Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausnahmsweise besondere Sachverständigenentschädigung unter Vertrauensschutz-Gesichtspunkten

 

Normenkette

ZSEG § 7 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Beschluss vom 04.02.2003; Aktenzeichen 9 O 87/00)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Sachverständigen Dr. R. wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des LG Kassel vom 4.2.2003 abgeändert.

Die dem Sachverständigen Dr. R. zu gewährende Entschädigung wird auf 14.254,08 Euro festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

1. Der Sachverständige ist durch Beschluss des LG vom 26.11.2001 mit der Erstattung eines Gutachtens über eine Behauptung des Klägers beauftragt worden. Gleichzeitig wurden ihm die Gerichtsakten übersandt. Auf eine entsprechende gerichtliche Anfrage hin gab er mit Schreiben vom 29.11.2001 seinen voraussichtlichen Zeitaufwand mit 100 Stunden und seinen Stundensatz mit 250 DM an. Der Kläger erklärte hierzu, eine Stellungnahme erübrige sich, da ihm Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei. Der Beklagte teilte mit Schriftsatz vom 18.1.2002 mit, er halte den Stundensatz für angemessen, den geschätzten Zeitaufwand aber für überzogen. Das LG forderte daraufhin den Sachverständigen mit Verfügung vom 18.2.2002 zur Gutachtenerstattung auf, nachdem sich die Parteien mit der Höhe des Stundensatzes einverstanden erklärt hätten. Nach Erstellung des Gutachtens berechnete der Sachverständige unter dem 6.9.2002 seine Kosten mit 14.254,08 Euro, wobei er 96 Stunden ansetzte und einen Stundensatz von 128 Euro zugrunde legte. Auf seinen Antrag hin hat das LG mit Beschluss vom 4.2.2003 die ihm zu gewährende Entschädigung auf 5.790,72 Euro festgesetzt. Zur Begründung ist ausgeführt, es fehle für eine Überschreitung des gesetzlichen Gebührenrahmens an der nach § 7 ZSEG erforderlichen Zustimmung beider Parteien. Auch ein Einverständnis des Gerichts sei nicht gegeben. Deswegen käme nur ein Stundensatz von 52 Euro in Betracht.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Sachverständigen, mit der er die Festsetzung des Rechnungsbetrages begehrt.

2. Die nach § 16 Abs. 2 ZSEG statthafte Beschwerde, der das LG nicht abgeholfen hat, ist auch ansonsten zulässig und in der Sache begründet.

Dem Sachverständigen steht eine Vergütung i.H.v. 14.254,08 Euro zu. Der von ihm angegebene Zeitaufwand von 96 Stunden begegnet keinen Bedenken und ist auch von dem LG zugrunde gelegt worden. Der Stundensatz von 128 Euro übersteigt zwar den Gebührenrahmen des § 3 Abs. 1 ZSEG. Dem Sachverständigen steht aber dieser Stundensatz gleichwohl jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu.

a) Nach § 7 Abs. 1 ZSEG kann dem Sachverständigen statt der Leistungsentschädigung eine besondere Entschädigung gewährt werden, wenn die Parteien dem Gericht ggü. hiermit ihr Einverständnis erklärt haben und ein ausreichender Betrag an die Staatskasse gezahlt worden ist. Eine Zustimmung zu dem Stundensatz des Sachverständigen hat im Streitfall der Beklagte erklärt, nicht aber der Kläger. Dessen Äußerung, eine Stellungnahme erübrige sich aufgrund der bewilligten Prozesskostenhilfe, ist zwar im Hinblick auf § 7 Abs. 1 ZSEG sachlich unzutreffend, stellt aber jedenfalls keine Zustimmung dar. Solchenfalls kann allerdings auch die Erklärung nur einer Partei genügen, wenn das Gericht zustimmt, § 7 Abs. 2 ZSEG. Das LG hat indes nicht mit einer eigenen Zustimmung die fehlende Zustimmung des Klägers ersetzt, wenngleich es offenbar mit der Höhe des Stundensatzes einverstanden war. Das ergibt sich bereits aus der Verfügung vom 18.2.2002, mit der der Sachverständige zur Gutachtenerstattung aufgefordert worden ist. Denn in dieser Verfügung heißt es, die Parteien hätten sich mit der Höhe des Stundensatzes einverstanden erklärt. Das kann nur dahin verstanden werden, dass das LG von dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 ZSEG ausgegangen ist, nicht aber in Anwendung des § 7 Abs. 2 ZSEG eine fehlende Parteizustimmung ersetzen wollte.

b) Obwohl damit die gesetzlichen Voraussetzungen einer besonderen Entschädigung nicht gegeben sind, darf der Sachverständige in Ausnahmefällen aus Gründen des Vertrauensschutzes eine Entschädigung auf der Grundlage des § 7 ZSEG verlangen (OLG Hamm v. 25.2.1988 – 23 W 735/87, RPfleger 1988, 550; OLG Düsseldorf v. 25.4.1995 – 10 W 25/95, OLGReport Düsseldorf 1995, 256 = BauR 1995, 880 f.; v. 29.7.1999 – 10 W 75–76/99, MDR 1999, 1528; Meyer/Höver/Bach, Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, 22. Aufl., § 7 Rz. 12,2; offen lassend OLG Saarbrücken, Beschl. v. 9.4.2001 – 9 WF 1/01, OLGReport Saarbrücken 2001, 436 f.). Ein solcher Ausnahmetatbestand liegt hier vor. Der Sachverständige hat, nachdem ihn das Gericht unter Aktenübersendung zur Angabe des voraussichtlichen Kostenvorschusses aufgefordert hatte, unmissverständlich seinen Stundensatz mit 250 DM angegeben. Dem Sachverständigen wurde dann die Stellungnahme des Beklagten vom 18.1.2002 zugeleitet, in der lediglich der geschätzte Zeitaufw...

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