Leitsatz (amtlich)

Ein Avalkreditvertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag erlischt durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß den §§ 115, 116 InsO für die Zukunft. Da in der Regel bei wertender Betrachtung die Avalprämie für die Zurverfügungstellung eines Avalrahmens insgesamt geschuldet wird, beruht die im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung begründete Avalhaftung der Bank im Verhältnis zur Insolvenzschuldnerin auf der Bereitstellung des Avalrahmens vor Insolvenzeröffnung und nicht auf den einzelnen ausgereichten Bürgschaften; nach dem Erlöschen des Avalkreditvertrages können deshalb Ansprüche auf Avalprovisionen nicht mehr entstehen (im Anschluss an BGH, Urt. v. 24.6.2010 - IX ZR 199/09).

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 12.03.2009; Aktenzeichen 37 O 359/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 12.3.2009 verkündete Urteil des LG Berlin - 37 O 359/08 - geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.7.2008 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger verfolgt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der ... (im Folgenden: Gemeinschuldnerin) mit seiner Berufung seinen behaupteten Anspruch auf Auskehrung eines bei der Beklagten geführten Kontoguthabens der Gemeinschuldnerin weiter, dessen Auszahlung die Beklagte unter Berufung auf pfandrechtlich gesicherte Avalprovisionsansprüche verweigert. Die Parteien streiten um die Frage, ob für den Avalgeber eines Insolvenzschuldners nach Insolvenzeröffnung noch Avalprovisionsansprüche entstehen.

Gemäß § 540 Abs. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils verwiesen. Ergänzend wird ausgeführt:

Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt es aus, der Beklagten stehe an dem Guthaben ein Pfandrecht zu, das ihre Ansprüche auf Zahlung der Avalzinsen für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung sichere. Das Bestehen des Pfandrechts ergebe sich bereits aus der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung vom 07./12.4.2005. Es besichere auch die von der Beklagten geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Avalzinsen für die Zeit nach Insolvenzeröffnung. Die Rechtsprechung des BGH zu Kautionsversicherungsverträgen und der Verpflichtung zur Zahlung von Versicherungsprämien nach Insolvenzeröffnung sei auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht übertragbar. Die Beklagte habe gemäß ihrer Kreditzusage vom 29.8.2001 (Anlage B 1) keinen Anspruch auf Bereitstellungszinsen. Vielmehr habe eine Provision nur für herausgelegte Avale je Einzelfall abhängig von der Bürgschaftshöhe gezahlt werden sollen. Danach habe die Gemeinschuldnerin die Avalzinsen auch nicht aus dem Rahmenvertrag für das Bereithalten weiterer abrufbarer Sicherheiten, sondern aus den einzelnen Avalaufträgen als Geschäftsbesorgungsverträgen für die ausgereichten Bürgschaften geschuldet. Diese seien mit Insolvenzeröffnung nicht nach den §§ 115, 116 InsO unwirksam geworden, da die von der Beklagten geschuldete Geschäftsbesorgung mit Übernahme der Bürgschaft vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeführt gewesen sei. Einer Besicherung des Anspruchs auf Avalzinszahlung durch das Pfandrecht stehe auch nicht die Vorschrift des § 91 Abs. 1 InsO entgegen. Die Gemeinschuldnerin habe die Entstehung dieser Ansprüche zwar noch beeinflussen können, jedoch seien diese mit Abschluss des Vertrages bereits angelegt gewesen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er macht geltend:

Das LG habe die §§ 115, 116 InsO nicht richtig angewandt. Daher seien der Beklagten Avalprovisionsansprüche für die Zeit nach Insolvenzeröffnung weder aus der Rahmenvereinbarung noch aus den einzelnen Avalaufträgen entstanden. Die einzelnen Avalaufträge stellten ohne die vorausgegangene Rahmenvereinbarung keine eigenständigen Vereinbarungen dar, sondern lediglich Erfüllungshandlungen im Rahmen der von der Beklagten übernommenen Hauptleistungspflicht. Sie könnten daher auch kein vom Rahmenvertrag abweichendes Schicksal erleiden, zumal in den einzelnen Aufträgen die Gegenleistung nicht festgelegt sei. Da die Beklagte mit Insolvenzeröffnung gemäß den §§ 115, 116 InsO bzw. durch ihre Kündigung der Geschäftsbeziehung von ihrer Verpflichtung zur weiteren Aufrechterhaltung des Kreditlimits von 1.200.000 DM frei geworden sei, habe sie auch die Gegenleistung in Form weiterer Prämienzahlungen nicht mehr verdienen können. Sowohl der BGH als auch das OLG München verträten für Kautionsversicherungs- und Avalkreditverträge, die einen Regress beim Auftraggeber vorsehen, die Auffassung, dass die Prämien- bzw. Provisionsansprüche als Gegenleistung für die Stellung des Gewährleistungslimits und nicht für die Übernahme einzelner Bürgschaften anzusehen seien.

Der Kläger beantragt, abändernd, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.000 EUR nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (1...

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