Leitsatz (amtlich)

a) Ohne einen ermächtigenden Eigentümerbeschluß ist ein einzelner Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht berechtigt, einen den Wohnungseigentümern gemeinsam zustehenden Schadensersatzanspruch wegen der Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums gegen einen Dritten geltend zu machen (Bestätigung der bisherigen Senatsrechtsprechung, BGHZ 106, 222; 116, 392).

b) Der einzelne Wohnungseigentümer kann zumindest einen auf eine Geldzahlung an sich selbst gerichteten Schadensersatzanspruch wegen der durch eine Einwirkung auf das gemeinschaftliche Eigentum verursachten Beeinträchtigung seines Wohnungseigentums gegen einen Dritten ohne Ermächtigung durch die Wohnungseigentümer geltend machen.

 

Normenkette

WEG §§ 13, 21 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Urteil vom 11.04.1991; Aktenzeichen 18 U 119/90)

LG Bonn (Urteil vom 08.10.1990; Aktenzeichen 9 O 301/90)

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 11. April 1991 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger ist einer von vier Wohnungseigentümern einer kleinen Wohnanlage. Der Beklagte hat von einer Wohnungseigentümerin seit 1954 eine Wohnung gemietet, die im Erdgeschoß unter den vom Kläger bewohnten Räumen liegt. Das Grundstück ist insbesondere im rückwärtigen Bereich mit Bäumen, Büschen und sonstigen Gartenpflanzen bewachsen, um die sich seit Jahren der Beklagte gekümmert hat. Am 17. November 1984 ließ der Beklagte eine ca. 30 Jahre alte und etwa 15 m hohe Sandbirke, die dort vor den Wohnungen der Parteien wuchs, bis auf einen etwa hüfthohen Stumpf fällen. Der Kläger ist damit nicht einverstanden. Er hat deshalb versucht, die Wohnungseigentümer zunächst zur Genehmigung des Fällens des Baumes und später zur Erhebung einer auf Anpflanzung eines Baumes gerichteten Klage gegen den Beklagten zu veranlassen. Seine Anträge wurden in den Eigentümerversammlungen am 4. Februar 1985 und am 27. Januar 1986 mehrheitlich abgelehnt.

Mit der Behauptung, die gefällte Birke habe wegen ihrer altersbedingten Höhe dem Grundstück ein besonderes Gepräge gegeben sowie Sicht- und Lärmschutz geboten, hat der Kläger im Juli 1990 den Beklagten auf Anpflanzung einer gleichartigen Birke, hilfsweise auf Zahlung von 21.443 DM an die Wohnungseigentümer, in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers, mit der er weiter hilfsweise Zahlung von 5.360,75 DM an sich verlangt hat, ist erfolglos geblieben.

Mit der – zugelassenen – Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine im Berufungsrechtszug gestellten Anträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

I.

Das Berufungsgericht hält die Klage insgesamt für unzulässig und führt aus: Die vom Beklagten gefällte Birke sei durch das Pflanzen und Anwachsen im gemeinschaftlichen Grundstück Miteigentum aller vier Wohnungseigentümer geworden. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung dieses Miteigentums gehöre in den Bereich der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne des § 21 Abs. 1 WEG. Das Wohnungseigentumsgesetz beziehe die einzelnen Wohnungseigentümer enger in die Gemeinschaft ein als die Mitglieder einer einfachen Bruchteilsgemeinschaft und schließe durch seine besonderen Regelungen über die Verwaltung anderslautende gesetzliche Regelungen über die allgemeine Bruchteilsgemeinschaft – wie die §§ 432, 1011 BGB – aus. In diesem System der Verwaltung nach dem Wohnungseigentumsgesetz gebe es nur einen besonders geregelten Fall, nämlich § 21 Abs. 2 WEG, in welchem dem einzelnen Wohnungseigentümer die Befugnis eingeräumt werde, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer Maßnahmen der Verwaltung wahrzunehmen. Ein solcher Ausnahmefall liege hier nicht vor. Weiter sei zu berücksichtigen, daß alle anderen Wohnungseigentümer die Zustimmung zu einer Klage auf „Naturalrestitution” verweigert hätten und mit dem Vorgehen des Klägers nicht einverstanden seien. Der Kläger verstoße deshalb mit allen Klageanträgen gegen seine Pflicht als Wohnungseigentümer, sich den Regeln und Beschlüssen der Wohnungseigentumsverwaltung zu unterwerfen; er maße sich eine Befugnis an, die ihm sowohl nach dem Gesetz als auch nach dem Willen der übrigen Wohnungseigentümer nicht zukomme. Nach dem maßgeblichen Grundsatz der §§ 20, 21 Abs. 1 und Abs. 2 WEG sei eine Klagebefugnis des einzelnen Wohnungseigentümers gegen Dritte wegen des Ersatzes von Schäden am Gemeinschaftseigentum nur bei den in § 21 Abs. 2 WEG genannten Notfällen sowie allenfalls dann gegeben, wenn und soweit die anderen Wohnungseigentümer sie ihm einräumten.

