Leitsatz (amtlich)

Ein erkennbar unbefestigter Trennstreifen zwischen einer Fahrbahn und einem Seitenweg dient regelmäßig nicht dem Verkehr und muss nicht frei von Hindernissen wie z. B. einem Baumstumpf sein, so dass er von Fahrzeugen gefahrlos zum Parken genutzt werden kann.

 

Normenkette

BGB § 839; GG Art. 34; StrWG NRW §§ 9, 9a, 47

 

Verfahrensgang

LG Detmold (Aktenzeichen 04 O 292/20)

 

Tenor

Der Senat weist nach Beratung darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 08.10.2021 verkündete Urteil der 04. Zivilkammer des Landgerichts Detmold (04 O 292/20) durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses zu dem Hinweis Stellung zu nehmen oder die Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen.

 

Gründe

Die Berufung ist zulässig, hat aber nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats. Auch eine mündliche Verhandlung, von der neue entscheidungserhebliche Erkenntnisse nicht zu erwarten sind, ist nicht geboten, § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO.

Im Ergebnis zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen im Umfang einer Verkehrssicherungspflicht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die mit der Berufung gegenüber dem angefochtenen Urteil erhobenen Einwände rechtfertigen weder die Feststellung, dass die erstinstanzliche Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO), noch ergeben sich daraus konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und eine erneute Feststellung gebieten. Die daher nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.

Dem Kläger steht wegen des Vorfalls vom 0.0.2019 in Höhe des Hauses Nr. # auf der A Straße in B der mit Berufung allein noch geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gegen die Beklagte aus § 839 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 S. 1 GG und §§ 9, 9a, 47 StrWG NRW als der hier allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage nicht zu. Denn es lässt sich nicht feststellen, dass die Verletzung einer der Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht für die Entstehung des vom Kläger geltend gemachten Schadens ursächlich ist.

1. Der Kläger dürfte allerdings aktiv legitimiert sein. Er hat das von ihm behauptete Eigentum an dem streitgegenständlichen Fahrzeug durch Vorlage eines entsprechenden Kaufvertrags näher substantiiert. Hinsichtlich der ebenfalls geltend gemachten Sachverständigenkosten hatte der Kläger zwar etwaige Ansprüche gegen die Beklagte zunächst an den Sachverständigen abgetreten, mit Schriftsatz vom 26.08.2021 aber eine durch ihn und den Sachverständigen unterzeichnete Vereinbarung über die Rückabtretung dieser Ansprüche vorgelegt. Zu beidem hat sich die Beklagte nicht weiter erklärt.

2. Letztlich kommt es auf die Frage der Aktivlegitimation aber nicht entscheidungserheblich an. Denn in jedem Fall hat die Beklagte nicht die sie im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Vorfalls treffende Verkehrssicherungspflicht für die von der Zeugin C befahrene, neben der Fahrbahn der A Straße belegene unbefestigte Fläche verletzt.

Nach gefestigter Rechtsprechung, welcher der Senat folgt, haben die für die Sicherheit der in ihren Verantwortungsbereich fallenden Verkehrsflächen zuständigen Gebietskörperschaften darauf hinzuwirken, dass die Verkehrsteilnehmer in diesen Bereichen nicht zu Schaden kommen. Dabei muss der Sicherungspflichtige allerdings nicht für alle denkbaren, auch entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorkehrungen treffen, da eine Sicherung, die jeden Unfall ausschließt, praktisch nicht erreichbar ist. Vielmehr bestimmt sich der Umfang der Verkehrssicherungspflicht danach, für welche Art von Verkehr eine Verkehrsfläche nach ihrem Befund unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und der allgemeinen Verkehrsauffassung gewidmet ist und was ein vernünftiger Benutzer an Sicherheit erwarten darf. Dabei haben die Verkehrsteilnehmer bzw. die Straßen- und Wegebenutzer die gegebenen Verhältnisse grundsätzlich so hinzunehmen und sich ihnen anzupassen, wie sie sich ihnen erkennbar darbieten, und mit typischen Gefahrenquellen, wie etwa Unebenheiten, zu rechnen. Ein Tätigwerden des Verkehrssicherungspflichtigen ist erst dann geboten, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit einer Rechtsgutsverletzung anderer ergibt (Senatsurteil vom 23.04.2021 - 11 U 119/20, juris Rn. 5; OLG Hamm, Urteil vom 13.01.2006 - 9 U 143/05, juris Rn. 9; OLG Hamm, Urteil vom 25.05.2004 - 9 U 43/04, juris Rn. 11).

Dies ist der Fall, wenn Gefahren bestehen, die auch für einen sorgfältigen Benutzer bei Beachtung der zu erwartenden Eigensorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die ...

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