Verfahrensgang

LG Arnsberg (Entscheidung vom 31.08.2009; Aktenzeichen I-2 O 193/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 1. bis 3. und die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 4. bis 6. wird das am 31.08.2009 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 4. bis 6. und der Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1. bis 3. hat in der Sache Erfolg.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Übertragung der streitgegenständlichen Grundstücke vor der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nach der am 12.01.2002 verstorbenen Theresia U zu.

1.

Der Anspruch wäre dann begründet, wenn es sich bei den Verfügungen der Erblasserin in ihrem Testament vom 10.02.2000 um Vorausvermächtnisse gem.

§ 2150 BGB handelt. Denn die Erfüllung solcher Vermächtnisse kann der Vermächtnisnehmer schon vor der Erbauseinandersetzung aus dem noch ungeteilten Nachlass verlangen ( vgl. Palandt-Edenhofer § 2150 BGB Rz.3).

Nach dem Ergebnis der Testamentsauslegung stellen die Anordnungen der Erblasserin zu Gunsten ihrer Kinder aber keine Vorausvermächtnisse dar.

a)

Bei der Errichtung des privatschriftlichen Testaments vom 10.02.2000 war die Erblasserin nicht in ihrer Verfügungsfreiheit aufgrund früherer Testamente oder Erbverträge eingeschränkt. Vielmehr war der mit ihrem vorverstorbenen Ehemann abgeschlossene Erbvertrag vom 22.04.1937 durch das gemeinschaftlichen Testaments der Eheleute U vom 12.09.1973 aufgehoben worden.

In letzterem ist nur geregelt worden, dass sich die Ehegatten nach dem Tod des jeweils anderen allein beerben. Eine Schlusserbenregelung nach dem zuletzt versterbenden Ehegatten ist demgegenüber nicht getroffen worden.

Diese rechtliche Wertung, die bereits dem Urteil des Senats vom 03.03.2009 (Landgericht Arnsberg, AZ : 2 O 44/08 = OLG Hamm , AZ: 10 U 95/08 ) zugrunde lagen, ist inzwischen von allen Beteiligten akzeptiert worden. Damit war die Erbfolge nach der Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung ihres Testaments vom 10.02.2000 noch nicht geregelt.

b)

Unstreitig ist inzwischen auch, dass die Anordnungen der Erblasserin in dem Testament vom 10.02.2000 nicht als Erbeinsetzungen ihrer Kinder zu gleichen Teilen mit ausgleichspflichtigen Teilungsanordnungen verstanden werden können.

Eine solche Auslegung des Testaments ließe außer Acht, dass die Erblasserin bei der Vermögensverteilung den Kläger besonders begünstigen wollte.

Die Werte der den einzelnen Kindern im Testament vom 10.02.2000 zugedachten Gegenstände sind unterschiedlich hoch. Den wertmäßig höchste Nachlassanteil (Elternhaus nebst Anbauwohnungen und Grundstücken) hat die Erblasserin dem Kläger zugedacht und dies in ihrem Testament damit begründet, dass dieser "so arm aus dem Haus gegangen" ist und der Vater deshalb diese besondere Zuwendung an ihn so gewollt hätte, um "ruhig sterben" zu können. Dem liegt der Sachverhalt zugrunde, dass der Kläger als ältester Sohn nur die Volks- und Handelsschule besucht hat, um dann im elterlichen Betrieb meist unentgeltlich mitzuarbeiten. In einem von den Eltern im Jahre 1973 beabsichtigen Übertragungsvertrag sollte er deshalb bereits den Hotel- und Gaststättenbetrieb nebst Grundstück allein bekommen. Nachdem dieser Vertrag an der Zustimmung der anderen Geschwister scheiterte und es dem Kläger nachfolgend nicht gelang, mit eigenen Mitteln den Hotelbetrieb wiederaufzunehmen, hat er das Elternhaus verlassen und den Betrieb seiner Schwester, der Beklagten zu 2., überlassen. Aufgrund dessen war die Erblasserin auch der Meinung, dass die Beklagte zu 2. schon lebzeitig mehr als die anderen Geschwister erhalten habe. Das kommt in ihrem Testament dadurch zum Ausdruck, dass nur der Kläger, der Beklagte zu. 1, die Beklagte zu 3. und Josef U das Geschäftshaus erhalten sollen, nicht aber die Beklagte zu 2., weil diese "sich durch den niedrigen Pachtpreis ein Vermögen erarbeiten" konnte. Hiermit war gemeint, dass die Beklagte zu 2. ab 1974 den elterlichen Hotelbetrieb gegen Zahlung eines eher geringen Pachtpreises übernommen hat.

c)

Danach können die Anordnungen in dem Testament vom 10.02.2000 nur als Erbeinsetzungen der fünf Kinder nach Bruchteilen, entsprechend dem Wert der ihnen zugedachten Vermögensgegenständen, oder als Vorausvermächtnisse eingeordnet werden, wobei sich die Erbfolge bei letzterem - mangels getroffener Regelung - aus dem Gesetz, § 1924 Abs.1 BGB, ergeben würde .

aa)

In dem Testament vom 10.02.2000 werden die von der Erblasserin bedachten Personen nicht als Erben benannt. Dies könnte eine Einordnung der dort angeordneten Zuwendungen als Vorausvermächtnisse nahe legen. Allerdings ließe dies außer Acht, dass die Erblasserin mit den dortigen Anordnungen nahezu i...

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