Dies hält revisionsrechtlicher Prüfung im Ergebnis stand.

II.

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht den Hauptantrag und den ersten Hilfsantrag als unzulässig abgewiesen. Der Kläger ist insoweit nicht klagebefugt. Der Anspruch auf Ersatz eines allen Wohnungseigentümern angeblich entstandenen Schadens kann von einem einzelnen Wohnungseigentümer nicht ohne Ermächtigung der Wohnungseigentümer gerichtlich geltend gemacht werden. Dies ist eine Frage schon der Zulässigkeit der Klage (BGHZ 106, 222, 224).

2. Die gefällte Birke war wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§§ 93, 94 Abs. 1 Satz 2 BGB) und stand im gemeinschaftlichen Eigentum aller Wohnungseigentümer (§ 1 Abs. 5 WEG). Ihnen kann als Mitgläubigern ein gemeinschaftlicher Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zustehen. Deshalb stellt sich die Frage, ob eine Verwaltungszuständigkeit der Wohnungseigentümer für die gerichtliche Geltendmachung dieses Anspruches gemäß § 21 Abs. 1 WEG in Betracht kommt, die es nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 106, 222, 227; 111, 148, 150) gebietet, die Durchsetzung eines neben der gemeinschaftlichen Forderung bestehenden Anspruchs des einzelnen Wohnungseigentümers auf die allen Wohnungseigentümern zustehende Leistung von ihrer Ermächtigung abhängig zu machen, weil § 21 Abs. 1 WEG insoweit gegenüber den allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts eine Sonderregelung enthält (BGHZ 115, 253, 257). Ob eine dahingehende ausschließliche Verwaltungszuständigkeit nach § 21 Abs. 1 WEG besteht, ist im einzelnen Fall durch Auslegung auch der übrigen Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes und anhand der Interessenlage der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen zu ermitteln (vgl. BGHZ 116, 392, 395).

a) Schadensersatzansprüche wegen einer Verletzung des gemeinschaftlichen Eigentums fallen unter die Vorschrift des § 1011 BGB (BGB-RGRK/Pikart, 12. Aufl., § 1011 Rdn. 1; Palandt/Bassenge, BGB 51. Aufl., § 1011 Rdn. 2; Soergel/Stürner, BGB 12. Aufl., § 1011 Rdn. 2; Staudinger/Gursky, BGB 12. Aufl., § 1011 Rdn. 2). Danach kann grundsätzlich jeder Miteigentümer diese Ansprüche einem Dritten gegenüber geltend machen, auch ohne von den anderen Miteigentümern dazu ermächtigt zu sein. Es handelt sich dabei um ein vom gleichen Recht der übrigen Teilhaber unabhängiges Sonderrecht des einzelnen Miteigentümers (Senatsurt. v. 23. Januar 1981, V ZR 146/79, NJW 1981, 1097). Fordert der Miteigentümer, wie hier der Kläger mit dem Hauptantrag und dem ersten Hilfsantrag, vollen Schadensersatz, kann er in entsprechender Anwendung von § 1011 Halbs. 2 BGB nur Leistung an alle Miteigentümer verlangen (vgl. BGH, Urt. v. 20. Oktober 1952, IV ZR 44/52, NJW 1953, 58, 59; Palandt/Bassenge aaO; Soergel/Stürner aaO; Staudinger/Gursky aaO).

b) Mit Recht geht das Berufungsgericht davon aus, daß hier gegenüber der allgemeinen Bestimmung des § 1011 BGB die Sonderregelung des § 21 Abs. 1 WEG eine Verwaltungszuständigkeit der Wohnungseigentümer für die Durchsetzung einer gemeinschaftlichen Schadensersatzforderung begründet.

