Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskunftspflicht zwischen Elternteilen bei gemeinsamer Barunterhaltspflicht

 

Leitsatz (redaktionell)

Auskunftspflicht des nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB barunterhaltspflichtigen Elternteils gegenüber dem anderen ebenfalls barunterhaltspflichtigen Elternteil bei gemeinsamer Barunterhaltspflicht

 

Normenkette

BGB §§ 242, 1605, 1606 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Urteil vom 08.08.2008; Aktenzeichen 45 F 214/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des AG - Familiengericht - Freiburg im Breisgau vom 8.8.2008 - 45 F 214/08 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der Beklagten, seiner geschiedenen Ehefrau, im Hinblick auf eine vom gemeinsamen volljährigen Sohn gegen ihn erhobene Stufenklage auf Unterhalt die Auskunfts- und Belegerteilung über ihr Einkommen und Vermögen.

Das vor dem AG Freiburg - 45 F 173/08 - geführte Verfahren befindet sich noch in der Auskunftsstufe.

Durch den Parteien am 13.8.2008 zugestelltes Urteil vom 8.8.2008, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das AG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die grundsätzlich höchstrichterlich anerkannte Auskunftspflicht bestehe hier deshalb nicht, weil die Beklagte ggü. dem Sohn zur Auskunftserteilung über ihr Einkommen bereit sei und dieser deshalb nicht in eine Auseinandersetzung hierüber mit ihr gedrängt zu werden drohe.

Hiergegen richtet sich die am Montag, den 15.9.2008 eingelegte und mit am 13.10.2008 beim OLG eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Klägers. Er ist der Auffassung, das AG habe zu Unrecht eine Verpflichtung zur Auskunfts- und Belegerteilung verneint, denn er benötige diese zur Berechnung seines Haftungsanteils am Unterhalt für den gemeinsamen Sohn.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen über den Stand ihres Vermögens zum 1.5.2008 durch Vorlage einer systematischen Aufstellung über ihre sämtlichen Brutto- und Nettoeinkünfte einschließlich aller Nebeneinkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen in der Zeit vom 1.5.2007 bis 30.4.2008, und die erteilte Auskunft zu belegen durch Vorlage aller Gehaltsabrechnungen für den genannten Zeitraum, der Erträgnisaufstellungen für den genannten Zeitraum sowie der Einkommensteuererklärung 2007 und des Einkommensteuerbescheids 2007.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung.

Sie meint, die Berufungssumme sei nicht erreicht. Im Übrigen verteidigt sie die erstinstanzliche Entscheidung.

II. Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 600 EUR, § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Bei einem abgewiesenen unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch bemisst er sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des die Auskunft Begehrenden an der Erteilung der Auskunft, das das Gericht gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzen hat. Einen Anhaltspunkt bildet der Leistungsanspruch, in dessen Rahmen die Auskunft benötigt wird. Bei der auch hier vorzunehmenden Schätzung ist anhand des Tatsachenvortrages der klagenden Partei von ihren Vorstellungen auszugehen, die sie sich über den Wert ihres Leistungsanspruchs macht (BGH FamRZ 1997, 546; ebenso Pauling, Rechtsmittel in Familiensachen, 1. Aufl. 2002, Rz. 46). Hierbei ist der Wert des Auskunftsanspruchs mit einem Bruchteil des Leistungsanspruchs zu bewerten - üblicherweise werden ¼ bis 1/10 angenommen, weil die Auskunft nicht mit dem Leistungsanspruch identisch ist, sondern erst dessen Vorbereitung dient (BGH FamRZ 2006, 619; FamRZ 1993, 1189; NJW 1997, 1016). Für die Bewertung des Rechtsmittelstreitwertes ist darüber hinaus § 9 ZPO heranzuziehen (BGH FamRZ 1997, 546; FamRZ 1999, 1497).

Da der Haftungsanteil der Beklagten am Unterhalt des Sohnes gem. § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB mit 155 EUR anzusetzen ist, ergibt sich, auch wenn man das Auskunftsinteresse mit lediglich einem Zehntel des Leistungsinteresses bemisst, ein Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 600 EUR (1/10 × 3,5 × 12 × 155 EUR = 651 EUR). Dem liegt ein Unterhaltsanspruch des Sohnes von unter Berücksichtigung der Semestergebühren einerseits, des Kindergeldes andererseits 586 EUR zugrunde sowie ein Einkommen des Klägers von 2.800 EUR, der Beklagten von 1.550 EUR. Unter Berücksichtigung des Selbstbehalts der Eltern errechnet sich der Haftungsanteil zu 586 × [1550-1100]/[2800-1100] EUR = 155 EUR. Das Einkommen der Beklagten von 1.550 EUR setzt sich aus dem Erwerbseinkommen von 1.100 EUR sowie dem ihrem Miteigentumsanteil entsprechenden hälftigen Wohnvorteil von 450 EUR zusammen. Kindesunterhalt für die minderjährige Tochter ist wegen des durch den Kläger geleisteten Barunterhalts nicht abzuziehen. Ebenso wenig ist der Wohnvorteil um Hauslasten zu verringern, denn die Ermittlung des Umfangs der Haftung der Beklagten hierfür im Innenverhältnis setzte eine umfassende Kenntnis von deren Einkommens...

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