Leistungspflicht der privaten Unfallversicherung beim Umknicken?

Ob ein Umknicken beim Spazierengehen Leistungen der privaten Unfallversicherung auslöst, hängt davon ab, was die Ursache für das Umknicken war – Eigenbewegung oder äußere Einwirkung durch ein Hindernis.  Nur im zweiten Fall liegt ein Unfall und damit ein Anspruch gegen die Versicherung vor.

Eine Versicherungsnehmerin war beim Spazierengehen in einer Hotelanlage umgeknickt, angeblich wegen einer Bodenunebenheit, und verletzte sich erheblich. Sie erlitt mehrere Frakturen des Fußes und reklamierte gegenüber ihrer privaten Unfallversicherung, einen körperlichen Dauerschaden davongetragen zu haben.

Invaliditätsleistungen in Höhe von 32.000 EUR gefordert

Von der Unfallversicherung forderte sie Invaliditätsleistungen in Höhe von gut 32.000 Euro. Die Versicherung weigerte sich zu zahlen, weil sie keinen bedingungsgemäßen Unfall sah. Es liege kein Unfall im Sinne der Ziffer 1.3 Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen (AUB) 2007 vor. Das Landgericht hatte die Klage ebenfalls mit der Begründung abgewiesen, dass die Frau nicht bewiesen habe, dass die behaupteten Verletzungen auf einem bedingungsgemäßen Unfall beruhten. Auch das Thüringer OLG folgte dieser Einschätzung.

Umknicken war kein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen

Für einen Unfall i. S. der Ziffer 1.3 Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen (AUB) 2007 sei es notwendig, dass die Gesundheitsschädigung – hier der Knochenbruch – durch ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis hervorgerufen werde. Dies sei im vorliegenden Fall nicht so gewesen.

OLG sah Eigenbewegung, nicht äußere Einwirkung als Ursache fürs Umknicken

Das Gericht ging davon aus, dass die Frau durch eine „Eigenbewegung“ umgeknickt war und sich verletzt hatte. Um einen bedingungsgemäßen Unfall beim Umknicken handele es sich nur dann, wenn die Ursache des Umknickens nicht ausschließlich in der Bewegung der Frau hatte.

Die Aussagen des Ehemanns, der seine Frau bei dem Spaziergang begleitet hatte, hatte schon das Landgericht wegen ihres vagen Inhalts und mangelnder Konsistenz als nicht überzeugend eingeschätzt. Insbesondere sei es nicht glaubwürdig, dass der Knochenbruch erst durch den Sturz der Klägerin nach dem Umknicken verursacht worden sei.

Kein Sachverständigen-Gutachten notwendig

Das Landgericht habe es auch nicht verfahrensfehlerhaft unterlassen, ein unfallchirurgisches Gutachten einzuholen. Da es zwischen den Parteien unstreitig gewesen sei, dass die Knochenbrüche unmittelbare Folge des Umknickens waren, sei es nicht notwendig gewesen, einen Sachverständigen hinzuzuziehen, um diesen Ursachenzusammenhang zu verifizieren. Streitig sei allein die Ursache des Umknickens. Die könne aber auch nicht mit einem unfallchirurgischen Gutachten ermittelt werden.

Ungeschickte Körperbewegung kann Umknicken verursachen – das ist nicht versichert

Es sei allgemein bekannt, dass ein Umknicken des Fußes sowohl Folge des Kontakts mit einem körperlichen Gegenstand, beispielsweise mit einem Absatz, einer Vertiefung oder Unebenheiten, sein kann als auch durch eine ungeschickte Körperbewegung hervorgerufen werden könne.

Welche dieser Möglichkeiten im vorliegenden Fall zu der Verletzung geführt habe, könne auch ein medizinischer Sachverständiger mangels Anwesenheit zum Unfallzeitpunkt nicht ermitteln.

Da das Vorliegen eines Unfalls nicht festzustellen war, war auch keine Beweiserhebung zum Vorliegen von bedingungsgemäßer Invalidität und gegebenenfalls ihres Umfangs notwendig.

Fazit:  Es bestand kein Anspruch gegen die private Unfallversicherung.

(Thüringer OLG, Urteil vom 15.2.2021, 4 U 906/20).

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