Bei Bruchteilsgemeinschaften im Sinne der §§ 741 ff BGB, für die nach §§ 744, 745 BGB ebenfalls der Grundsatz der gemeinschaftlichen Verwaltung gilt, bejaht allerdings der Bundesgerichtshof in bezug auf gemeinschaftliche (auf Geld gerichtete) Forderungen die Anwendbarkeit des § 432 BGB und läßt demzufolge die gerichtliche Geltendmachung der Forderung durch einen Teilhaber der Gemeinschaft (zur Leistung an alle) zu (BGHZ 106, 222, 226 m.w.Nachw.). Gleiches soll auch für einen auf § 1011 BGB beruhenden (auf Geld gerichteten) Anspruch gelten (BGH, Urt. v. 20. Oktober 1952, IV ZR 44/52, NJW 1953, 58, 59; Staudinger/Huber, aaO § 744 Rdn. 42). Die Übertragung dieser Ansicht auf Schadensersatzforderungen der Wohnungseigentümer wegen Verletzung des gemeinschaftlichen Eigentums verbietet sich jedoch. Das Wohnungseigentum unterscheidet sich wesentlich von der (bloßen) Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff BGB und von der Miteigentümergemeinschaft nach §§ 1008 ff BGB. Während diese Gemeinschaften durch das Gesetz als jederzeit lösbare Bindungen ausgestaltet sind, wird im Wohnungseigentumsgesetz die Gemeinschaftsbezogenheit besonders stark dadurch betont, daß die Gemeinschaft grundsätzlich unauflöslich ist (§ 11 WEG); die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer haben im Vergleich zu den Vorschriften des BGB über die Gemeinschaft eine viel stärker detaillierte Regelung erfahren. Deshalb ist es geboten, hier nicht generell auf § 1011 BGB zurückzugreifen, sondern die Beurteilung dieser Frage – ebenso wie im Fall der Anwendung des § 432 BGB (vgl. BGHZ 106, 222, 226 f) – an den im Wohnungseigentumsgesetz sonst getroffenen Regelungen auszurichten.

Nach § 21 Abs. 1 WEG steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu. Soweit diese Vorschrift eingreift, gilt sie als Sonderregelung (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 WEG) vor der allgemeinen Bestimmung des § 1011 BGB (Erman/Ganten, BGB 8. Aufl., § 21 WEG Rdn. 5; MünchKomm-BGB/Selb, 2. Aufl., § 432 Rdn. 2; Pick in: Bärmann/Pick/Merle, WEG 6. Aufl., § 21 Rdn. 17; vgl. auch Soergel/M. Wolff, aaO § 432 Rdn. 3 für den Vorrang des § 21 Abs. 1 WEG vor § 432 BGB; a.A. Weitnauer, WEG 7. Aufl., § 13 Rdn. 17; Ehmann, JZ 1991, 222, 224 und 251, 252; WuM 1991, 65, 67). Zur Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 1 WEG gehören nicht nur die in Abs. 5 der Vorschrift aufgeführten, sondern alle Maßnahmen, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht auf eine Änderung des bestehenden Zustandes abzielen oder sich als Geschäftsführung zugunsten der Wohnungseigentümer in bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum darstellen (Weitnauer, aaO Vor § 20 Rdn. 2; vgl. auch Pick in: Bärmann/Pick/Merle, aaO Vor § 20 Rdn. 6). Danach gehört die vom Kläger mit seinem Hauptantrag erhobene Forderung nach Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 BGB) zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Der Schadensersatzanspruch ist an die Stelle des gemeinschaftlichen Eigentums getreten. Die Durchsetzung des Anspruchs stellt sich als eine Maßnahme der Geschäftsführung zugunsten der Wohnungseigentümer in bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum dar. Im übrigen würde durch die Neuanpflanzung eines Baumes auch der bestehende Zustand des gemeinschaftlichen Grundstücks in tatsächlicher Hinsicht geändert werden, was ebenfalls in den Bereich der gemeinschaftlichen Verwaltung fällt.

