Leitsatz (amtlich)

Weist das LG im Berufungsverfahren den Prozesskostenhilfeantrag einer Partei zurück, so kann diese Entscheidung nicht mit einem Rechtsmittel angefochten werden.

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Beschluss vom 11.04.2006; Aktenzeichen 9 S 633/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des LG Karlsruhe vom 11.4.2006 - 9 S 633/05 - wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I. Mit Urteil vom 22.11.2005 hat das AG Pforzheim auf Antrag der Klägerin die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus zwei Kostenfestsetzungsbeschlüssen für unzulässig erklärt. Das AG Pforzheim hatte der Beklagten für ihre Rechtsverteidigung in diesem Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt. Die Beklagte hatte sich damit verteidigt, dass die Klägerin aus Rechtsgründen nicht berechtigt gewesen sei, gegen die Forderungen der Beklagten aus den beiden Kostenfestsetzungsbeschlüssen mit Gegenansprüchen aufzurechnen. Im Urteil vom 22.11.2005 ist das AG Pforzheim der Argumentation der Beklagten nicht gefolgt. Das AG Pforzheim hat festgestellt, die Forderungen der Beklagten aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen seien durch eine wirksame Aufrechnung der Klägerin erloschen.

Gegen das Urteil des AG Pforzheim hat die Beklagte Berufung eingelegt. Gleichzeitig hat sie beantragt, ihr auch für das Berufungsverfahren vor dem LG Karlsruhe Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Mit Beschluss vom 11.4.2006 hat das LG Karlsruhe den Prozesskostenhilfeantrag der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Beklagten im Berufungsverfahren biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Denn die Kostenerstattungsforderungen der Beklagten seien - wie vom AG Pforzheim zutreffend entschieden - durch die von der Klägerin erklärte Aufrechnung erloschen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten. Sie hält an ihrer Rechtauffassung fest, dass die Klägerin zu einer Aufrechnung nicht berechtigt gewesen sei. Zugunsten der Beklagten sei insoweit § 393 BGB (keine Aufrechnung gegen Forderung aus unerlaubter Handlung) anzuwenden.

Das LG Karlsruhe hat der sofortigen Beschwerde der Beklagten nicht abgeholfen und die Akten dem OLG Karlsruhe vorgelegt. Zur Begründung hat das LG darauf hingewiesen, gegen den das Prozesskostenhilfegesuch ablehnenden Beschluss sei ein Rechtsmittel nicht gegeben.

II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist unzulässig. Die Verweigerung der nachgesuchten Prozesskostenhilfe durch den Beschluss des LG Karlsruhe vom 11.4.2006 ist nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung durch ein Rechtsmittel nicht anfechtbar. Dementsprechend ist der Senat nicht berechtigt, die Frage der hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung der Beklagten im Berufungsverfahren vor dem LG Karlsruhe zu überprüfen.

1. Gegen eine Verweigerung von Prozesskostenhilfe findet gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 1. HS ZPO die sofortige Beschwerde statt. Die Voraussetzungen der sofortigen Beschwerde sind in § 567 Abs. 1 ZPO geregelt. Nach dieser Vorschrift kommt eine sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen der LG nur in Betracht, wenn diese Entscheidungen im ersten Rechtszug ergangen sind. Entscheidungen des LG im zweiten Rechtszug unterliegen dementsprechend nicht der sofortigen Beschwerde. Aus dieser gesetzlichen Regelung ergibt sich, dass eine Verweigerung von Prozesskostenhilfe durch das LG im Berufungsverfahren generell nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist (vgl. Zöller/Philippi, Zivilprozessordnung, 25. Aufl. 2005, § 127 ZPO Rz. 10; Bork in Stein/Jonas, Zivilprozessordnung, 22. Aufl. 2004, § 127 ZPO Rz. 18).

2. Gegen die Anwendung von § 567 Abs. 1 ZPO lässt sich nicht einwenden, die Voraussetzungen der sofortigen Beschwerde seien in § 127 Abs. 2 ZPO abschließend regelt. Nach der ZPO-Reform, die zum 1.1.2002 in Kraft getreten ist, gibt es an vielen Stellen des Gesetzes eine ausdrückliche Bestimmung, dass die sofortige Beschwerde gegeben sei. § 567 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO nimmt auf diese Regelungen in anderen Vorschriften der ZPO Bezug. Aus der Bezugnahme in § 567 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO ergibt sich, dass in jedem Fall bei einer sofortigen Beschwerde die Voraussetzungen des § 567 Abs. 1 ZPO (Rechtsmittel gegen Entscheidungen im ersten Rechtszug) zu prüfen sind. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch bei anderen Entscheidungen des Berufungsgerichts eine sofortige Beschwerde nicht in Betracht kommt. Dies gilt beispielsweise bei einem Ordnungsmittelbeschluss im Berufungsverfahren (vgl. OLG Düsseldorf v. 25.9.2002 - 24 W 29/02, 24 W 33/02, 24 W 34/02, MDR 2003, 230) oder bei einer Entscheidung über eine Richterablehnung im Berufungsverfahren des LG (vgl. OLG Celle, OLG R 2002, 228).

3. Der Entscheidung des Senats stehen auch keine teleologischen Erwägungen entgegen. Der Ausschluss der sofortigen Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe erscheint im Zusammenhang des Rechtsmittelsystems der Zivilprozessordnung vielmehr konsequent und sinnvoll: Das O...

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