Entscheidungsstichwort (Thema)

elektronischer Taschenrechner. elektronisches Gerät. das der Kommunikation. Information oder Organisation bzw. der Unterhaltungselektronik oder der Ortsbestimmung dient bzw. dienen soll

 

Leitsatz (amtlich)

Vorlagebeschluss: Fällt ein reiner (elektronischer) Taschenrechner als elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation bzw. der Unterhaltungselektronik oder der Ortsbestimmung dient bzw. dienen soll, unter § 23 Abs. 1a StVO?

 

Normenkette

StVO § 23 Abs. 1a; GVG § 121 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Lippstadt (Aktenzeichen 7 OWi 181/18)

 

Tenor

Die Sache wird entsprechend § 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof zur Beantwortung folgender Frage vorgelegt:

Fällt ein reiner (elektronischer) Taschenrechner als elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation bzw. der Unterhaltungselektronik oder der Ortsbestimmung dient bzw. dienen soll, unter § 23 Abs. 1a StVO?

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Lippstadt hat mit dem angefochtenen Urteil, verkündet am 11.02.2019, gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in Tateinheit mit verbotswidriger Benutzung eines Mobiltelefons als Kraftfahrzeugführer eine Geldbuße von 147,50 Euro verhängt.

Zur Sache hat das Amtsgericht rechtsfehlerfrei folgende Feststellungen getroffen:

"Am 22.05.2018 um 11:10 Uhr befuhr der Betroffene als Führer eines Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen N-XX 123 unter anderem die I-Straße in F.

Während der Fahrt hielt der Betroffene einen Taschenrechner in der rechten Hand, in Höhe des Lenkrads und berechnete damit die Provision eines anstehenden Kundentermins. Der Betroffene ist als Immobilienmakler tätig.

Die zulässige Höchstgeschwindigkeit ist an dieser Stelle innerorts aufgrund des Verkehrszeichen 310 - Ortseingangsschild -, welches am Tattag gut sichtbar am Strassenrand aufgestellt und für den Betroffenen erkennbar war, auf 50 km/h beschränkt.

An dieser Stelle befand sich eine Messstelle des Kreises T, an der am Tattag Geschwindigkeitsmessungen mit einem Geschwindigkeitsmessgerät des Typs eso ES 3.0 stattfanden.

Das eichfähige Messsystem zur Geschwindigkeitsmessung war zum Tatzeitpunkt gültig geeicht und wurde von dem durch den Regierungsangestellten W am Tattag nach den Herstellervorschriften entsprechend der Bedienungsanleitung des Messsystems aufgebaut und betrieben.

Der Betroffene wurde durch diese Geschwindigkeitsmessanlage mit einer Geschwindigkeit von 63 km/h gemessen und bei der Überschreitung der Geschwindigkeit fotografiert.

Nach Abzug des erforderlichen Sicherheitsabschlags von 3 km/h ergab sich insoweit eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 60 km/h und somit eine Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit von 10 km/h.

Der Betroffene hätte seine Geschwindigkeit auf die allgemein innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit einrichten müssen."

Das Amtsgericht ist der Auffassung, dass die Nutzung eines Taschenrechners in der beschriebenen Weise § 23 Abs. 1a StVO (i.V.m. § 49 Abs. 1 StVO) unterfalle. Der Verwendung der Begrifflichkeit "Taschenrechner" und dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnimmt der Senat mit hinreichender Deutlichkeit, dass es sich bei dem verwendeten Gerät um einen elektronischen Taschenrechner handelt und nicht etwa um eine nichtelektronische Rechenmaschine, Rechenschieber etc.

Gegen das Urteil wendet sich der Betroffene mit dem form- und fristgerecht am 12.02.2019 eingelegten und am 27.03.2019 begründeten Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, welchem insgesamt die Rüge der Verletzung materiellen Rechts (jedenfalls hinsichtlich der Anwendung des § 23 Abs. 1a StVO) entnommen werden kann. Die Zustellung des angefochtenen Urteils an den Betroffenen erfolgte auf Anordnung der Richterin am 05.04.2019. Der Betroffene vertritt unter Hinweis auf die Entscheidung des OLG Oldenburg vom 25.06.2018 (2 Ss (OWi) 175/18) die Auffassung, ein Taschenrechner unterfalle nicht der Verbotsnorm.

Mit Beschluss vom 18.06.2019 hat der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zugelassen und die Sache dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden übertragen. Mit Beschluss vom selben Tag hat der Senat beim Bußgeldsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg angefragt (zu dieser Anfragemöglichkeit vgl.: BGHSt 14, 319 ff.), ob dieser an seiner Rechtsauffassung, dass ein reiner Taschenrechner nicht unter § 23 Abs. 1a StVO falle, festhalte. Mit Beschluss vom 31.07.2019 hat dieser mitgeteilt, dass er keinen Anlass sehe, von seiner im Beschluss vom 25.06.2018 (s.o.) geäußerten Rechtsauffassung abzurücken.

II.

1.

Der o.g. Entscheidung des OLG Oldenburg vom 25.06.2018 lag ein Sachverhalt zu Grunde, in dem dem dortigen Betroffenen seine Einlassung, bei dem in der Hand vor das Gesicht gehaltenen Gerät habe es sich um einen Taschenrechner, nicht um ein Mobiltelefon gehalten, nicht widerlegt werden konnte. Das Amtsgericht hatte ihn gleichwohl wegen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO sowie wegen einer...

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