Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Betroffene einer fahrlässigen Überschreitung der außerhalb geschlossener Ortschaften zulässigen Höchstgeschwindigkeit schuldig ist.

Der Betroffene hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens und die ihm darin erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.

 

Gründe

I.

Den bisherigen Verfahrensgang hat die Generalstaatsanwaltschaft mit Vorlageverfügung vom 25. Juni 2018 zutreffend wie folgt dargestellt:

Die Bundesstadt Bonn - der Oberbürgermeister - hat mit Bescheid vom 12.04.2017 gegen den Betroffenen wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 67 km/h als Führer des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen XX, begangen am 28.12.2016 um 09:00 Uhr in Bonn, auf der BAB 565 bei km 12,630 Fahrtrichtung B, eine Geldbuße in Höhe von 880 ,- € festgesetzt sowie ein Fahrverbot für die Dauer von zwei Monaten gemäß §§ 41 Absatz 1 i. V. m. Anlage 2, 49 StVO, 24, 25 StVG, 11.3.9 BKat, § 4 Abs. 1 BKatV verhängt (Bl. 29 f. d. A.).

Gegen diesen Bescheid hat der Betroffene mit anwaltlichem Schreiben vom 19.04.2017 Einspruch eingelegt (Bl. 32R d. A.).

Das zur Entscheidung berufene Amtsgericht Bonn hat gegen den in der mündlichen Verhandlung anwesenden Betroffenen, der den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid in der Hauptverhandlung auf die Rechtsfolgenseite beschränkt hatte (Bl. 95 d. A.), mit Urteil vom 21.12.2017 - 823 OWi 196/17 - wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 600,- € und ein Fahrverbot für die Dauer von zwei Monaten verhängt (Bl. 100 ff. d. A.).

Gegen dieses Urteil hat der Betroffene mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27.12.2017, eingegangen beim Amtsgericht Bonn am selben Tag, Rechtsbeschwerde eingelegt und die Sach- sowie Verfahrensrüge erhoben (Bl. 99 d. A.) und diese - nach Zustellung des Urteils an ihn am 25.01.2018 (Bl. 109 d. A.) - mit weiterem, am 29.03.2018 eingegangenen anwaltlichem Schriftsatz vom selben Tag näher begründet (Bl. 113 ff. d. A.).

Darauf nimmt der Senat mit der Ergänzung Bezug, dass der Betroffene mit der Begründungsschrift vom 29. März 2018 zugleich auch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde im Hinblick auf eine anzubringende Verfahrensrüge - der Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht gemäß §§ 71 Abs. 1 OWiG, 265 StPO - mit der Begründung angetragen hat, seinem Verteidiger sei verspätet das Hauptverhandlungsprotokoll übersandt und Akteneinsicht gewährt worden.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat Urteilsaufhebung beantragt.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde begegnet hinsichtlich ihrer Zulässigkeitsvoraussetzungen keinen Bedenken. Sie führt auf die erhobene Sachrüge zu der aus dem Tenor ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs und ist im Übrigen unbegründet.

1.

Die Annahme des Tatgerichts, der Betroffene habe die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsübertretung vorsätzlich begangen, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Ihr steht die erklärte Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen entgegen.

a)

Gemäß § 67 Abs. 2 OWiG kann ein Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Damit ist auch eine Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen möglich (KG VRS 102, 296 = NZV 2002, 466; OLG Rostock VRS 101, 380 [382 f.] = NZV 2002, 137 [138]; KG VRS 130, 244). Eine solche ist vorliegend erklärt.

b)

Ihr kann auch die Wirksamkeit nicht versagt werden. Eine Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch setzt tatsächliche Feststellungen voraus, die geeignet sind, eine hinreichend sichere Grundlage für die Bemessung der Rechtsfolgen darzustellen. Sind hingegen die Feststellungen so knapp, unvollständig oder widersprüchlich, dass sie diese Funktion nicht zu erfüllen vermögen, ist die erklärte Beschränkung unwirksam (vgl. allgemein BGH NJW 2017, 2482 [2483]). So kann es sich namentlich verhalten, wenn bei Delikten, die bei vorsätzlicher ebenso wie bei fahrlässiger Begehung sanktioniert sind, Unklarheit über die zugrunde gelegte Schuldform herrscht (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Auflage 2018, § 318 Rz. 17 m. N.). Diese Grundsätze gelten auch für das Bußgeldverfahren (vgl. KK-OWiG-Ellbogen, 5. Auflage 2017, § 67 Rz. 57).

aa)

Hiervon ausgehend ist für den Streitfall zunächst zu konstatieren, dass der Bußgeldbescheid vom 12. April 2017 ausdrückliche Feststellungen zur Schuldform nicht enthält.

bb)

In Rechtsprechung und Literatur anerkannt ist, dass es einer ausdrücklichen Angabe der Schuldform nicht bedarf, vielmehr von fahrlässigem Handeln auszugehen ist, wenn die Bußgeldbehörde ihrer Sanktionsbemessung einen Regelsatz der BKatV zugrunde legt, da die Regelsätze von fahrlässigem Handeln ausgehen (Brandenburgisches OLG B. v. 20.02.2017 - (1) 53 Ss-OWi 56/17 (34/17) - bei Juris; OLG Oldenburg VRS 130, 65 = DAR 2016, 472; KG VRS 114, 47; OLG Naumburg NStZ-RR 2005, 243; KG VRS 102, 296 = NZV 2002...

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