Leitsatz (amtlich)

1. Werden die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses (§ 18 Abs. 2 HöfeO) und die Feststellung des Hoferben (§ 18 Abs. 2 HöfeO i.V.m. § 11 Abs. 1 Buchst. g HöfeVfO) gleichzeitig beantragt, so besteht für den Antrag auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses kein Rechtsschutzbedürfnis, weil die Entscheidung im Feststellungsverfahren als die stärkere und mit den größeren Rechtswirkungen ausgestattete vorgeht.

2.a) Die Bindungswirkung eines Erbvertrages (§ 2289 BGB) hindert nicht die Entstehung der Hofeigenschaft kraft Gesetzes nach § 1 HöfeO. Umfasst die Erbeinsetzung in dem Erbvertrag die landwirtschaftliche Besitzung, so gilt sie als nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 S. 1 HöfeO vorgenommene Bestimmung des Hoferben nach Entstehung der Hofeigenschaft fort.

b) Die Übertragung des Hofes zur Bewirtschaftung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO kann erst erfolgen, wenn die landwirtschaftliche Besitzung Hofeigenschaft erlangt hat. Eine vorherige Übertragung kann deshalb höferechtliche Bindungswirkung nach § 7 Abs. 2 HöfeO erst mit Entstehung der Hofeigenschaft entfalten. Die Bindungswirkung eines zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossenen Erbvertrages steht einer abweichenden Hoferbenbestimmung entgegen, soweit die erbvertragliche Verfügung mit den Grundsätzen der HöfeO vereinbar ist. Dies gilt auch ggü. einer nachträglich erfolgten Übertragung der Bewirtschaftung des Hofes nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 7 Abs. 2 HöfeO.

 

Normenkette

HöfeO §§ 1, 6-7, 18

 

Verfahrensgang

AG Aachen (Aktenzeichen 77 Lw 20/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 6.3.2003 gegen den Beschluss des AG – Landwirtschaftsgericht – Aachen vom 16.2.2003 (77 Lw 20/02) wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die im Beschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt zum einen die Feststellung, dass er Hoferbe des Hofes – eingetragen im Grundbuch von X. des AG Aachen Bl. 1 – seines am 7.9.1994 verstorbenen Vaters geworden sei. Zum anderen beantragt er die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses (Erbscheines). Der damals noch nicht in die Höferolle eingetragene landwirtschaftliche Betrieb wurde dem Antragsteller durch Pachtvertrag vom 1.3.1979 von dem Erblasser und der Antragsgegnerin – der Mutter des Antragsgegners – verpachtet. Das Pachtverhältnis war auf 11 Jahre und 8 Monate bis zum 31.10.1990 befristet, wurde nach Ablauf dieses Zeitraumes aber fortgesetzt. Durch notariellen Erbvertrag vom 8.5.1984 setzten sich der Erblasser und die Antragsgegnerin gegenseitig zum alleinigen unbeschränkten Erben ein (II. des Erbvertrages). Für den Fall des Todes des Überlebenden oder des gleichzeitigen Versterbens setzten sie im Wege einer einseitigen Verfügung von Todes wegen, die jederzeit auch nach dem Tode des Erstversterbenden sollte geändert und aufgehoben werden können, den Antragsteller – ihren einzigen Sohn – als Erben ein (III. des Erbvertrages). Am 16.9.1988 wurde in das Grundbuch von X. Bl. 1 von Amts wegen ein Hofvermerk eingetragen, wonach dieser Grundbesitz mit dem im Grundbuch von X. Bl. 2 und dem dort Bl. 3 eingetragenen Miteigentumsanteil einen Hof gemäß der Höfeordnung bilde. Am 29.8.1995 wurde die Antragsgegnerin als Eigentümerin aufgrund Erbfolge ins Grundbuch eingetragen.

Der Antragsteller hat seine Anträge damit begründet, dass die Nachfolgeregelung gegen § 16 HöfeO verstoße, wonach der Eigentümer die Erbfolge kraft Höferechts durch Verfügung von Todes wegen nicht ausschließen könne. Es bleibe bei den Grundregeln der HöfeO, so dass er – der Antragsteller – gem. §§ 4, 5 HöfeO Hoferbe geworden sei. Hinzu komme, dass er den Hof seit 1979 allein bewirtschafte. Er sei derjenige unter den Miterben, der i.S.d. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 HöfeO berufen sei.

Das AG hat den Antrag auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses als unzulässig verworfen. Neben dem Antrag auf Feststellung der Hoferbeneigenschaft bestehe für die Ausstellung eines Hoffolgezeugnisses kein Rechtsschutzbedürfnis; das Feststellungsverfahren sei das mit den größeren Rechtswirkungen ausgestattete Verfahren und gehe dem Erbscheins- und Hoffolgezeugnisverfahren vor. Der Feststellungsantrag sei unbegründet. Der aufgrund des Erbvertrages ausgestellte Erbschein, der die Antragsgegnerin als Alleinerbin des Hofes ausweise, sei richtig. Der Erbvertrag verstoße nicht gegen § 5 oder § 16 Abs. 1 HöfeO. Die gesetzliche Ordnung stehe gemäß § 5 S. 1 HöfeO unter dem Vorbehalt einer anderen Bestimmung. Die Einsetzung des überlebenden Ehegatten zum Hoferben sei zulässig.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. Diese begründet er hinsichtlich des Antrages auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses damit, dass ein Rechtsschutzbedürfnis deshalb bestehe, weil nach § 35 GBO der Nachweis der Erbfolge nur durch einen Erbschein geführt werden könne. Der Feststellungsantrag sei begründet. Der Erbvertrag beinhalte lediglich eine allgemeine Erbfolge, nicht eine Sondererbsukzession bezüglich des Hofes. Hinzu...

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