Leitsatz (amtlich)

1. Seit dem Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes findet auch in FGG-Verfahren eine außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit nicht mehr statt.

2. In Wohnungseigentumssachen ergeht die Entscheidung nicht aufgrund der mündlichen Verhandlung. An ihr müssen deshalb nicht alle Richter mitwirken, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben.

3. Wird ein Rechtsmittel ausdrücklich zur Fristwahrung eingelegt und sodann wieder zurückgenommen, entspricht es i.d.R. billigem Ermessen, von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten abzusehen.

4. Die Entscheidung des LG, dass die weitere Beschwerde gegen seine Entscheidung über eine Geschäftswertbeschwerde nicht zugelassen wird, ist für das Gericht der weiteren Beschwerde bindend.

 

Normenkette

WEG § 44 Abs. 1, § 47; KostO § 14 Abs. 3; ZPO § 321a

 

Verfahrensgang

LG Passau (Aktenzeichen 2 T 27/02)

AG Passau (Aktenzeichen 1 UR II 26/01)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers zu 2) gegen die Kostenentscheidungen im Beschluss des LG Passau vom 25.9.2002 wird zurückgewiesen. Das weitergehende Rechtsmittel gegen diesen Beschluss wird verworfen.

II. Der Antragsteller zu 2) hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 900 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Die Wohnanlage wird in der Form eines Hotels betrieben.

Am 24.2.2001 beschlossen die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt 14, die Pacht für die Appartements ab dem Jahr 2002 nach Miteigentumsanteilen aufzuteilen.

Die Antragsteller haben u.a. beantragt, diesen Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären. Das AG hat dem am 15.1.2002 stattgegeben und den Geschäftswert, soweit er den Eigentümerbeschluss zu Tagesordnungspunkt 14 betrifft, auf 420 000 Euro festgesetzt. Dagegen haben die Antragsgegner „fristwahrend” sofortige Beschwerde eingelegt mit dem Zusatz, sich nach der Eigentümerversammlung vom 23.2.2002 dazu zu äußern, ob das Rechtsmittel aufrecht erhalten werde. Der Antragsteller zu 2) hat sich der sofortigen Beschwerde angeschlossen, soweit das AG von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten abgesehen hat. Sodann haben die Antragsgegner die sofortige Beschwerde gegen die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses zu Tagesordnungspunkt 14 zurückgenommen, die Beschwerde jedoch aufrechterhalten, soweit sie sich gegen die Geschäftswertfestsetzung richtet.

Das LG hat durch Beschluss vom 25.9.2002 den Antragsgegnern die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde auferlegt und von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten abgesehen. Außerdem hat es den Geschäftswert auf 17 915 Euro herabgesetzt und festgestellt, dass die unselbstständige Anschlussbeschwerde des Antragstellers zu 2) durch die Rechtsmittelzurücknahme ihre Wirkung verloren hat; die weitere Beschwerde hat es nicht zugelassen. Gegen diesen Beschluss richtet sich das Rechtsmittel des Antragstellers zu 29:

II. 1. Das Rechtsmittel ist als sofortige weitere Beschwerde zulässig, soweit es sich gegen die Kostenentscheidung des LG richtet (§ 43 Abs. 1 WEG, § 20a Abs. 2, § 27 Abs. 2 FGG). Insoweit ist es aber unbegründet.

Nach Zurücknahme der sofortigen Beschwerde durch die Antragsgegner hatte das LG nur noch gem. § 47 WEG über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden. Dabei war § 269 Abs. 3 S. 2 (vgl. auch § 516 Abs. 3) ZPO nicht unmittelbar anzuwenden; jedoch konnte der dieser Vorschrift zugrundeliegende Rechtsgedanke berücksichtigt werden.

Das LG hat davon abgesehen, die Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beschwerdeverfahrens anzuordnen, weil die Antragsgegner das Rechtsmittel ausdrücklich nur vorsorglich – zur Fristwahrung – eingelegt und es sodann wieder zurückgenommen haben. Diese Sachbehandlung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. BayObLG NZM 2000, 300). Die Ermessensentscheidung des LG ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Ohne Rechtsfehler ist das LG auch davon ausgegangen, dass es sich bei der Anschlussbeschwerde des Antragstellers zu 2), die sich ausschließlich gegen die Kostenentscheidung des AG richtete, um ein unselbstständiges Anschlussrechtsmittel handelte, das mit der Zurücknahme des Hauptrechtsmittels gegenstandslos geworden ist (vgl. § 567 Abs. 3 S. 2 ZPO).

Die Entscheidung des LG ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil nicht alle Richter, die an der Entscheidung mitgewirkt haben, auch an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben. Denn anders als im Zivilprozess ergeht die Entscheidung in Wohnungseigentumssachen nicht aufgrund der mündlichen Verhandlung. Diese ist nicht alleinige Grundlage der Entscheidung, weshalb es nicht zwingend notwendig ist, dass diese nur von den Richtern erlassen wird, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben (BayObLGZ 1990, 173 [175]).

2. Da...

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