Leitsatz (amtlich)

1. § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 BGB-InfoV erfordert die Angabe einer „ladungsfähigen Anschrift”. Die Angabe einer Postfachanschrift ist auch im Anschluss an BGH WRP 2002, 832 – Postfachanschrift – nicht ausreichend.

2. Die gesetzlich vorgeschriebene Unterrichtung ist nicht „klar und verständlich” i.S.v. § 312c Abs. 1 BGB erfolgt, wenn sie in kleiner Schrift an versteckter Stelle einer Werbeanzeige erscheint und der Verbraucher nach Sachlage keine Veranlassung hat, nach weiteren Angaben zu suchen, weil er annimmt, die vollständigen Informationen bereits erhalten zu haben.

3. Tritt ein Unternehmen im geschäftlichen Verkehr unter Bezugnahme auf „seine” Internet-Domain auf und wirbt es damit, so ist es für rechtsverletzende Inhalte auf dieser Website selbst dann als Störer verantwortlich, wenn der Internet-Auftritt durch ein nicht konzernverbundenes Drittunternehmen gestaltet wird und dieses Domain-Inhaber ist.

 

Normenkette

BGB § 312c; EGBGB Art. 240; BGB-InfoV § 1; UWG § 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 315 O 72/02)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 15, vom 8.5.2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Verbot aus der einstweiligen Verfügung vom 13.2.2002 im Hinblick auf die zweitinstanzliche Klageerweiterung wie folgt neu gefasst wird:

„… verboten, in von ihr herausgegebenen Presseerzeugnissen und/oder auf der Website … für den Abschluss von Fernabsatzverträgen über konkrete Produkte werbende Anzeigen zu veröffentlichen, die nicht informieren über

a) die Identität und Anschrift des Unternehmens, mit dem der Vertrag geschlossen wird

und/oder

b) das Bestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts.”

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

und beschlossen:

Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 30.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller ist ein Verein zur Förderung des lauteren Wettbewerbs. Im Verlag der Antragsgegnerin – die mit anderen Unternehmen zur sog. „Verlagsgruppe M.” gehört (Anlage AS8) – erscheint die Zeitschrift T.

In der Ausgabe 2/02 dieser Zeitschrift veröffentlichte die Antragsgegnerin eine Werbung für einen Filmkalender 2002 der – ebenfalls zur Verlagsgruppe M. – gehörenden Zeitschrift C. (Anlage AS1).

Diese Werbung beanstandet der Antragsteller mit der Begründung als wettbewerbswidrig, Anschrift und Identität des vertragsschließenden Unternehmens seien der Werbung nicht zu entnehmen. Dort findet sich – unstreitig – nur der Hinweis auf einen C.-Leserservice unter einer Postfachanschrift. Weiterhin enthält die Werbung keine Belehrung über das Bestehen eine Widerrufs- oder Rückgaberechts.

Das LG hat die Antragsgegnerin mit einstweiliger Verfügung vom 13.2.2002 auf Antrag des Antragstellers entspr. zur Unterlassung verpflichtet und diese Verfügung auf den Widerspruch der Antragsgegnerin mit Urteil vom 8.5.2002 aufrechterhalten.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragsgegnerin. Wegen der tatsächlichen Feststellungen i.Ü. wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

In der Berufungsinstanz stützt der Antragsteller seinem Unterlassungsanspruch weiter darauf, dass die geforderten Angaben auch auf der Internet-Website … – nunmehr im Zusammenhang mit dem Angebot des C. Filmkalenders 2003 – nicht genannt werden (Anlage AS6). Er beanstandet darüber hinaus nach Erlass der einstweiligen Verfügung veröffentlichte Eigen- und Fremdwerbungen in Printmedien der Antragsgegnerin weiterhin als verbotswidrig (Anlagen AS9 und AS10). Dem tritt die Antragsgegnerin entgegen.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das LG hat die Antragsgegnerin zu Recht und mit zutreffender Begründung zur Unterlassung verurteilt. Ihr Berufungsvorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Der Senat nimmt zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die überzeugenden Gründe der landgerichtlichen Entscheidung Bezug. Die Antragsgegnerin ist darüber hinaus auch nach der zulässigen zweitinstanzlichen Antragserweiterung zur Unterlassung hinsichtlich der Werbung auf ihrer Internet-Homepage … zu verurteilen. Das Berufungsvorbringen der Antragsgegnerin gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:

1. Die zweitinstanzliche Klageerweiterung ist wegen § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung zu behandeln.

Mit der Antragserweiterung begehrt der Antragsteller ohne relevante inhaltliche Änderung des Klagegrundes die Erfüllung der streitgegenständlichen Hinweispflicht zusätzlich für ein weiteres Medium, das Internet, für das die Antragsgegnerin zwischenzeitlich (ebenfalls) Wiederholungsgefahr gesetzt hat. Die Klageerweiterung ist zur Vermeidung einer weiteren gerichtlichen Auseinandersetzung sachdienlich und auch in zweiter Instanz gem. §§ 529, 533 ZPO noch zulässig, da die angegriffene Internet-Werbung den Filmkalender 2003 betrifft und insoweit eine Geltendmachung in erster Instanz noch nicht möglich war.

2. Das beanstandete Wettbewerbsverhalten verstößt (objektiv) gegen die ...

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