Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Keine Rückdynamisierung eines bereits durch erweitertes Splitting im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs ausgeglichenen Teils einer Betriebsrente

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Rückdynamisierung des öffentlich-rechtlich durchgeführten Teilausgleichs einer Betriebsrente ist nicht vorzunehmen. Vielmehr ist dieser Teilausgleichsbetrag mit seinem aktualisierten dynamischen Wert von der ungekürzten schuldrechtlichen Ausgleichsrente abzuziehen.

 

Normenkette

BGB §§ 1587f, 1587g Abs. 1; VAHRG § 3b Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Essen (Beschluss vom 17.02.2004; Aktenzeichen 102 F 105/03)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - FamG - Essen vom 17.2.2004 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 646,08 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien sind geschiedene Eheleute und erhalten inzwischen beide Leistungen aus ihren Altersversorgungen.

Die Antragstellerin hat die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs wegen einer Betriebsrente des Antragsgegners, bzgl. der der Versorgungsausgleich durch Beschluss des AG Essen vom 15.5.1997 gem. § 3b 1 Nr. 1 VAHRG nur zum Teil durchgeführt wurde, begehrt.

Das FamG hat mit der angefochtenen Entscheidung den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags wie folgt durchgeführt:

1. der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin als schuldrechtlichen Versorgungsausgleich für die Monate 01/2003 bis 06/2003 monatlich 339,08 EUR sowie für die Monate 07/2003 bis 02/2004 monatlich 338,61 EUR, also insgesamt 4.743,36 EUR zu zahlen.

2. Der Antragsgegner schuldet der Antragstellerin ab dem Monat März 2004 eine monatlich im nachhinein zu entrichtende Ausgleichsrente i.H.v. 39,09 % der jeweils von der Firma ... gezahlten Bruttobetriebsrente.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Abtretung seiner Ansprüche auf Zahlung von Betriebsrente gegen die Firma ... i.H.v. monatlich 39,09 % des Bruttobetriebsrentenbetrages an die Antragstellerin zuzustimmen.

Bei seiner Berechnung hat es die nach § 1587g Abs. 1 BGB ermittelte Ausgleichsrente jeweils um den aktualisierten Wert des bereits in dynamisierter Form gem. § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG übertragenen Anteils der Betriebsrente gekürzt.

Mit seiner Beschwerde greift der Antragsgegner die Entscheidung an und macht geltend, dass der bereits mit Beschluss vom 15.5.1997 durch erweitertes Splitting öffentlich-rechtlich ausgeglichene Teil seiner Betriebsrente vom FamG mit einem zu niedrigen Betrag angerechnet worden sei. Es müsse vor einer Anrechnung zunächst eine Rückdynamisierung dieses Betrages erfolgen.

II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das FamG hat den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich in zutreffender und rechtlich nicht zu beanstandender Weise berechnet.

Dies gilt auch für die mit der Beschwerde angegriffene Art und Weise der Anrechnung des durch erweitertes Splitting mit dem Höchstbetrag nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG öffentlich-rechtlich ausgeglichenen Teils der Betriebsrente.

Der auf die Entscheidung des BGH vom 29.9.1999 (FamRZ 2000, 89) gestützten Auffassung des Beschwerdeführers, dass vor einer Anrechnung der übertragene Teil zunächst in sein statisches Äquivalent zurückzurechnen sei ("Rückdynamisierung"), ist nicht zu folgen.

Der Senat schließt sich der im Vordringen befindlichen obergerichtlichen Rechtsprechung an, wonach eine "Rückdynamisierung" des öffentlich-rechtlich durchgeführten Teilausgleichs nicht vorzunehmen ist, vielmehr dieser Teilausgleichsbetrag mit seinem (entsprechend der Steigerung des aktuellen Rentenwerts) aktualisierten dynamischen Wert von der ungekürzten schuldrechtlichen Ausgleichsrente abzuziehen ist (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 2004, 148; OLG Celle, FamRZ 2002, 244; OLG Oldenburg, FamRZ 2001, 1528; OLG Karlsruhe, FamRZ 2000, 235; Gutdeutsch, FamRZ 2000, 1201 [1203]); Kemnade, FamRZ 2000, 827 [828]).

Hierfür spricht, dass die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen eine "Rückdynamisierung" nicht zwingend fordern, vielmehr die Anrechnung des dynamisierten Teils der Betriebsrente mit seinem aktuellen Zahlbetrag rechengenau dem Halbteilungsgrundsatz unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich eingetretenen Wertsteigerung und dem veränderten Zeit/Zeit-Verhältnis (vorzeitiger Ruhestand) der Betriebsrente entspricht.

Demgegenüber würde die Rückdynamisierung auf der Basis der verfassungswidrigen Barwertverordnung zu einer deutlich höheren Anrechnung des bereits ausgeglichenen Teils der Betriebsrente führen mit der Folge, dass der Halbteilungsgrundsatz nicht gewährt wäre und sich die Antragstellerin schlechter stünde, als wenn der Teilausgleich nach § 3b 1 Nr. 1 VAHRG unterblieben und sie wegen der Betriebsrente vollständig auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen worden wäre. Dies ist mit dem Zweck des § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG, der den Ausgleichsberechtigt...

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