Entscheidungsstichwort (Thema)

Lebensversicherung: Widerspruch nach § 5a VVG a.F., ausländischer Versicherer und Sicherungsfonds

 

Leitsatz (amtlich)

Ein ausländischer Versicherer, welcher (deshalb) einer für inländische Versicherer vorgeschriebenen Sicherungseinrichtung nicht angehören konnte, brauchte den Versicherungsnehmer über diesen Umstand nicht zu informieren.

Ein ewiges Widerspruchsrecht (§ 5a VVG a.F.) wegen solcher Nicht-Information besteht zudem jedenfalls nicht, weil die Ausübung des Widerspruchs treuwidrig wäre.

(Abgrenzung zu OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.06.2019 - 12 U 134/17.)

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 18 O 131/20)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 15. Januar 2021 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Berufungsverfahren auf 53.378,67 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückabwicklung zweier Rentenversicherungsverträge in Anspruch.

Er schloss mit der Beklagten, der Zweigniederlassung einer Versicherungsgesellschaft mit Sitz in A/Schottland (im Folgenden: Versicherer), im Jahr 2006 mit Versicherungsbeginn 1. Juni 2006 zwei Verträge über eine kapitalbildende Rentenversicherung nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: § 5a VVG a.F.) ab. Die Beklagte gehörte im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keinem Sicherungsfonds oder einer vergleichbaren Einrichtung an.

Die Policenbegleitschreiben vom 5. und 8. Mai 2006 (Anlagen K1 und K2 zur Klageschrift) enthielten jeweils durch Fettdruck hervorgehobene Belehrungen über das Widerspruchsrecht folgenden Inhalts:

"Sie können diesem Versicherungsvertrag innerhalb von 30 Tagen nach Überlassung des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformationen widersprechen. Zur Wahrung dieser Frist genügt die rechtzeitige Absendung einer Widerspruchserklärung in Textform (schriftlich oder in anderer lesbarer Form). Selbstverständlich werden wir Ihnen in diesem Fall bereits gezahlte Beiträge zurückerstatten."

Der Kläger entrichtete in der Folgezeit Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 40.500 EUR, ehe er mit Schreiben vom 1. Oktober 2019 den Widerspruch erklärte und die Beklagte zur Abrechnung und Rückabwicklung der Verträge bis zum 15. Oktober 2019 aufforderte. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Schreiben vom 9. Oktober 2019 - und nach anwaltlicher Aufforderung - mit einem weiteren Schreiben vom 15. November 2019 zurück.

Mit der Klage hat der Kläger erstinstanzlich die Rückzahlung aller von ihm geleisteten Beiträge zuzüglich Nutzungen, insgesamt 53.378,67 EUR, verlangt, ferner Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten an seinen Rechtsschutzversicherer und Freistellung von weiteren Rechtsanwaltskosten in Höhe von 250 EUR und Zahlung von Verzugszinsen.

Nach seiner Auffassung ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Die Widerspruchsfrist sei mangels ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung nicht in Lauf gesetzt worden. Überdies sei die ihm überlassene Verbraucherinformation gemäß § 10a VAG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: § 10a VAG a.F.) unvollständig gewesen. Es fehle - insoweit unstreitig - unter anderem eine Angabe über die (Nicht-) Zugehörigkeit des Versicherers zu einer Einrichtung zur Sicherung der Ansprüche von Versicherten im Sinne von Abschnitt I Nr. 1 Buchstabe i der Anlage Teil D zu § 10a VAG a.F.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (Bl. 225 ff. der elektronischen Gerichtsakte I. Instanz; im Folgenden: eGA-I und für die Berufungsinstanz eGA-II) Bezug genommen.

Mit dieser hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der geltend gemachte Bereicherungsanspruch stehe dem Kläger nicht zu. Er sei über sein Widerspruchsrecht ordnungsgemäß im Sinne von § 5a Abs. 2 VVG a.F. belehrt worden und es fehle auch nicht an einer ordnungsgemäßen Verbraucherinformation im Sinne von § 10a VAG a.F. Über die fehlende Zugehörigkeit zu einer Sicherungseinrichtung sei der Versicherungsnehmer nicht zu unterrichten. Schon der Wortlaut von Abschnitt I Nr. 1 Buchstabe i der Anlage Teil D zu § 10a VAG a.F. verlange keine Angabe dazu, ob eine Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfond bestehe, sondern nur Angaben über die Zugehörigkeit. Damit setze die Vorschrift die Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfond voraus. Jedenfalls aber sei nicht erkennbar, dass die - vom Kläger selbst nicht erkannte - fehlerhafte Verbraucherinformation sein Informationsrecht erheblich beeintr...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge