (BGH v. 21.12.2000 – V ZR 254/99, BayObLGReport 2001, 227 = MDR 2001, 555 = NJW 2001, 1285). Dies ist vorliegend auch auf der Grundlage des Vorbringens der weiteren Beschwerde nicht der Fall. Vielmehr wird im Wesentlichen nur gerügt, dass das LG bei der Prüfung der Frage, ob der Betroffene einzusetzendes Vermögen i.S.d. § 1836c BGB, 88 Abs. 2 BSHG habe, Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht hinreichend Rechnung getragen habe. Selbst wenn dies richtig sein sollte, würde es sich um einen typischen Rechtsanwendungsfehler handeln, der ein außerordentliches Rechtsmittel ersichtlich nicht eröffnet.

Zum anderen und vor allem ist in Fällen „greifbarer Gesetzwidrigkeit” bzw. eines Verstoßes gegen Verfahrensgrundrechte seit dem In-Kraft-Treten des ZPO-Reformgesetzes auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit kein Raum mehr für eine außerordentliche Beschwerde. Nach dem Beschluss des BGH v. 7.3.2002 – IX ZB 11/02, BGHReport 2002, 431 = MDR 2002, 901 ist seit dem 1.1.2002 im Zivilprozess eine außerordentliche Beschwerde ausgeschlossen, weil auch außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereiches des § 321a ZPO eine Verpflichtung des Ausgangsgerichts besteht, einen Verfassungsverstoß auf eine Gegenvorstellung hin zu korrigieren. Damit wird eine einfache und ökonomische Abhilfe ermöglicht und zugleich dem Verfassungsgebot, bei der Verletzung von Verfahrensgrundrechten eine Abhilfe innerhalb der angerufenen Gerichtsbarkeit vorzusehen, Genüge getan (BGH v. 7.3.2002 – IX ZB 11/02, BGHZ 150, 133 = BGHReport 2002, 431 = NJW 2002, 1577 = MDR 2002, 901; ebenso für den Verwaltungsprozess BVerwG NJW 2002, 1055). Diese Grundsätze gelten im Wege einer entsprechender Anwendung des § 321a ZPO auch im FGG-Verfahren (vgl. näher OLG Köln, Beschl. v. 20.12.2002 – 16 Wx 245/02, OLGReport Köln 2003, 94 = NJW-RR 2003, 374 LS; BayObLG NZM 2003, 246).

Offen bleiben kann es, ob etwas anderes dann gilt, wenn die Vorinstanz sich auf den Standpunkt stellt, dass das Abbilfeverfahren entspr. § 321a ZPO nicht einschlägig sei. Vorliegend hat das LG einen derartigen Standpunkt nicht eingenommen. Vielmehr ist die Vorlage an den Senat erfolgt, weil unmissverständlich eine „weitereBeschwerde” eingelegt war, und zwar primär ein nach Meinung des Betroffenen vom Senat zuzulassendes ordentliches Rechtsmittel. Dieses war vorrangig vom Rechtsbeschwerdegericht zu bescheiden, so dass für eine Behandlung des Schriftsatzes vom 1.4.2003 auch als Gegenvorstellung entspr. § 321a ZPO kein Raum war und eine Vorlage zu erfolgen hatte. Eine entsprechende Entschließung des LG erübrigt sich auch weiterhin, da – wie ausgeführt wurde – für eine „greifbare Gesetzwidrigkeit” bzw. einen Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte nichts dargetan ist.

3. Prozesskostenhilfe konnte wegen der Unzulässigkeit des Rechtsmittels und der sich hieraus ergebenden fehlenden Erfolgsaussicht i.S.d. § 114 ZPO nicht gewährt werden.

Eine Kostenentscheidung ist wegen § 131 Abs. 3 KostO nicht veranlasst.

Dr. Schuschke Manteufel J...

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