Auch die Durchsetzung des mit dem ersten Hilfsantrag geltend gemachten Zahlungsanspruchs unterliegt der Verwaltung aller Wohnungseigentümer gemäß § 21 Abs. 1 WEG. Wenn damit volle Restitution des Schadens (§ 249 Satz 2 BGB) verlangt wird, handelt es sich konstruktiv um eine Ersetzungsbefugnis des Geschädigten (BGHZ 63, 182, 184; BGH, Urt. v. 20. Juni 1989, VI ZR 334/88, NJW 1989, 3009). An die Stelle des Anspruchs auf Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 BGB) tritt der auf eine Geldleistung gerichtete Anspruch. Seine Durchsetzung wird durch diese Änderung nicht der gemeinsamen Verwaltung aller Wohnungseigentümer entzogen. Da der Gläubiger an die Wahl, welches der nach § 249 BGB gegebenen Rechte ausgeübt werden soll, gebunden ist (RG, JW 1937, 1145; OLG Celle, NJW 1949, 223, 224; OLG Stuttgart, VersR 1978, 188, 189), greift sie in einem so hohen Maß in die den Wohnungseigentümern gemäß § 21 Abs. 1 WEG gemeinsam obliegende Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ein, daß nur eine gemeinschaftliche Verfolgung dieser Rechte zulässig ist. Dieser Gesichtspunkt lag maßgeblich der Entscheidung des Bundesgerichtshofes in BGHZ 74, 258, 266 für die Ausübung der nach §§ 634, 635 BGB gegebenen Gewährleistungsrechte zugrunde. Er ist auf den hier vorliegenden Fall wegen der vergleichbaren Interessenlage der Wohnungseigentümer übertragbar. Wenn mit dem ersten Hilfsantrag ein Kompensationsanspruch nach § 251 Abs. 1 BGB geltend gemacht werden soll, unterliegt seine Durchsetzung ebenfalls nach § 21 Abs. 1 WEG der gemeinsamen Verwaltung aller Wohnungseigentümer. Unter den in § 251 Abs. 1 BGB genannten Voraussetzungen tritt auch dieser Anspruch an die Stelle des der gemeinsamen Verwaltung unterliegenden gemeinschaftlichen Eigentums, so daß seine Durchsetzung sich als Geschäftsführung zugunsten der Wohnungseigentümer in bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum darstellt.

Soweit es generell um die Einleitung von gerichtlichen Verfahren geht, folgt aus der die Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer schützenden Vorschrift des § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG, daß die Entscheidung hierüber allein bei den Wohnungseigentümern liegen soll (BGHZ 106, 222, 227; 111, 148, 151). Mit dieser gesetzlichen Wertung wäre es unvereinbar, wenn der einzelne Wohnungseigentümer ohne Ermächtigung einen in den Bereich gemeinschaftlicher Verwaltung fallenden Anspruch geltend machen dürfte (BGHZ 111, 148, 151). Halten die Wohnungseigentümer die gerichtliche Durchsetzung eines Anspruchs für nicht angezeigt, ist dies für den einzelnen Wohnungseigentümer grundsätzlich verbindlich. Ihm bleibt die Möglichkeit, auf gerichtlichem Weg eine Beseitigung des ablehnenden Eigentümerbeschlusses zu betreiben, weil dieser seinem Anspruch nach § 21 Abs. 4 WEG auf rechtmäßige und interessengemäße Verwaltung widerspreche (BGHZ 106, 222, 228 f). Dem steht nicht entgegen, daß der einzelne Wohnungseigentümer den Anspruch auf Beseitigung einer Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 1004 BGB) gegen einen Miteigentümer ohne Ermächtigung durch die Wohnungseigentümer geltend machen kann (BGHZ 116, 392, 394 f), weil in diesem Fall der Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 10 WEG i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG) im Vordergrund steht und die Interessenlage der Gesamtheit der Wohnungseigentümer sich anders darstellt.

