Leitsatz (amtlich)

Ein gegenüber einem asphaltierten Wirtschaftsweg mit 10-15 cm tiefer liegender, unbefestigter Seitenstreifen ist eine für einen Radfahrer beherrschbare Gefahrenstelle, wenn ein durchschnittlich aufmerksamer und vorsichtiger Radfahrer den unbefestigten Seitenstreifen und die mit einem Verlassen der asphaltierten Wegoberfläche verbundenen Gefahren unschwer erkennen und vermeiden kann. Es ist dann ausreichend, wenn der Weg so gestaltet ist, dass es z. B. einem unsicheren Radfahrer möglich ist, bei nahendem Begegnungsverkehr rechtzeitig vom Rad zu steigen und das Fahrrad auf den Seitenstreifen zu schieben.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 253, 839; GG Art. 34; StrWG NRW §§ 9, 9a, 47

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 10 O 44/20)

 

Tenor

Der Senat weist nach Beratung darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 S.1 ZPO zurückzuweisen.

Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, binnen 3 Wochen ab Zugang dieses Beschlusses zu dem Hinweis Stellung zu nehmen oder die Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen.

 

Gründe

I. Die am 00.00.1951 geborene Klägerin nimmt die beklagte Gemeinde auf Schadensersatz nach einem behaupteten Fahrradunfall vom 00.06.2019 in Anspruch. Die Klägerin sieht die Beklagte aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung in der Verantwortung. Die Klägerin hält aufgrund der behaupteten Verletzungen die Zahlung eines Schmerzensgeldes von 7.000,00 EUR für erforderlich, ferner verlangt sie den Haushaltsführungsschaden ersetzt.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, der vor dem Landgericht gestellten Anträge und der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat die Klägerin persönlich angehört und sodann die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe im Zusammenhang mit der Unterhaltung des Wirtschaftswegs B ihre Verkehrssicherungspflichten nicht verletzt. Eine etwaige Abschüssigkeit der asphaltierten Wegoberfläche und des sich an den Weg anschließenden unbefestigten Seitenstreifens hätten sich an dem gesamten von der Klägerin zurückgelegten Wegstück gleichförmig dargestellt, die Beschaffenheit des Weges und des Seitenstreifens sei für die Klägerin auch gut erkennbar gewesen. Soweit die Klägerin behaupte, zum Unfallzeitpunkt habe ein deutlicher Höhenunterschied zwischen der asphaltierten Straße und dem Seitenstreifen von 10 - 15 cm bestanden, habe sich dies nicht zur Überzeugung der Kammer ergeben. Anhand der von der Klägerin vorgelegten Fotografien sei allenfalls ein marginaler Höhenunterschied zu erkennen, der sich im Rahmen dessen bewege, was bei vergleichbaren Verkehrsflächen üblich sei. Letztendlich habe die Klägerin auch nicht den Nachweis der Kausalität zwischen einer etwaigen Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten und dem Sturzereignis geführt. Nach dem Ergebnis der persönlichen Anhörung der Klägerin liege es nahe, dass die Klägerin unaufmerksam gewesen sei, aufgrund geringer Geschwindigkeit die Balance verloren habe und deshalb auf den unbefestigten Randstreifen geraten sei, wodurch sie gestürzt sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie macht geltend, das Landgericht habe die Anforderungen an die die Beklagte treffende Verkehrssicherungspflicht zu gering bemessen. Es habe durch den massiven Höhenunterschied zwischen Fahrbahn und Seitenstreifen eine Gefahrenquelle bestanden, die für sie nicht rechtzeitig erkennbar gewesen sei. Die Beklagte müsse bei der Unterhaltung ihrer Verkehrsflächen berücksichtigen, dass die Verkehrsflächen auch von Bürgern benutzt würden, die aufgrund ihres Alters kein ideales Reaktionsvermögen mit sich brächten. Hiermit sowie mit dem Umstand, dass die Beklagte nach dem Unfallereignis die Unfallstelle in Stand gesetzt habe, habe sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt.

Sie beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche weitere materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 00.06.2019 zu ersetzen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 2.079,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II. Die Berufung der Klägerin hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats. Auch eine mündliche Verhandlung, von der neue entscheidungserhebliche Erkenntnisse nicht zu erwarten sind, ist nicht geboten, § 522 Abs. 2 S.1 ZPO.Das Landgericht hat die Klage aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld ...

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