WEG-Recht: Beschlusszwang für bauliche Veränderungen

Wohnungseigentümer, die eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum vornehmen wollen, müssen - selbst bei bestehendem Gestattungsanspruch - einen WEG-Beschluss herbeiführen.

Dies hat der BGH unter Anwendung des neuen Wohnungseigentumsrechts entschieden. Die Gestattung einer in der Gemeinschaftsordnung nicht vorgesehenen baulichen Veränderung am Gemeinschaftseigentum müssen Wohnungseigentümer notfalls mithilfe einer Beschlussersetzungsklage herbeiführen.

Eigentümergemeinschaft mit 2 Doppelhaushälften

Die Entscheidung des BGH betrifft eine Wohnungseigentümergemeinschaft, bestehend aus den Eigentümern zweier Doppelhaushälften, die auf einem im Gemeinschaftseigentum befindlichen Grundstück stehen. Nach der aus dem Jahr 1971 stammenden Teilungserklärung stand jedem Wohnungseigentümer ein Sondernutzungsrecht an dem sich an die jeweilige Haushälfte anschließenden Gartenteil zu. Insoweit war für Reparaturen und Instandhaltungen der jeweils Berechtigte alleinverantwortlich und kostentragungspflichtig. Im übrigen sollte sich das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nach den gesetzlichen Regelungen richten.

Bau eines Swimmingpools ohne Einwilligung

Die beklagten Eigentümer einer der Doppelhaushälften begannen ohne Zustimmung des Nachbarn mit dem Bau eines Swimmingpools in dem ihnen zugewiesenen Gartenteil. Hiergegen erhoben die Eigentümer der anderen Doppelhaushälfte Unterlassungsklage und hatten damit über drei Instanzen Erfolg.

Gestattung baulicher Änderungen grundsätzlich nur durch Beschluss

Der BGH stützte seine Entscheidung maßgeblich auf die am 1.12.2020 in Kraft getretene Neufassung des § 20 WEG.

  • Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 WEG können einem Eigentümer bauliche Veränderungen durch Beschluss gestattet werden.
  • Auf eine solche Gestaltung kann gemäß § 20 Abs. 3 WEG ein Anspruch bestehen, wenn das Einverständnis aller Wohnungseigentümer vorliegt, deren Rechte durch die bauliche Veränderung beeinträchtigt werden, oder
  • wenn durch die bauliche Maßnahme keine Beeinträchtigung der anderen Wohnungseigentümer zu besorgen ist.

Bauliche Veränderung nicht vom Sondernutzungsrecht gedeckt

Mit der Regelung des § 20 WEG hat der Gesetzgeber nach dem Diktum des BGH eindeutig klargestellt, dass eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums grundsätzlich einer Beschlussfassung der Wohnungseigentümer bedarf. Dieses Erfordernis der Beschlussfassung hätten die Parteien im konkreten Fall auch nicht gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG suspendiert. Lediglich die Vereinbarung eines Sondernutzungsrechtes betreffend die jeweilige Gartenhälfte berechtige nicht zu grundlegenden Umgestaltungen der jeweiligen Sondernutzungsfläche. Der Bau eines Swimmingpools gehe über die übliche Nutzung einer Sondernutzungsfläche deutlich hinaus und sei auch nicht durch die vereinbarte Reparatur- und Instandsetzungsklausel gedeckt.

Anspruch auf Gestattung nicht ausgeschlossen

Der BGH schloss nicht aus, dass die Beklagten möglicherweise einen Anspruch auf Gestattung der beabsichtigten baulichen Veränderung gemäß § 20 Abs. 3 WEG haben. Diesen eventuellen Anspruch könnten die Beklagten dem Unterlassungsanspruch der Kläger allerdings nicht entgegenhalten, auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB, denn auch im Falle eines Anspruchs auf Gestattung müsse diese durch Beschluss der Wohnungseigentümer erfolgen. Dies sei gerade der Sinn des reformierten § 20 WEG. Die Vorschrift solle sicherstellen, dass jeder Wohnungseigentümer die anderen Wohnungseigentümer über eine beabsichtigte bauliche Veränderung informiert und die bauliche Veränderung nicht ohne legitimierenden Gemeinschaftsbeschluss begonnen wird.

Notfalls Beschlussersetzungsklage

Für den Fall, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die Gestattung einer baulichen Veränderung trotz eines bestehenden Anspruchs verweigert, bleibt nach der Entscheidung des BGH dem Berechtigten die Option, über eine Beschlussersetzungsklage gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 GG sein Recht durchzusetzen. Das Erfordernis dieses Umweges sei keine überflüssige Förmelei, denn nur auf diese Weise werde sichergestellt, dass einzelne Wohnungseigentümer davon abgehalten werden, bauliche Maßnahmen gegen die Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft eigenmächtig umzusetzen. Nur durch diese Verfahrensweise werde gewährleistet, dass eine bauliche Veränderung erst dann umgesetzt wird, wenn feststeht, dass sie zulässig ist.

(BGH, Urteil v. 17.3.2023, V ZR 140/22)

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