Verfahrensgang

LG Siegen (Urteil vom 10.01.1995; Aktenzeichen 6 O 82/94)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10. Januar 1995 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Siegen abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 52.719,38 DM nebst 7 % Zinsen seit dem 23. Februar 1994 zu zahlen.

Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt 5 % der Kosten der ersten Instanz; im übrigen werden die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.)

Die zulässige Berufung ist in der Sache begründet.

Da sich die Klägerin im Berufungsverfahren nur noch gegen die Berechtigung der Aufrechnung mit der Vertragsstrafe in Höhe von 45.000,00 DM und die Zinshöhe wendet, ist im Berufungsverfahren davon auszugehen, daß die Klägerin gegen die Beklagte eine Werklohnforderung in Höhe von 52.719,38 DM gegen die Beklagte hat und daß sich die Beklagte seit dem 23.02.1994 in Verzug befunden hat.

Dieser Betrag ist gemäß §§ 284, 286, 288 BGB ab Verzug mit 7 % zu verzinsen, da die Klägerin ausweislich der im Senatstermin vorgelegten Bankbescheinigung seit dem 23.02.1994 Bankkredit in Höhe von mindestens 53.000,00 DM in Anspruch nimmt, den sie in dem erkannten Maß zu verzinsen hat.

Die Werklohnforderung der Klägerin ist durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit der Vertragsstrafe in Höhe von 45.000,00 DM nicht gemäß §§ 387, 389 BGB erloschen. Der Beklagten steht kein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in dieser Höhe zu.

Da die Beklagte bei der im Dezember 1993 erfolgten Abnahme wirksam vertreten war, was auch in der Berufung von der Klägerin nicht mehr angegriffen wird, und sich sowohl bei dieser Abnahme als auch bei der weiteren Abnahme im Januar 1994 die Geltendmachung der Vertragsstrafe vorbehalten hat, sind die formellen Voraussetzungen für die Geltendmachung der Vertragsstrafe gegeben, § 11 Nr. 4 VOB/B.

Da die Parteien vereinbart haben, daß das Bauwerk am 15.10.1993 fertiggestellt werden sollte, ist die Vertragsstrafe gemäß § 11 Nr. 2 VOB/B, § 339 BGB verwirkt, wenn die Klägerin mit der Fertigstellung des Gesamtbauwerks, daß heißt mit der Erstellung sämtlicher Gewerke, in Verzug geraten wäre.

Bei den in dem Bauzeitenplan genannten Fristen für die Fertigstellung der einzelnen Gewerke handelte es sich dagegen nicht um verbindliche Vertragsfristen im Sinne des § 5 VOB/B, wie die Parteien im Senatstermin übereinstimmend erklärt haben. Vielmehr diente der Bauzeitenplan lediglich der Kontrolle des Baufortschritts (Ingenstau/Korbion VOB 12. Aufl. § 5 VOB/B Rdnr. 10).

Angesichts der Gesamtumstände durfte die Klägerin jedoch davon ausgehen, daß der vereinbarte Fertigstellungstermin zum 15.10.1993 einvernehmlich aufgehoben worden ist.

Nachdem es zwischen den Parteien nicht zu einer Einigung über die Art des in der Preiskalkulation enthaltenen Natursteinbodens gekommen ist, legte der Architekt der Beklagten, der Zeuge …, am 20.07.1993 ein Muster des Natursteins „…” vor und bat die Klägerin, sich nach Preis und Lieferzeit für diesen Boden zu erkundigen. Daraufhin holte die Klägerin unter dem 26.07.1993 ein Angebot des Zeugen … ein. Nachdem der Zeuge … am 26.08.1993 bestätigt hatte, daß dieser Boden verlegt werden sollte, erfolgte die Bestellung am 02.09.1993. Bereits mit Telefax vom 30.08.1993 hatte die Klägerin den Zeugen … darauf hingewiesen, daß wegen der Lieferzeit von ca. sechs Wochen die Verlegung des Bodens nicht in der vereinbarten Baufrist erfolgen konnte. Sodann wurde der gewünschte Boden seitens der Klägerin im Nachtragsangebot Nr. 5 vom 10.09.1993 angeboten, wobei die Bestätigung dieses Angebots durch die Beklagte am 05.10.1993 erfolgte. Mit Schreiben vom 14.10.1993 teilte die Klägerin dem Architekten … mit, daß wegen der Lieferschwierigkeiten des Natursteins der Termin vom 15.10.1993 nicht eingehalten werden könne und die Grundlage für die Vertragsstrafe nicht mehr gegeben sei.

Angesichts dieses Verlaufs insbesondere der Tatsache, daß die Beklagte in Kenntnis der Tatsache, daß aufgrund der Lieferzeiten des gewünschten Bodens der vereinbarte Fertigstellungstermin nicht eingehalten werden konnte, den Boden endgültig nach Erteilung des Angebots am 05.10.1993 bestellte ohne etwa darauf hinzuweisen, daß der Fertigstellungstermin zumindest für die anderen Gewerke einzuhalten sei, durfte die Klägerin auch aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers davon ausgehen, daß die Beklagte nicht mehr auf die Einhaltung des auf den 15.10.1993 festgelegten Fertigstellungstermins bestand. Vielmehr durfte er davon ausgehen, daß angesichts der durch die erst nach Ablauf des Fertigstellungstermins mögliche Lieferung des Natursteinbodens der Fertigstellungstermin einvernehmlich aufgehoben worden ist und insoweit nicht mehr Grundlage einer Vertragsstrafe sein sollte.

Selbst wenn man der Darlegung der Beklagten folgt, ist ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach Auffassu...

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