Entscheidungsstichwort (Thema)

Allgemeine Geschäftsbedingungen

 

Leitsatz (amtlich)

Es kann dahinstehen, ob eine eine Rückzahlungsverpflichtung statuierende Klausel, wonach dann, wenn das Vertragsverhältnis innerhalb der ersten 12 Monate nach Prämienzahlung gekündigt wird, eine geleistete "Erfolgsprämie" in jedem Fall ganz zurückgezahlt werden muss, bei der "kundenfeindlichsten" Auslegung unwirksam ist, weil sie den Handelsvertreter i.S.d. § 307 BGB unangemessen benachteiligt.

Jedenfalls ist die Dauer des Zeitraums, für den die Rückzahlungsverpflichtung gilt, unklar i.S.d. § 305c Abs. 2 BGB und nach der "kundenfreundlichsten" Auslegung dahin zu verstehen, dass die Rückzahlungsverpflichtung entfällt, wenn das Vertragsverhältnis noch zwölf Monate nach Zahlung der Erfolgsprämie fortbesteht.

 

Normenkette

BGB §§ 305c, 307

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 22.03.2012; Aktenzeichen 12 O 427/11)

 

Tenor

1. Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 22.3.2012 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Aachen - 12 O 427/11 - gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

 

Gründe

1. Die Berufung der Klägerin hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO), noch rechtfertigen die gem. § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

Das angegriffene Urteil ist nicht zu beanstanden.

Das LG hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Aus Ziff. 2 der Vereinbarung vom 7.8.2008 (Anlage K 4, Anlage zum Schriftsatz vom 13.10.2011) lässt sich keine Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich der im März 2009 ausgezahlten "Erfolgsprämie" i.H.v. 9.000 herleiten, denn die Klausel ist gem. § 305c Abs. 2 im Zweifel so zu verstehen, dass die Rückzahlungsverpflichtung an die Beendigung des Vertragsverhältnisses vor Ablauf der 12 Monate nach Auszahlung der Prämie geknüpft ist und nicht an den Zeitpunkt der Kündigungserklärung. Hier wurde das Vertragsverhältnis aber erst 12 Monate nach Auszahlung der Prämie beendet.

a) Dabei kann dahinstehen, ob die die Rückzahlungsverpflichtung statuierende Klausel bei der "kundenfeindlichsten" Auslegung unwirksam ist, weil sie den Handelsvertreter i.S.d. § 307 BGB unangemessen benachteiligt. Eine Rückzahlungsverpflichtung für Sonderzahlungen (Zahlung sowohl für erbrachte Leistungen als auch Belohnung für die in der Vergangenheit erwiesene und/oder die zukünftige Betriebstreue) kann unwirksam sein, wenn sie für einen unangemessen langen Zeitraum vereinbart wird oder aus anderen Gründen unüberschaubar oder unzumutbar ist (Hausch/Fandel in juris-Pk-BGB, 5. Aufl. 2010, § 611 BGB Rz. 201, 206 ff. m.w.N.). Bedenken bestehen hier, weil es sich um eine erhebliche Sonderzahlung handelt (mehr als das Dreifache der monatlichen Provisionsvorauszahlung), die gerade in der Anlaufphase Einkommensdefizite ausgleichen soll und an längst erreichte Mindestziele anknüpft und dennoch auch nach weiteren 12 Monaten der Vertragsbindung voll zurückgezahlt werden soll, gleich aus welchen Gründen und von wem der Vertrag gekündigt wird. Die Klägerin führt selbst an, dass sie mit der Erfolgsprämie auch Einkommensdefizite ausgleichen will, die dadurch entstehen, dass der junge Handelsvertreter in der Anlaufphase an Fortbildungsmaßnahmen teilnimmt und sich mit den Produkten der Klägerin erst vertraut machen muss. Insofern hat der vorliegende Fall Bezüge zu Rückzahlungsklauseln von Aus- und Fortbildungskosten. Diese stellen nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung aber nur dann eine ausgewogene Gesamtregelung dar, wenn es der Arbeitnehmer in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungspflicht zu entgehen (BAG, Urt. v. 11.4.2006 - 9 AZR 610/05, Urt. v. 21.7.2005 - 6 AZR 452/04, juris Rz. 27; Hausch/Fandel in juris-Pk-BGB, a.a.O., Rz. 214). Vorliegend differenziert die Klausel in Ziff. 2 aber nicht danach, aus wessen Sphäre der Kündigungsgrund stammt. Auch erscheint der Zeitraum von 12 Monaten ohne Staffelung der Rückzahlung, gerade weil die Auszahlung der Prämie an bestimmte zuvor zu erreichende Bedingungen geknüpft war, recht lang bemessen (vgl. zu arbeitsrechtlichen Grundsätzen: Hausch/Fandel in juris-Pk-BGB, a.a.O., Rz. 206; BAG, Urteil vom, 24.10.2007 - 10 AZR 825/06 zitiert nach juris, LAG München, Urteil vom 10.2.2011, 2 Sa 718/10, juris Rz. 37).

b) Jedenfalls ist die Dauer des Zeitraums, für den die Rückzahlungsverpflichtung gilt, unklar i.S.d. § 305c Abs. 2 ...

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