Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezugsberechtigung bei Lebensversicherung

 

Normenkette

BGB §§ 130, 331, 812, 818, 1960

 

Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 29.04.2004; Aktenzeichen 14 O 29/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29.4.2004 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des LG Münster abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, seinen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag Nr. ... auf die Versicherungsleistung i.H.v. 9.311 Euro gegen die W. P. Lebensversicherung AG sowie seinen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag Nr. ... i.H.v. 4.615 Euro gegen die W. P. Lebensversicherung AG an die Beklagten, vertreten durch den Nachlasspfleger ..., abzutreten.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Beklagten sind die Erben des am 6.3.2003 verstorbenen S. Dieser hatte in den Jahren 1995 und 1998 die im Tenor genannten Lebensversicherungen genommen und dabei als Bezugsberechtigten jeweils den Kläger angegeben, der davon jedoch nichts erfahren hat.

Mit Schreiben vom 5.5.2003 widerrief der eingesetzte Nachlasspfleger ggü. dem Versicherer den Auftrag, Versicherungsfall und Zuwendung des Bezugsrechts dem Kläger mitzuteilen. Mit Schreiben vom 28.7.2003 widerrief er zudem vorsorglich ggü. dem Kläger ein Schenkungsangebot.

Der Kläger hat die Feststellung begehrt, dass der Beklagte keine Ansprüche aus den beiden Verträgen hat.

Der Beklagte hat Widerklage erhoben und beantragt, den Kläger zu verurteilen, die - näher bezeichneten - Ansprüche aus den beiden Verträgen an die Erben abzutreten.

Das LG hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Wegen der Begründung und der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf das Urteil Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgen die Beklagten ihre Anträge weiter. Der Kläger verteidigt das Urteil. Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen; diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

II. Die Berufung ist begründet.

1. Die Widerklage ist begründet.

Die Beklagten haben gem. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB einen Anspruch auf Abtretung der Ansprüche aus den beiden Lebensversicherungen.

Im Verhältnis zu dem Versicherer ist mit dem Tode des Erblassers der Kläger Anspruchsinhaber geworden. Im Verhältnis zwischen dem Kläger und den Beklagten aber fehlt es dem Kläger - wie dieser vor dem Senat auch selbst eingeräumt hat - an einem Rechtsgrund für das Behaltendürfren der Ansprüche. Denn ein Schenkungsvertrag zwischen dem Erblasser (bzw. den Beklagten) und dem Kläger ist nicht zustande gekommen; bevor das Angebot auf Abschluss eines solchen Vertrages dem Kläger zugegangen war, hat der Nachlasspfleger dieses Angebot widerrufen.

Entgegen der Auffassung des Klägers und des LG sind Gegenstand des Herausgabeanspruchs die Ansprüche auf Auszahlung der Versicherungssummen, nicht etwa nur die von dem Erblasser gezahlten Prämien. Dies ergibt sich richtigerweise schon daraus, dass Gegenstand der Zuwendung in einem Fall wie dem vorliegenden das Bezugsrecht ist (OLG Hamm v. 13.3.2002 - 20 U 6/01, OLGReport Hamm 2002, 288 = MDR 2002, 1253 = VersR 2002,1409, unter II 1c aa), jedenfalls aber daraus, dass der Kläger die Ansprüche auf Kosten der Erbmasse erlangt hat.

Allerdings hat der BGH im Bereich der Pflichtteilsergänzung und des Ehegüterrechts die Frage nach dem Gegenstand der Zuwendung bei Lebensversicherungen zugunsten eines Dritten anders beurteilt (BGH FamRZ 1976, 616; v. 20.9.1995 - XII ZR 16/94, BGHZ 130, 377 = MDR 1995, 1232, unter 2b aa; vgl. dazu jetzt aber auch - für den Bereich des Anfechtungsrechts - BGHZ 165, 350). Diese Entscheidungen beruhen aber auf den Besonderheiten der Pflichtteilsergänzung und des Ehegüterrechts. Auf das bereicherungsrechtliche Verhältnis zwischen Erben und Bezugsberechtigtem sind sie nicht übertragbar (so ausdrücklich bereits BGH v. 1.4.1987 - IVa ZR 26/86, MDR 1987, 914 = VersR 1987, 659, unter 4; vgl. ferner BGH v. 30.11.1994 - IV ZR 290/93, MDR 1995, 824 = VersR 1995, 282, unter III 2; v. 29.5.1984 - IX ZR 86/82, BGHZ 91, 288 = MDR 1984, 839, unter 2b - dort letzter Absatz - und 3a; OLG Düsseldorf v. 1.12.1994 - 18 U 65/94, VersR 1996, 590; Kollhosser in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., ALB 86, § 13 Rz. 28).

2. Die Klage, mit welcher der Kläger festgestellt wissen will, dass die Beklagten keine Ansprüche gegen den Versicherer haben, ist hiernach unbegründet.

III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1319508

ZEV 2005, 126

MDR 2005, 574

OLGR Hamm 2005, 82

VersR 2005, 819

ZfS 2005, 563

FamRB 2005, 123

NJW-Spezial 2005, 110

NotBZ 2005, 220

r+s 2005, 299

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