Entscheidungsstichwort (Thema)

Gläubigeridentität bei der Bürgschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Bürgschaft, die Ansprüche einer WEG auf Herstellung eines bestimmten Teils des Gemeinschaftseigentums sichert, ist wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Gläubigeridentität unwirksam, wenn der WEG selbst keine Ansprüche auf Herstellung dieses Teils des Gemeinschaftseigentums zustehen.

2. Eine solche Bürgschaft erfüllt nur dann die Anforderungen an eine Bürgschaft zugunsten Dritter, wenn einzelnen Wohnungseigentümern ein solcher Anspruch auf Herstellung des Teils des Gemeinschaftseigentums zusteht und Bürge und WEG die Bürgschaftsansprüche gerade zugunsten dieser Wohnungseigentümer begründen wollten. Daran fehlt es, wenn die Bürgschaft nach dem übereinstimmenden Parteiwillen bestellt wurde, um der WEG einen eigenen Zahlungsanspruch zu verschaffen.

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Urteil vom 22.03.2011)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Konstanz vom 22.3.2011 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, die Bürgschaftsurkunde der ... vom 11.10.2004 über 25.000 EUR an die ..., herauszugeben.

2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Herausgabe einer Bürgschaft.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des LG Konstanz vom 22.3.2011 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das LG hat der Herausgabeklage Zug-um-Zug gegen Erfüllung von Minderungsansprüchen des Wohnungseigentümers Dr. K. stattgegeben. Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihren wechselseitigen Berufungen.

Die Klägerin macht geltend, dass nach der Vereinbarung mit dem Wohnungseigentümer Dr. S. die Verbreiterung der Tiefgaragenzufahrt nur für den Fall auszuführen gewesen sei, dass eine entsprechende Baugenehmigung im Verwaltungsgerichtsweg erstritten worden wäre. Im anderen Fall hätten Herrn Dr. S. nur Minderungsansprüche zugestanden. Die Bürgschaft sei nur zur Absicherung der Erfüllungsansprüche geschuldet, wobei in einem solchen Fall die Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichtet werden sollte, die Verbreiterung mit den Bürgschaftsmitteln herzustellen. Eine Absicherung der Minderungsansprüche sei hingegen nicht beabsichtigt gewesen; die Bürgschaft erstrecke sich nach ihrem Wortlaut auch nicht auf solche Ansprüche. Auf die Vereinbarung mit dem Wohnungseigentümer Dr. K. vom 13.10.2004 komme es schon deshalb nicht an, weil diese Vereinbarung erst nach Hingabe der Bürgschaft vom 11.10.2004 abgeschlossen worden sei und damit den Sicherungsumfang nicht mehr erweitern könne (§ 767 Abs. 1 Satz 3 BGB).

Damit könne die Beklagte kein Zurückbehaltungsrecht an der Bürgschaft wegen Minderungsansprüchen ausüben. Die Entscheidung BGH, NJW 1980, 450 sei nicht einschlägig, weil sie sich auf den Fall beziehe, dass der Versprechende (also im Streitfall die Bank) Einwände gegenüber dem Dritten geltend mache. Es gebe auch kein Mittel, eine Bürgschaftsurkunde zurückzuhalten, nachdem der Sicherungszweck der Bürgschaft entfallen sei. Die Höhe der von Herrn Dr. K. geltend gemachten Minderungsansprüche werde bestritten. Es gehe auch nicht an, dass Herr Dr. K. diese Minderung für sich alleine beanspruche.

Die Beklagte könne sich nicht auf § 767 Abs. 1 BGB berufen. Die Verbreiterung der Fahrgasse sei allein daran gescheitert, dass dies nicht genehmigt worden und nicht genehmigungsfähig sei. Ein Verschulden der Klägerin liege nicht vor. Unabhängig davon sei § 767 Abs. 1 BGB dispositiv; im Streitfall hätten die Parteien die Bürgschaft ausschließlich für die Erfüllungsansprüche hingegeben, Ersatzansprüche jeder Art aber von der Bürgschaftshaftung ausgenommen. In den Absprachen mit Herrn Dr. S. und Herrn Dr. K. sei diesen persönlich zugestanden worden, den von ihnen persönlich geschuldeten Kaufpreis mindern zu dürfen. Diese persönlichen Ansprüche seien jedoch nicht gesichert. Im Hinblick auf die Tiefgaragenzufahrt sei vereinbart worden, dass die WEG diese Arbeiten im Falle der Insolvenz der Klägerin selbst ausführen müsse und über 20.000 EUR hinausgehende Kosten selbst zu tragen habe. Dieser Betrag sei auf Drängen von Herrn Dr. K. auf 25.000 EUR erhöht worden.

Im Übrigen müsse geklärt werden, wer auf Seiten der Beklagten den Prozess führe. Offensichtlich sei dies nicht die beklagte WEG, sondern der Miteigentümer Dr. K.. Sofern Herr Dr. K. durch die WEG zur Prozessführung ermächtigt worden sei, fehle es an einem Prozessauftrag, weil der Verwalter der Beklagten dann nicht für diese handeln dürfe. Über die Prozessführungsbefugnis der Beklagten müsse aber von Amts wegen entschieden werden.

Schließlich fehle es der Berufung der Beklagten an der Beschwer. Die Klägerin könne aus dem Urteil nicht vollstrecken, weil die Zug-um-Zug-Leistung nicht erbracht sei und kein Annahmeverzug festgestellt sei.

Die Klägerin beantragt,

1) das Urteil des LG Konstanz vom 22.3.2011 abzuändern und die...

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