Leitsatz (amtlich)

Steht aufgrund der Rechtskraft eines klageabweisenden Urteils fest, dass im Zeitpunkt der seinerzeit letzten mündlichen Verhandlung weitere Invaliditätsansprüche nicht bestanden, so kann der Versicherungsnehmer im Verfahren der Neubemessung gem. § 11 Abschnitt IV AUB 94 nur eine in der Zwischenzeit (zwischen jenem Zeitpunkt und spätestens dem Zeitpunkt drei Jahre nach dem Unfall) eingetretene Verschlechterung geltend machen.

 

Normenkette

AUB 94 § 11 Abschn. IV

 

Verfahrensgang

LG Paderborn (Urteil vom 23.05.2007; Aktenzeichen 3 O 67/07)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 22.04.2009; Aktenzeichen IV ZR 328/07)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 23.5.2007 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Paderborn wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage unbegründet ist.

Die Kosten der Berufungsinstanz werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der nach dem Urteil vollstreckbaren Beträge abzuwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger macht einen Restanspruch geltend aus einer bei der Beklagten genommenen Unfallversicherung, welcher die AUB 94/3 der Beklagten zugrunde liegen.

Er stürzte am 28.6.2003 von einer hohen Leiter. Die Beklagte zahlte entsprechend einer Invalidität von 49 % einen Betrag von 35.890 EUR sowie eine Übergangsleistung.

Der Kläger begehrte in einem Vorprozess (3 O 235/05 LG Paderborn) eine höhere Entschädigung. Auf die mündliche Verhandlung vom 10.10.2005 wurde diese Klage mit Urt. v. 14.11.2005 - rechtskräftig - abgewiesen; insbesondere wurde ein Anspruch auf monatliche Rentenzahlungen verneint, da der Invaliditätsgrad nicht höher sei als 49 %. Auf das Urteil (Bl. 17 ff. d.A.) wird Bezug genommen.

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger geltend gemacht, er habe nach § 11 Abschnitt IV AUB 94 einen Anspruch auf erneute Bemessung, die Rechtskraft des Urteils aus dem Jahre 2005 stehe dem nicht entgegen. Der lnvalidität betrage richtigerweise 60 %.

Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 40.590 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf jeweils 500 EUR seit dem 1.6.2003 und jeweils folgend zum Monatsersten auf 500 EUR, auf jeweils 565 EUR monatlich zum Monatsersten seit dem 1.9.2004, auf jeweils 600 EUR seit dem 1.9.2005 zum Monatsersten und auf jeweils 640 EUR seit dem 1.9.2006 bis einschließlich 1.1.2007 zum Monatsersten, sowie i.H.v. 5 % auf 15.910 EUR seit dem 26.4.2005 zu zahlen.

hilfsweise, festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, den Grad der Invalidität bezogen auf den 28.6.2006 neu feststellen zu lassen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat mit der Klageerwiderung (dort S. 3 Mitte = Bl. 15) und erneut mit Schriftsatz vom 14.5.2007 (dort S. 2 = Bl. 34) vorgetragen, dass jedenfalls - auch nach dem Vorbringen des Kläger - zwischen dem Vorprozess und dem Ende des dritten Jahres nach dem Unfall keine Verschlechterung eingetreten sei. Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten.

Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Wegen der Begründung und der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Hauptantrag weiter, wobei er in erster Linie Rückverweisung begehrt. Hilfsweise beantragt er (angekündigt mit Schriftsatz vom 15.10.2007), festzustellen, dass er berechtigt sei, den Grad der Invalidität bezogen auf den 28.6.2007 neu feststellen zu lassen.

Er vertieft sein Vorbringen erster Instanz und macht geltend, sein Gesundheitszustand habe sich in der Zeit nach der Begutachtung, welche dem Urteil des Vorprozesses zugrunde gelegen habe, verschlechtert.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in dieser Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen; diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

II. Die Berufung ist im Ergebnis unbegründet.

1. Allerdings ist - entgegen der Auffassung des LG - die Klage zulässig. Die Rechtskraft des Urteils des Vorprozesses steht nicht entgegen. Dieses Urteil hat nur die sog. Erstbemessung zum Gegenstand gehabt (vgl. Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 11 AUB 94 Rz. 8), nicht eine Neubemessung gem. § 11 Abschnitt IV AUB 94 zum Stichtag drei Jahre nach dem Unfall. Ob ein Anspruch auf Neubemessung und danach ggf. auf weitere Leistungen besteht, ist im Urteil des Vorprozesses nicht entschieden. Dies ist daher eine - unter Berücksichtigung der Rechtskraft des Urteils des Vorprozesses zu beurteilende - Frage der Begründetheit der vorliegenden Klage.

2. Sowohl der Hauptantrag als auch der Hilfsantrag sind aber unbegründet. Eine Zurückverweisung an das LG kommt nicht in Betracht (§ 538 ZPO).

a) Dem Kläger stehen keine weitergehenden Leistungen zu.

D...

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