Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachverständigenentschädigung bei erheblicher Überschreitung des Kostenvorschusses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Haben die Parteien oder das Gericht sich mit einem bestimmten Stundensatz des Sachverständigen einverstanden erklärt, rechtfertigt dies eine den Kostenvorschuss erheblich übersteigende Gesamtentschädigung allenfalls dann, wenn der Sachverständige vor der Einverständniserklärung auch mitgeteilt hat, dass der Vorschuss unzureichend ist (Abgrenzung zu OLG Düsseldorf v. 20.5.2003 - I-10 W 30/03, I-10 W 31/03, OLGReport Düsseldorf 2003, 367; OLG Frankfurt v. 9.4.2003 - 14 W 28/03, OLGReport Frankfurt 2004, 32).

2. Die Entschädigung eines Sachverständigen wird erst mit der Vorlage des Gutachtens bei Gericht fällig.

 

Normenkette

JVEG § 13 Abs. 1; ZSEG § 7 Abs. 1; ZPO § 407a Abs. 3; BGB § 242

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 02.12.2004; Aktenzeichen 1 HKO 121/01)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Sachverständigen gegen den Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des LG Koblenz vom 2.12.2004 wird zurückgewiesen.

2. Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Der Sachverständige, für dessen Gutachten ein Vorschuss von 6.000 EUR gezahlt und angewiesen wurde, begehrt die Festsetzung einer auf 45.767,90 EUR bezifferten Restvergütung.

Im gerichtlichen Auftragsschreiben vom 28.8.2002 heißt es u.a.:

"Für das Gutachten ist ein Auslagenvorschuss i.H.v. 6.000 EUR eingezahlt worden. Sollte dieser Betrag nach einer vorläufigen Schätzung nicht kostendeckend sein, wollen Sie dies mit einer vorläufigen Schätzung der voraussichtlich zu erwartenden Kosten noch einmal nach hier mitteilen."

Durch Schreiben vom 2.9.2002 teilte der Sachverständige mit, das Gutachten werde nach Zeitaufwand zu den in einer beigefügten Auflistung angegebenen Stundensätzen erstattet. Außerdem lägen dem Auftrag die beigefügten Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer i.d.F. vom 1.1.2002 zugrunde. Wunschgemäß sandte der Kammervorsitzende einen Abdruck dieses Schreibens mit dem unterschriebenen Vermerk

"Mit Vorstehendem einverstanden"

an den Sachverständigen zurück. Zuvor hatten die Parteien dem Gericht mitgeteilt, sie seien mit dem Schreiben des Sachverständigen vom 2.9.2002 einverstanden.

Mit Rechnung vom 24.1.2003 forderte der Sachverständige für sein Gutachten einen ersten Abschlag von 19.720 EUR; eine zweite Rechnung vom 26.2.2003 lautet über einen weiteren Abschlag von 32.016 EUR.

Daraufhin hat der Kostenbeamte lediglich die Auszahlung der von den Parteien eingezahlten 6.000 EUR veranlasst. Der Antrag des Sachverständigen auf Zahlung eines weiteren Vorschusses wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die Parteien keinen hierfür ausreichenden Betrag eingezahlt hätten (OLG Koblenz, Beschl. v. 31.10.2003 - 2 W 660/03, OLGReport Koblenz 2004, 139).

Die späteren Bemühungen des LG, die Parteien zur Zahlung weiterer Vorschüsse zu veranlassen, blieben erfolglos.

Durch den nunmehr angefochtenen Beschluss hat das LG den Antrag des Sachverständigen auf endgültige Festsetzung einer weiteren Vergütung von 45.767,90 EUR abgelehnt. Zur Begründung ist ausgeführt, es fehle an einem ausreichenden Vorschuss. Außerdem stehe die in Luxemburg erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin der Festsetzung entgegen.

Dagegen wendet sich der Sachverständige mit seiner Beschwerde. Er meint, aus Gründen des Vertrauensschutzes sei die Staatskasse zur Zahlung der Vergütung verpflichtet. Dazu verweist er auf obergerichtliche Entscheidungen. Das LG habe seine zuvor mitgeteilten Auftragsbedingungen akzeptiert.

Das zulässige Rechtsmittel, über das nach altem Recht zu befinden ist(§ 25 JVEG), hat keinen Erfolg.

Ein Anspruch auf weitere Entschädigung steht dem Sachverständigen nicht zu, weil die Parteien keinen dafür ausreichenden Betrag an die Staatskasse gezahlt haben (§ 7 Abs. 1 letzter Halbsatz ZSEG).

Die Beschwerde meint, Gründe des Vertrauensschutzes erforderten hier ein Absehen von dem Erfordernis eines ausreichenden Vorschusses.

Dem kann nicht gefolgt werden. Anders als in den von der Beschwerde zitierten obergerichtlichen Entscheidungen fehlt es hier an einem Vertrauenstatbestand. Bei einem gerichtlichen Auftrag erhielt ein Sachverständiger grundsätzlich nur die im ZSEG (jetzt: JVEG) festgelegte gesetzliche Vergütung. Erwachsen voraussichtlich Kosten, die einen angeforderten Vorschuss erheblich übersteigen, hat der Sachverständige rechtzeitig hierauf hinzuweisen (§ 407a Abs. 3 S. 2 ZPO). Im Auftragsschreiben vom 28.8.2002 hat das LG den Sachverständigen über diese Verpflichtung auch ausdrücklich belehrt.

Richtig ist zwar, dass der Sachverständige daraufhin seine von der gesetzlichen Vergütung abweichenden höheren Stundensätze und seine allgemeinen Vertragsbedingungen mitgeteilt hatte und das Gericht nach Befragung der Parteien damit einverstanden war.

Damit war jedoch nicht gesagt, dass die Kosten des Gutachtens im Endergebnis den gezahlten Vorschuss von 6.000 EUR übersteigen durf...

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