Normenkette

InsO §§ 115-116; BGB § 812 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 05.11.2008; Aktenzeichen 322 O 453/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.11.2010; Aktenzeichen IX ZR 17/10)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg vom 5.11.2008 (Geschäftszeichen 322 O 453/07) wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags Sicherheit leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten Rückzahlung vorausbezahlter Avalprovisionen.

Der Kläger wurde mit Beschluss des AG Augsburg vom 1.4.2005 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der W.-B. AG (im Folgenden Schuldnerin), über deren Vermögen am gleichen Tag das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, ernannt.

Die Beklagte war Mitglied eines Bankenpools (s. Anlage K 3), der mit Datum vom 16.7.2001 erstmals abgeschlossen und mehrmals fortgeschrieben wurde, letztmalig i.d.F. 0118000/C am 22.1.2004. Aufgrund dieser Vereinbarung verpflichteten sich die Teilnehmer, u.a. auch die Beklagte, der Schuldnerin aufgrund gesonderter Vereinbarung eigenständige Avallinien zur Verfügung zu stellen. Mit gesonderter Vereinbarung, zuletzt vom 6.1.2004 (Anlage K 4) erteilte die Beklagte der Schuldnerin eine Avalkreditzusage bis zur Höhe von 91.681.281,00 EUR.

Dem Vertragsverhältnis lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Kautionsversicherung zugrunde (auf die Anlage K 5 wird Bezug genommen). Als Prämie wurden 1,1 % der jeweils ausgereichten Avale p.a. berechnet. Die Zahlung erfolgte jährlich im Voraus, ein eventuell zu viel gezahlter Betrag wurde nach Ausbuchung von Avalen der Schuldnerin wieder gutgeschrieben. Entfallend auf die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1.4.2005 wurde an die Beklagte ein Betrag von 316.136,74 EUR gezahlt (auf die Anlage K 6 wird Bezug genommen), wobei Fakturierung und Bezahlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgten. Die Prämienhöhe bestimmte sich dabei nach der Höhe der ausgereichten Avale.

Mit Schreiben vom 23.1.2007 forderte der Kläger die Beklagte auf, einen Betrag von 314.092,76 EUR bis zum 13.2.2007 zu zahlen. Mit der Klage macht der Kläger zudem einen weiteren Betrag von 2.043,98 EUR geltend.

In erster Instanz erklärte die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer streitigen Gegenforderung aus Geschäftsführung ohne Auftrag. Hiervon hat die Beklagte im Termin vom 3.12.2009 Abstand genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundegerichtshofs in den Urteilen vom 6.7.2006 (Az. IX ZR 121/05, NJW-RR 2007, 50) und 18.1.2007 (Az. IX ZR 202/05; NJW-RR 2007, 848) die Auffassung vertreten, dass mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Rechtsgrund für die Zahlung der Prämie für den danach liegenden Zeitraum entfallen sei, weil die Bereitstellung der Avale ihr Ende finde. Auf die Fakturierung und Bezahlung der im Voraus zu entrichtenden Prämien könne es nicht ankommen, da ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Leistung der Schuldnerin keine Gegenleistung der Beklagten für die Schuldnerin mehr ggü. gestanden habe. Eine Aufrechnung wegen eventueller Ansprüche aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag sei schon mangels des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen nicht möglich.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 316.136,74 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 314.092,76 EUR seit dem 23.2.2007 und aus 2.043,98 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, sie habe vollen Anspruch auf die erhaltenen Prämien. Leistung und Gegenleistung hätten darin bestanden, dass sie einzelne Bürgschaften herauslege und nicht ein Kreditlimit zur Verfügung stelle. Sie habe ihre Leistung mit Herauslegung für jedes einzelne Aval erbracht. Außerdem sei von einer Einmalprämie auszugehen. Jedenfalls stehe ihr ein Aufwendungsersatzanspruch aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag zu.

Das LG hat der (der Beklagten am 11.1.2008 zugestellten Klage) mit Urteil vom 5.11.2008 stattgegeben. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Klage sei aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB begründet, weil der Kautionsversicherungsvertrag am 1.4.2005 gem. §§ 115, 116 InsO für die Zukunft erloschen sei. Der BGH habe in vergleichbaren Fällen entschieden, dass maßgeblich sei, ob der Vertrag - wie hier - auf Regress angelegt sei und sich deshalb die Prämienzahlung als Gegenleistung für die Bereitstellung des Bürgschaftsrahmens darstelle. Die Art der Berechnung der Prämie und der Umstand, dass Vorfälligkeit vereinbart worden sei, ändere daran nichts. Ein Anspruch auf Zahlung aus dem Gesichtspunkt einer Geschäftsführung ohn...

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