Normenkette

InsO § 92

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 21.03.2006; Aktenzeichen 27 O 258/05)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten zu 3) vom 13.4.2006 gegen das am 21.3.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 27. Zivilkammer des LG Köln - 27 O 258/05 - durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Beklagte zu 3) erhält Gelegenheit, hierzu bis zum 19.6.2006 Stellung zu nehmen.

 

Gründe

1. Die zulässige Berufung des Beklagten zu 3) hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Das Vorbringen in der Berufung vermag keine von dem landgerichtlichen Urteil abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Entscheidungserhebliche Rechtsfehler i.S.d. § 513 Abs. 1 Alt. 1 ZPO i.V.m. §§ 546, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO werden von der Berufung nicht dargetan. Auch der Senat vermag keine Rechtsfehler zu Lasten des Beklagten zu 3) zu erkennen.

a) Ohne Erfolg rügt die Berufung, der Einzelrichter habe fehlerhaft die Prozessführungsbefugnis des Klägers bejaht. Der Klageerhebung steht § 92 InsO nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift erhält der Insolvenzverwalter die Befugnis, Ansprüche der Insolvenzgläubiger gegen einen Dritten auf Ersatz eines Schadens während der Dauer des Insolvenzverfahrens einzuziehen. Dass diese Ansprüche gemeinsam vom Insolvenzverwalter zur Masse gezogen werden, ist dann gerechtfertigt, wenn es sich um einen Gesamtschaden handelt, also um einen solchen, den die Gläubiger gemeinschaftlich erlitten haben. Das schädigende Verhalten muss zu einer Verminderung der Aktivmasse, also des Schuldnervermögens, oder zu einer Erhöhung der Passivmasse, also der Schulden des Insolvenzschuldners vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt und damit bewirkt haben, dass die Gläubiger eine geringere Quote erhalten (vgl. nur BGH v. 9.12.1999 - IX ZR 102/97, BGHZ 143, 246 [251] = MDR 2000, 352; BGH, NZI 2003, 434 [435]; Bork, Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2000, S. 1333 Rz. 1 ff.). Insoweit müssen nicht alle Gläubiger geschädigt sein. Es reicht vielmehr aus, dass nur ein Teil betroffen ist. In diesem Falle muss für diese Gläubiger eine Sondermasse gebildet werden, aus der ausschließlich die geschädigten Gläubiger zu befriedigen sind (Bork, Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2000, S. 1337 Rz. 10; Kübler/Prütting/Lüke, InsO, Stand März 2006, § 92 Rz. 24; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 12. Aufl. 2003, § 92 Rz. 16).

Die Regelung in § 92 InsO dient der Durchsetzung der gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger. Der Insolvenzverwalter macht die Schadensersatzansprüche unter Ausschluss der Gläubiger geltend, indem er Wiederauffüllung der Masse verlangt, damit er nach Erfüllung dieses Anspruchs die Quote ausschütten kann, die ohne das schädigende Ereignis zur Verfügung gestanden hätte. Zudem soll verhindert werden, dass einzelne Gläubiger sich zum Nachteil der anderen durch einen gesonderten Zugriff Vorteile verschaffen (BGH, NZI 2003, 434 [436]; Nerlich/Römermann/Wittkowski, InsO, Stand Sept. 2005, § 92 Rz. 3).

Nicht von dieser Vorschrift erfasst werden indes diejenigen Nachteile, die der einzelne Insolvenzgläubiger durch das Verhalten des Dritten erlitten hat (BGH, NZI 2003, 434 [436]). Diese Individualschäden kann und muss nach der gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung (BGH v. 6.6.1994 - II ZR 292/91, BGHZ 126, 181 [201] = GmbHR 1994, 539 = MDR 1994, 781 = NJW 1994, 2200; BGH v. 30.3.1998 - II ZR 146/96, BGHZ 138, 211 = GmbHR 1998, 594 = MDR 1998, 787 = NJW 1998, 2667 = NZI 1998, 38; vgl. auch OLG Karlsruhe, NZI 2002, 630) und der nahezu einhelligen Auffassung in der Literatur (vgl. z.B. Braun/Kroth, InsO, 2. Aufl. 2004, § 92 Rz. 8; HK/Eickmann, InsO, 4. Aufl. 2006, § 92 Rz. 5; Kübler/Prütting/Lüke, InsO, Stand März 2006, § 92 Rz. 49; Brandes in MünchKomm/InsO, 2001, § 92 Rz. 36; Schmidt/Pohlmann, InsO, 2006 § 92 Rz. 49; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 12. Aufl. 2003, § 92 Rz. 9 ff.) der Gläubiger auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin ggü. dem Dritten weiterhin selbst geltend machen.

Zu den individuell geltend zu machenden Schäden können auch die Ansprüche des Insolvenzgläubigers wegen verspäteter Insolvenzantragstellung gehören. Insoweit unterscheidet die Rechtsprechung zwischen den Altgläubigern, dies sind diejenigen Gläubiger, die bereits bei Eintritt der Insolvenzantragspflicht einen Anspruch gegen den Schuldner hatten, und den Neugläubigern, nämlich denjenigen, die erst nach Eintritt der Insolvenzantragspflicht durch Vertragsschluss einen Anspruch erworben haben.

Die Altgläubiger können ausschließlich den Quotenschaden ersetzt verlangen, wenn und soweit die auf ihre Forderungen entfallende Insolvenzquote durch zwischenzeitliche Masseschmälerungen geringer ausfällt, als sie bei rechtzeitiger Antragstellung ausgefallen wäre (vgl. BGH v. 6.6.1994 - II ZR 292/91, BGHZ 126, 181 [191] = GmbHR 1994, 539 = MDR 1994, 781 = NJW 1994, 2220 [2222]). Dieser Schaden ist ein typischer Anwendungsfall des § 92 InsO...

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