Leitsatz (amtlich)

1. Die in einer unwirksamen Anfechtung enthaltene Erklärung kann entweder in eine Rücktrittserklärung oder in ein Verlangen nach Schadensersatz umgedeutet werden. Bei der Rechtslage vor Geltung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ist im Zweifel ein Rücktritt vom Vertrag nicht gewollt.

2. Ein übereinstimmender Antrag der Parteien, neuen Termin erst nach Erledigung eines anderen Rechtsstreits zu bestimmen, enthält ohne das Hinzutreten weiterer Umstände weder eine Stundungsabrede noch ein Stillhalteabkommen.

3. Wenn das Gericht bei einem solchen Antrag von einer Terminierung absieht, ist die weitere Verfahrensförderung nicht mehr Sache des Gerichts. Das Abwarten des Ausgangs des Verfahrens, dessen Ergebnis die Parteien abwarten wollen, stellt noch keinen triftigen Grund für die Untätigkeit dar.

 

Normenkette

BGB §§ 140, 204 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 27.10.2005; Aktenzeichen 15 O 14/05 KfH IV)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 27.10.2005 - 15 O 14/05 KfH IV - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der Kosten der Streithelferin, zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 236.053,24 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch.

Am 15.9.1999 (AH, AS 33) erteilte die Klägerin der Fa. C. GmbH, die dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten als Streithelferin beigetreten ist, den Auftrag zur Lieferung und Montage einer "Ganzkörperkältekammer". Mit Schreiben vom 22.12.1999 stellte die Streithelferin hierfür einen Betrag i.H.v. 461.680 DM in Rechnung, den die Klägerin vereinbarungsgemäß noch im Dezember 1999 als Vorauszahlung leistete. Die Beklagte übernahm am 28.12.1999 als Sicherheitsleistung für die Vorauszahlung eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zu einem Betrag von 461.680 DM, die bis zum 28.4.2000 befristet war. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Regelungen wird insoweit auf die Ablichtung im Anlagenheft (dort AS 35) Bezug genommen.

In der Folgezeit kamen bei der Klägerin Zweifel auf, ob die Kältekammer die vertraglich vereinbarte Kälteleistung und die angegebenen Stromverbrauchswerte erreichen würde. Sie bat die Streithelferin mit Schreiben vom 31.1.2000 (AH, AS 43) um Bestätigung bestimmter technischer Angaben. Die Streithelferin nahm hierzu mit Schreiben vom 2.2.2000 (AH, AS 63 f.) Stellung. Hierauf erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 21.2.2000 (AH, AS 45 ff.), auf welches wegen des Inhalts Bezug genommen wird, die Anfechtung des Vertrages in jeder rechtlichen Hinsicht. Sie berief sich auf Falschangaben der Streithelferin im Angebot. Die Klägerin forderte die Streithelferin auf, die Vorauszahlung zurückzuerstatten. Mit Schreiben vom 29.2.2000 (AH, AS 53 f.), auf welches wegen der Einzelheiten verwiesen wird, wies die Klägerin darauf hin, dass eine Rückgängigmachung des Vertrages auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der c.i.c. verlangt werden könne.

Mit Schreiben vom 7.4.2000 (AH, AS 77 ff.) lehnte die Klägerin ggü. der Streithelferin die Abnahme der Kältekammer endgültig ab.

Hierauf erhob die Streithelferin am 26.10.2000 gegen die Klägerin beim LG Karlsruhe (Az. 15 O 146/00 KfH IV) Klage auf Feststellung, dass sich die Klägerin mit der Annahme der Kältekammer in Verzug befindet. Die Klägerin vertrat in jenem Verfahren die Auffassung, dass sie wegen Unmöglichkeit der der Streithelferin obliegenden Leistung die Sache zurückweisen und Rückgewähr des bereits von ihr erbrachten Kaufpreises verlangen könne. Die Klage der Streithelferin wurde mit Urteil vom 30.12.2004 abgewiesen. Das LG führte aus, die Klägerin habe die Annahme der von der Streithelferin angebotenen Leistung berechtigt abgelehnt, da die angebotene Kältekammer nicht vertragsgemäß sei.

Bereits mit Schreiben vom 13.3.2000 hatte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung des Bürgschaftsbetrages aufgefordert und mit Schreiben vom 24.3.2000 (AH, AS 57) hierfür eine Frist bis zum 31.3.2000 gesetzt.

Am 2.10.2000 erhob die Klägerin gegen die Beklagte die vorliegende Klage. In der mündlichen Verhandlung vom 5.4.2001 (vgl. Protokoll, AS I 79 f.) beantragten die Parteivertreter, neuen Termin in dem Rechtsstreit erst nach Erledigung des Verfahrens 15 U 146/00 KfH IV zu bestimmen. Es erging Gerichtsbeschluss, wonach neuer Termin von Amts wegen bestimmt werde. Mit Schriftsatz vom 27.1.2005 (AS I 85) beantragte die Klägerin, dem vorliegenden Verfahren Fortgang zu geben.

Mit Schreiben vom 17.2.2005 (AH, AS 93 f.) erklärte die Klägerin ggü. der Streithelferin vorsorglich nach § 325 Abs. 1 BGB a.F. den Rücktritt vom Vertrag.

Die...

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