Leitsatz (amtlich)

›In Scheidungsverfahren besteht keine grundsätzliche, allgemeine Notwendigkeit im Sinn des § 121 Abs. 3 ZPO, dem bedürftigen, auswärtigen Antragsgegner einen Verkehrsanwalt beizuordnen. Dies gilt jedenfalls für einfach gelagerte Scheidungsverfahren nebst Folgesachen.‹

 

Gründe

I. Mit Beschluß vom 21.01.1998 hat das Familiengericht der Antragsgegnerin Prozeßkostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt beigeordnet. Den Antrag, ihr zusätzlich Rechtsanwältin als Korrespondenzanwältin beizuordnen, hat das Familiengericht mit Beschluß vom 17.02.1998 zurückgewiesen, da zu den gesetzlichen Voraussetzungen für die Beiordnung eines Verkehrsanwalts nichts vorgetragen und das Scheidungsverfahren einfach gelagert sei.

Der hiergegen - nunmehr mit Begründung - eingelegten Beschwerde der Antragsgegnerin vom 25.02.1998 hat das Familiengericht mit Beschluß vom 12.03.1998 nicht abgeholfen.

II. Die gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei, der Prozeßkostenhilfe bewilligt worden ist, auf ihren Antrag nach § 121 Abs. 3 ZPO ein zur Vertretung bereiter, Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozeßbevollmächtigten beigeordnet werden.

Solche besonderen Umstände liegen dann vor, wenn einer nicht hilfsbedürftigen Partei die Kosten eines Verkehrsanwalts nach § 91 ZPO als notwendig zu erstatten wären (vgl. Kalthoener/Büttner, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, Rn. 598). Maßstab für die Einschaltung eines Verkehrs- oder Korrespondenzanwalts ist somit, ob eine vermögende Partei von sich aus ebenfalls diese Mehrkosten aufwenden und anschließend bei einem Obsiegen als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig erstattet erhalten würde. Notwendig ist daher die Beiziehung eines Verkehrsanwalts insbesondere dann, wenn der Partei wegen großer oder schlecht zu bewältigender Entfernung zum Prozeßgericht, Gebrechen, persönlichen Übermittlungsschwierigkeiten wie mangelnder Schreib- oder Redegewandtheit, familiärer Verhältnisse, Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache eine mündliche, telefonische oder schriftliche Information ihres Prozeßbevollmächtigten nicht zuzumuten ist (vgl. Thalmann, Prozeßkostenhilfe in Familiensachen, § 121 ZPO Rn. 35, 36).

Soweit in Rechtsprechung und Literatur überwiegend die Ansicht vertreten wird, die Beiordnung eines Verkehrsanwalts sei in Scheidungsverfahren allgemein notwendig (so BLAH-Hartmann, ZPO, 56. Aufl., § 121 Rn. 69; Zöller/Philippi, ZPO, 20. Aufl., § 121 Rn. 22; Thalmann, a.a.O.; Kalthoener/Büttner, a.a.O.; OLG Bamberg, FamRZ 1990, 644; KG, NJW 1982, 113), vermag sich dem der Senat - wie schon früher (Beschluß vom 17.09.1981 - 2 WF 92/81, vom 06.04.1987 - 2 WF 18/87 - und vom 23.08.1996 - 2 WF 89/96 -) - jedenfalls in einfach gelagerten Ehesachen einschließlich Folgesachen - nicht anzuschließen (so auch Mümmler, JurBüro 1985, 1613, 1621; Wax, FamRZ 1985, 10, 171 OLG Zweibrücken, JurBüro 1984, 133, 134; wohl auch OLG Düsseldorf, FamRZ 1980, 390 und MünchKomm/Wax, ZPO, § 121 Rn. 37). Es besteht kein Grund, im Ehescheidungsverfahren andere Grundsätze als in sonstigen Verfahren anzuwenden.

Dort aber kommt die Beiordnung eines Verkehrsanwalts nicht schon bei hohen Reisekosten oder Beschwerlichkeiten einer Informationsreise in Betracht.

Zutreffend hat das Amtsgericht das vorliegende Verfahren als einfach bezeichnet. Die Antragsgegnerin hat sich zwar gegen die Ehescheidung vor Ablauf des Trennungsjahres nach § 1565 Abs. 2 BGB gewandt, den Zeitpunkt der Trennung und ihre Zuwendung zu einem anderen Mann aber bestätigt. Zur Darlegung der hieraus zu ziehenden rechtlichen Folgen bedurfte es nicht der Einschaltung eines weiteren Rechtsanwalts.

Von ihr sind keine zwischen den Parteien streitigen Punkte, die gegebenenfalls eine andere Beurteilung rechtfertigen würden, dargelegt. Ebensowenig ist ersichtlich, weshalb die noch zu regelnden Scheidungsfolgen nicht telefonisch oder schriftlich mit ihrem Prozeßbevollmächtigten geklärt werden könnten.

Als Verkäuferin dürfte die Antragsgegnerin zumindest so schreibgewandt sein, daß sie ihren Prozeßvertreter in Sinsheim ausreichend informieren kann. Gegenteiliges ist nicht substantiiert vorgebracht, weshalb zumindest bei dem derzeitigen Verfahrensstand besondere Umstände für die Beiordnung eines Verkehrsanwalts nicht bejaht werden können. Dies schließt eine spätere Beiordnung allerdings nicht aus, wenn sich im weiteren Verlauf des Verfahrens besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten herausstellen sollten, die mit schriftlicher Unterrichtung des Prozeßbevollmächtigten nicht bewältigt werden können (vgl. Senatsbeschluß vom 17.09.1981 - 2 WF 92/81 -).

Der Senat war auch gehindert, anzuordnen, daß der Antragsgegnerin im Rahmen der Prozeßkostenhilfe die für einen Verkehrsanwalt erwachsenen Kosten bis zur Höhe der Kosten einer Informationsreise von Berlin nach Sinsheim und zurück zu erstatten wären (vgl. Senatsbeschluß...

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