Leitsatz (amtlich)

1. Haben sich die Wohnungseigentümer eines Seniorenstifts in der Teilungsvereinbarung verpflichtet, ihre Wohnung an einen Betreiber des Seniorenstifts zu vermieten, so stellt der anschließend geschlossene Mietvertrag ein einheitliches Rechtsgeschäft dar, aus dem die Eigentümer nicht als Gesamtgläubiger gem. § 428 BGB oder als einfache Mitgläubiger gem. § 432 Abs. 1 BGB berechtigt sind, sondern nach der Sonderregelung des § 21 Abs. 1 WEG.

2. Die gemeinschaftliche Verwaltung nach § 21 Abs. 1 WEG erfasst in solchen Fällen auch Flächen, die im Sondereigentum der Wohnungseigentümer stehen, da insoweit gebrauchsregelnde Vereinbarungen und Beschlüsse nach § 15 Abs. 1, 2 WEG wirksam getroffen sind und nach dem Zweck der Anlage nur eine einheitliche Verwaltung möglich ist.

3. Ist der Verwalter nach der Gemeinschaftsordnung befugt, die Gemeinschaft in Angelegenheiten der laufenden Verwaltung zu vertreten, so umfasst diese Befugnis die Geltendmachung von Mietzinsansprüchen gegen den Betreiber einer solchen Anlage, ohne dass es eines weiteren Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft bedarf.

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 17.12.2002; Aktenzeichen 6 O 139/02)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 17.12.2002 - 6 O 139/02 - wird zurückgewiesen.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsrechtszugs zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger, Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft "Seniorenwohnstift ..." in ..., begehren von der Beklagten, Mieterin des Anwesens, der Höhe nach unstreitig restlichen Mietzins von insgesamt 15.983,36 Euro. Die Beklagte beruft sich auf ein Leistungsverweigerungsrecht wegen angeblich von den Klägern zu beseitigender Mängel des Mietobjekts.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Kläger seien zur Geltendmachung des Anspruchs berechtigt, und die Geltendmachung eines Leistungsverweigerungsrechts seitens der Beklagten sei durch den dem Mietverhältnis zugrunde liegenden Rahmenmietvertrag vom 29.1.1988 ausgeschlossen. Wegen der Einzelheiten und insb. der tatsächlichen Feststellungen wird auf das landgerichtliche Urteil (I 291 ff.) verwiesen. Mit der Berufung verfolgt die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags den Klagabweisungsantrag weiter und erhebt hilfsweise wegen eines ihr angeblich zustehenden Aufwendungsersatzanspruchs für die Beseitigung der Mängel Widerklage über 15.983,36 Euro zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank p. a. hieraus ab Zustellung der Widerklage für den Fall, dass der Senat ein Leistungsverweigerungsrecht wegen der Mängel als vertraglich ausgeschlossen erachtet. Die Kläger verteidigen das erstinstanzliche Urteil, halten die Hilfswiderklage für unzulässig und behaupten weiterhin, dass keine von ihnen zu beseitigenden Mängel am Anwesen vorliegen. Wegen des Weiteren Vortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Erhebung der Hilfswiderklage in zweiter Instanz ist unzulässig.

1. Zu Recht hat das LG die Aktivlegitimation der Kläger, nämlich aller Wohnungseigentümer des Seniorenwohnstifts als Wohnungseigentümergemeinschaft, und die wirksame Bevollmächtigung ihres Prozessbevollmächtigten bejaht.

a) Rechtsfehlerfrei hat das LG den Rahmenmietvertrag vom 29.1.1988 dahin ausgelegt, dass es sich um einen einheitlichen Mietvertrag über das Gesamtanwesen handelt, ohne Unterscheidung nach im Sondereigentum einzelner oder im Gemeinschaftseigentum stehender Räume des Anwesens. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen des LG (Urteil S. 11) verwiesen. Die Feststellung eines einheitlichen Mietvertrages greift die Berufung nicht mehr an, sondern stellt selbst darauf ab, dass der Mietvertrag nur eine einheitliche Willensbildung der Vermieterseite zulässt (Berufungsbegründung S. 9, II 93). Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung begründen könnten, werden nicht dargetan und sind auch nicht ersichtlich.

b) Aus diesem Mietvertrag sind alle Wohnungseigentümer forderungsberechtigt. Sie sind keine Gesamtgläubiger gem. § 428 BGB. Auch liegt keine einfache Forderungsgemeinschaft gem. § 432 Abs. 1 BGB vor, wie üblicherweise beim Anspruch mehrerer Miteigentümer auf Miete (BGH NJW 1958, 1723; OLG Düsseldorf v. 10.2.1998 - 24 U 27/97, GmbHR 1998, 1183 = NJW-RR 1998, 1412). Vielmehr hat § 21 Abs. 1 WEG als Sonderregelung Vorrang vor den allgemeinen Vorschriften des BGB (BGH v. 11.12.1992 - V ZR 118/91, BGHZ 121, 22 [25] = MDR 1993, 445, m.w.N.). Danach steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu, worunter auch die Geltendmachung von Ansprüchen der Wohnungseigentümer gegen Dritte fällt (vgl. BGH v. 11.12.1992 - V ZR 118/91, BGHZ 121, 22 [25] = MDR 1993, 445; Palandt/Bassenge, WEG, 62. Aufl....

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