Die gerichtliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der Wohnungseigentümer aus dem gemeinschaftlichen Eigentum unterliegt der gemeinsamen Verwaltung aller Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 1 WEG (OLG Celle, MDR 1970, 678, 679; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1989, 978; BGB-RGRK/Augustin, 12. Aufl., WEG § 21 Rdn. 24; Schneider, NJW 1960, 276, 277). Dies erkennt auch E an (JZ 1991, 222, 226); die von ihm vertretene Ansicht, § 21 Abs. 1 WEG gehe nicht als Sonderregelung den §§ 432, 1011 BGB vor (JZ 1991, 222, 224 und 251, 252; WuM 1991, 65, 67; Festschrift für Bärmann und Weitnauer, 1990, 145, 187 f.; vgl. ferner Weitnauer, JZ 1992, 1054, 1058), widerspricht indes der Vorschrift des § 10 Abs. 1 WEG.

c) Entgegen der Ansicht der Revision kann die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Klagebefugnis eines einzelnen Wohnungseigentümers bei der Geltendmachung von Ansprüchen, die auf Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum, auf Zahlung eines dafür erforderlichen Vorschusses oder auf Ersatz von Mängelbeseitigungskosten gerichtet sind (BGHZ 68, 372, 377; 74, 258, 262; 81, 35, 38; 110, 258, 259; Urt. v. 21. Februar 1985, VII ZR 72/84, NJW 1985, 1551), nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden, soweit es um die Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf den Hauptantrag und den ersten Hilfsantrag geht. Dieser Rechtsprechung liegt der Gesichtspunkt zugrunde, daß die Ansprüche jeweils aus dem individuellen Vertragsverhältnis zwischen dem klagenden Wohnungseigentümer und dem Anspruchsgegner hervorgegangen sind. Dies ist hier nicht der Fall; vertragliche Beziehungen zwischen den Parteien, aus denen dem Kläger ein individueller Anspruch entstanden sein könnte, bestehen nicht. Außerdem ist diese Rechtsprechung maßgebend darauf gestützt, daß es mit allen Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer vereinbar sein muß, Ansprüche ohne vorherige Willensbildung der Gemeinschaft von einem einzelnen Wohnungseigentümer geltend machen zu lassen (BGHZ 74, 258, 264). Die Belange des einzelnen Wohnungseigentümers an der Rechtsverfolgung sind nicht immer und ohne weiteres deckungsgleich mit dem wohlverstandenen Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer (BGHZ 106, 222, 227 f; 111, 148, 152). So liegt es auch hier. Indem die Wohnungseigentümer mehrheitlich die gerichtliche Durchsetzung eines gemeinschaftlichen Anspruchs abgelehnt haben, ist ihr gegenteiliges Interesse eindeutig bekundet. Daran ist der Kläger gebunden.

Ohne einen ermächtigenden Eigentümerbeschluß ist somit ein Wohnungseigentümer – abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall der Notgeschäftsführung (§ 21 Abs. 2 WEG) – nicht berechtigt, einen den Wohnungseigentümern gemeinsam möglicherweise zustehenden Schadensersatzanspruch aus einer Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums gegen einen Dritten gerichtlich geltend zu machen.

3. Erfolglos bleibt die Verfahrensrüge der Revision, das Berufungsgericht habe sich nicht bzw. nur höchst unzulänglich mit der vom Kläger in seiner Berufungsbegründung dargelegten Rechtsauffassung auseinandergesetzt. Das Gericht ist an die von den Parteien geäußerten Rechtsansichten nicht gebunden und auch nicht gezwungen, sich in den Entscheidungsgründen seines Urteils ausdrücklich mit ihnen zu befassen.

