Leitsatz (amtlich)

Über das Selbstablehnungsgesuch eines Handelsrichters ist durch die gesamte Kammer für Handelssachen unter Mitwirkung des geschäftsplanmäßigen Vertreters des sich selbst ablehnenden Handelsrichters im Beschlusswege nach vorheriger Gewährung rechtlichen Gehörs zu entscheiden.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 10.10.2005; Aktenzeichen 419 O 123/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Teilurteil des LG Hamburg, Kammer 19 für Handelssachen, vom 10.10.2005 (419 O 123/04) einschließlich des erstinstanzlichen Verfahrens aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das LG Hamburg zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Anschlussberufung zurückgewiesen.

Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden nicht erhoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Gemäß § 540 Abs. 1 ZPO wird anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des LG Bezug genommen und zu den Tatsachengrundlagen dieses Berufungsurteils sowie zu den Gründen für die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und die Zurückverweisung Folgendes ausgeführt:

I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter der CO AG (Schuldnerin). Er nimmt den Beklagten, der ehemals Vorstand der Schuldnerin sowie Geschäftsführer ihrer Tochtergesellschaften war, auf Rückzahlung eines "Darlehens" in Anspruch. Außerdem begehrt er aus eigenem Recht der Schuldnerin sowie aus abgetretenem Recht ihrer Tochtergesellschaften vom Beklagten Schadensersatz mit der Begründung, der Beklagte habe seine Pflichten als Vorstandsvorsitzender der Schuldnerin sowie als Geschäftsführer der Tochtergesellschaften verletzt.

Bis zum 31.10.2003 war der Beklagte Vorstandsvorsitzender der CO AG, einer börsennotierten Aktiengesellschaft. Bis zum 16.3.2004 war der Beklagte darüber hinaus ihr Mehrheitsaktionär. Außerdem fungierte er als Geschäftsführer der CO T & F GmbH (CTF) sowie der CO S H- u S GmbH (CS). Sowohl die CTF als auch die CS waren und sind Tochtergesellschaften der Klägerin.

Bei beiden Tochtergesellschaften wurden Verrechnungskonten geführt, auf denen Entnahmen des Beklagten und sonstige dem Beklagten zugerechnete Kosten (z.B. Reisekostenvorschüsse oder Verwarngelder) sowie Gutschriften zugunsten des Beklagten verbucht wurden. Die Buchführung auf diesen Konten war in hohem Maße "intransparent", so dass sich der Verwendungszweck einer Reihe von Auszahlungen nicht mehr ohne weiteres ermitteln ließ. Der Aufsichtsrat der Schuldnerin missbilligte die eigenmächtigen Entnahmen des Beklagten mehrfach und stellte im Frühjahr 2002 fest, dass die Verrechnungskonten einen Negativsaldo von ca. 400.000 EUR zu Lasten des Beklagten aufwiesen. Nachdem der Aufsichtsrat vom Beklagten mehrfach den Ausgleich der Verrechnungskonten gefordert hatte, gingen auf dem Konto der CTF am 31.10.2002 insgesamt 200.000 EUR ein (Anlage K 10). Dieser Betrag wurde dem Verrechnungskonto des Beklagten gutgeschrieben. Das Geld stammte aus einem kurzfristigen Darlehen, das von einem Herrn Scholtz gewährt worden war (vgl. Anlage K 34).

In der Folge unterzeichnete der Beklagte eine als "zusammengefasster Darlehensvertrag" überschriebene Vereinbarung zwischen dem Beklagten einerseits sowie der CTF und der CS andererseits, die auf den 12.11.2002 datiert wurde (Anlage K 9). Eine andere Unterschrift als die des Beklagten findet sich auf der Urkunde nicht. Mit dieser Vereinbarung wurden die Salden der Verrechnungskonten bei der CTF und der CS zusammengeführt (insgesamt 391.429,43 EUR). Wörtlich heißt es hierzu in § 1 des "zusammengefassten Darlehensvertrages":

"Die CO T & F GMBH und die CO S H- u S GmbH gewähren dem Geschäftsführer der Gesellschaften - gleichzeitig Vorstandsvorsitzender der CO AG - Darlehen i.H.v. zur Zeit 306.299,20 EUR von der CTF sowie 85.130,23 EUR von der CS von insgesamt 391.429,43 EUR, welche in Form von Verrechnungskonten geführt werden."

Das Darlehen sollte mit Zinsen i.H.v. 6 % p.a. verzinst werden, die auf die Verrechnungskonten des Beklagten gebucht werden sollten. Ferner wurde die Darlehensforderung mit 100.000 Stück Aktien der Co AG besichert.

In der Zeit vom 12.11.2002 bis zum 6.12.2002 wurde das von Herrn Sc gewährte Darlehen zzgl. Zinsen und Nebenforderungen (insgesamt 225.520 EUR) vom Konto der CTF an Herrn Sc zurücküberwiesen (Anlage 11). In der Folge wurde das Verrechnungskonto des Beklagten am 1.6.2003 wieder mit 200.000 EUR belastet.

Am 13.1.2004 beschloss der Aufsichtsrat der Klägerin, dass der Beklagte sein Verrechnungskonto, das inzwischen einen Negativsaldo von ca. 850.000 EUR aufweise, bis zum 21.1.2004 klären und dem Aufsichtsrat eine Rückzahlungsvereinbarung vorlegen müsse (Anlage K 23). Der Beklagte erklärte mit Schreiben vom 21.1.2004 (Anlage K 24), dass es ihm aufgrund der "Unzulänglichkeiten der Abrechnung" bzw. des "Buchungschaos" nicht möglich sei, zu dem Verrechnungskonto Stellun...

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