Entscheidungsstichwort (Thema)

Lebensversicherung: Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. trotz fehlerhafter Belehrung unwirksam wegen Abtretung der Ansprüche gegen den Versicherer

 

Leitsatz (amtlich)

Es ist anerkannt, dass der Widerspruch oder Widerruf (§§ 5a, 8 VVG a.F.) durch den Versicherungsnehmer wegen widersprüchlichen Verhaltens unwirksam sein kann (§ 242 BGB), wenn die Ansprüche gegen den Versicherer in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Vertragsschluss abgetreten werden. Das gilt auch, wenn damit ein Darlehensvertrag besichert worden ist, für welchen zwar zunächst - ebenfalls - ein Widerrufsrecht bestand, bei welchem dieses Widerrufsrecht aber verwirkt ist.

 

Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 18 O 155/17)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.12.2017 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 29.364,66 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger macht Ansprüche nach Widerspruch gegen einen im März / April 2005 abgeschlossenen Kapitallebensversicherungsvertrag (vgl. Anl. B1-B4 sowie auszugsweise GA 32-45) und Widerruf eines zugleich geschlossenen Darlehensvertrages (GA 27-31) aufgrund nicht ordnungsgemäßer Widerrufs- (GA 31) / Widerspruchsbelehrungen (Anl. B3, B4) geltend.

Er trat im Darlehensvertrag (GA 28) zur Erfüllung aller Zahlungsverpflichtungen, die sich u. a. aus dem Empfang des Darlehens ergeben, die Rechte und Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag, also insbesondere der Leistungen im Erlebens- und Todesfall (GA 33), ab.

Nach bis dahin ordnungsgemäßer Bedienung der Prämien und Darlehensraten kündigte der Kläger im Juni 2014 den Lebensversicherungs- / Darlehensvertrag und löste mit seinem Guthaben aus der Lebensversicherung sowie weiteren Zuzahlungen den Darlehensvertrag ab (vgl. Abrechnungsschreiben vom 06.06.2014, GA 46).

Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.03.2016 (GA 47 f.) erklärte der Kläger Widerruf und Widerspruch und verlangte erneute Abrechnung sowie weitere Zahlungen. Die Beklagte lehnte dies nachfolgend ab.

Der Kläger verlangt mit seiner Klage nunmehr Zahlung von 29.364,66 EUR nebst Rechtsanwaltskosten und Zinsen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Bereicherungsrechtliche Ansprüche bestünden nicht. Der Lebensversicherungsvertrag sei nicht rückabzuwickeln, da der Kläger ordnungsgemäß belehrt worden sei und er nicht rechtzeitig widersprochen habe. Der Bestand des Lebensversicherungsvertrages sei auch nicht abhängig vom Bestand des Darlehensvertrages, da kein verbundenes Geschäft vorliege. Der Darlehensvertrag könne trotz fehlerhafter Belehrung nicht widerrufen werden, da der Kläger sein Widerrufsrecht verwirkt habe.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge und der genauen Argumentation des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil (GA 176-182) verwiesen.

Hiergegen wendete sich der Kläger mit seiner Berufung. Er macht geltend, die Belehrung über das Widerspruchsrecht bezüglich des Lebensversicherungsvertrages sei nicht ordnungsgemäß. Eine Verwirkung des Widerrufrechts bezüglich des Darlehensvertrages komme nicht in Betracht.

Im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründung vom 30.04.2018 (GA 230-237) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt unter Abänderung des angefochten Urteils,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 29.364,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.03.2016 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.358,85 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat den Kläger durch Beschluss vom 18.05.2018 (GA 241-244r) darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, da der Kläger dem Lebensversicherungsvertrag wegen widersprüchlichen Verhaltens nicht widersprechen und den Darlehensvertrag wegen Verwirkung nicht widerrufen könne, und Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.

Der Kläger hat sich gegen diesen Hinweis gewandt. Er verweist darauf, dass der Senat bezüglich des Widerspruchs seine eigene Rechtsprechung sowie die Rechtsprechung des BGH zum widersprüchlichen Verhalten bei Policendarlehen missachte. Zudem verkenne der Senat, dass mit Widerruf des Darlehensvertrages auch der Lebensversicherungsvertrag und insbesondere die Sicherungsabtretung entfalle. Eine Verwirkung des Widerrufs des Darlehensvertrages komme nicht in Betracht, da es jedenfalls am Umstandsmoment fehle. De...

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