4. Ebenfalls ohne Erfolg bleibt die Rüge der Revision, im Berufungsurteil fehle eine überprüfbare Auseinandersetzung mit dem Vortrag des Klägers, er allein sei durch das Fällen des Baumes nachträglich betroffen und es sei unerträglich, wenn das Handeln des Beklagten sanktionslos bliebe.

a) Zutreffend ist zwar, daß neben dem Schadensersatzanspruch aller Eigentümer wegen einer Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber einem Dritten auch individuelle Schadensersatzansprüche eines einzelnen Wohnungseigentümers bestehen können. In diesem Fall ist Streitgegenstand nicht ein allen Wohnungseigentümern als Mitgläubigern zustehender Ersatzanspruch gegen einen Dritten aus dem gemeinschaftlichen Eigentum, sondern eine Forderung, die nur dem einzelnen Wohnungseigentümer erwachsen sein soll, weil nach seiner Behauptung nur er einen in Geld auszugleichenden Schaden erlitten hat. Für die Durchsetzung eines solchen Anspruchs ist der einzelne Wohnungseigentümer klagebefugt (vgl. BGHZ 115, 253, 256 f.). Die Interessenlage der Gesamtheit der Wohnungseigentümer (vgl. BGHZ 116, 392, 395) steht dem jedenfalls dann nicht entgegen, wenn ein solcher Schadensersatzanspruch auf Geld gerichtet ist in Höhe der Differenz zwischen dem Wert des Vermögens des einzelnen Wohnungseigentümers, wie er sich ohne das schädigende Ereignis darstellen würde, und dem durch das schädigende Ereignis tatsächlich verminderten Wert. Denn dann ist weder der Gebrauch oder die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums noch eine aufgrund des Innenverhältnisses zwischen mehreren Gläubigern bestehende gemeinsame Empfangs Zuständigkeit (vgl. BGHZ 115, 253, 258) berührt.

Einen solchen auf Zahlung gerichteten Schadensersatzanspruch kann ein einzelner Wohnungseigentümer im Hinblick auf einen angeblich durch eine Einwirkung auf das gemeinschaftliche Eigentum hervorgerufenen Wertverlust seines Wohnungseigentums, also des Sondereigentums an seiner Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum (§ 1 Abs. 5 WEG), zu dem es gehört (§ 1 Abs. 2 WEG), auch ohne Ermächtigung durch die Wohnungseigentümer gegen einen Dritten geltend machen.

b) Einen derartigen Anspruch hat der Kläger hier aber auch mit seinem auf eine Geldzahlung an sich selbst gerichteten zweiten Hilfsantrag nicht geltend gemacht. Denn diesen Antrag hat der Kläger nur als Schadensersatzanspruch entsprechend der Höhe seiner Anteile mit einem Viertel der Klageforderung aus dem ersten Hilfsantrag (5.360,75 DM) beziffert. Er hat damit ebenfalls einen – wenn auch auf die Höhe seiner Anteile beschränkten – den Wohnungseigentümern gemeinsam möglicherweise zustehenden Schadensersatz aus einer Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums gegen einen Dritten verlangt. Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger sich durch das Fällen des Baumes und die Auswirkungen dieser Maßnahme in besonderer Weise betroffen fühlt. Denn aus diesem Umstand leitet er die Begründetheit seines mit dem zweiten Hilfsantrag geltend gemachten Zahlungsbegehrens nicht her. Er sieht seinen Schaden nur auf ideellem Gebiet und legt insoweit nicht dar, daß für ihn eine Vermögenseinbuße etwa hinsichtlich des Verkehrswerts seines Wohnungseigentums durch die Maßnahme des Beklagten entstanden ist. Das Berufungsgericht hat deshalb diesen – vom Beklagten bestrittenen – Vortrag zu Recht als unerheblich angesehen und die Klagebefugnis des Klägers auch für den auf eine Geldzahlung an sich selbst gerichteten zweiten Hilfsantrag verneint.

5. Die Revision ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

 

Unterschriften

H, R, L, T, Sch

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 11.12.1992 durch Sierl, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 512671

BGHZ

BGHZ, 22

BB 1993, 686

NJW 1993, 727

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