Verfahrensgang

AG Hamburg (Aktenzeichen 78 F 85/16)

 

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg - Familiengericht - vom 27. Juni 2016 (Az.: 278 F 85/16) wird abgeändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller EUR 905,69 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. März 2016 zu zahlen. Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist überwiegend begründet. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, dem Antragsteller Schadenersatz wegen Vereitelung des Umgangs in der Zeit vom 18. bis 21. Februar 2016 zu leisten.

1. Nachdem die Antragsgegnerin ihren Wohnsitz nach Florida/USA verlegt hat, ist die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zu bejahen. Dabei kann offen bleiben, ob die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (Brüssel IIa-Verordnung = EuEheVO) den geltend gemachten Schadensersatzanspruch sachlich erfasst und ob ... zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren gewöhnlichen Aufenthalt noch in Hamburg oder bereits in Spanien hatte.

Verneint man für den geltend gemachten Anspruch den sachlichen Anwendungsbereich der EuEheVO, ergibt sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte aus den §§ 105, 262 Abs. 2 FamFG, 23 Satz 1 ZPO. Gemäß § 23 Satz 1 ZPO ist für Klagen wegen vermögensrechtlicher Ansprüche gegen eine Person, die im Inland keinen Wohnsitz hat, das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich Vermögen derselben befindet. Die Antragsgegnerin hat ihren Wohnsitz inzwischen in Florida/USA und hat keinen Wohnsitz mehr in Deutschland. Sie ist Eigentümerin einer im Gerichtsbezirk belegenen Eigentumswohnung. Der neben der Vermögensbelegenheit geforderte Inlandsbezug des Verfahrens ist hier gegeben, weil die Antragsgegnerin Deutsche ist (BGH, Urteil vom 29. April 1992 - XII ZR 40/91 -, Rn. 6, juris).

Geht man davon aus, dass der geltend gemachte Schadensersatzanspruch das in Art. 1 Abs. 2 a) EuEheVO genannte Umgangsrecht betrifft und ... zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Hamburg hatte, ergibt sich die internationale Zuständigkeit aus Art. 8 Abs. 1 EuEheVO. Nach dieser Regelung sind für Entscheidungen, die die elterliche

Verantwortung - die das Umgangsrecht umfasst (Art. 2 Nr. 7 EuEheVO) - betreffen, die Gerichte des Mitgliedstaates zuständig, in dem das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Geht man davon aus, dass der geltend gemachte Schadensersatzanspruch das in Art. 1 Abs. 2 a) EuEheVO genannte Umgangsrecht betrifft und ... zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien hatte, sind ebenfalls die deutschen Gerichte zuständig. Hier fällt entscheidend ins Gewicht, dass ... inzwischen ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Florida/USA hat. Dass Art. 8 Abs. 1 EuEheVO auf den Zeitpunkt der Antragstellung abstellt, hat lediglich die Bedeutung, dass ein einmal angerufenes Gericht international zuständig bleibt, auch wenn das Kind während des Verfahrens in einem anderen als dem angerufenen Staat einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt erwirbt (sog. perpetuatio fori, vgl. BGH NJW 2010, 1351, Rn. 9). Würde man vorliegend von einer Zuständigkeit spanischer Gerichte ausgehen, hätte dieses die der Prozessökonomie widersprechende Folge, dass sich der Senat zunächst gemäß Art. 17 EuEheVO für unzuständig erklären müsste, der Antragsteller aber im Anschluss angesichts des nunmehr bestehenden Aufenthalts in den USA sogleich in Deutschland ein neues Verfahren einleiten könnte (vgl. BGH a.a.O). Die Zuständigkeit deutscher Gerichte ergäbe sich - wie oben ausgeführt worden ist - aus den §§ 105, 262 Abs. 2 FamFG, 23 Satz 1 ZPO.

2. Der Antrag ist überwiegend begründet. Die Antragsgegnerin ist gemäß § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1684 BGB verpflichtet, dem Antragsteller die vergeblich für den in der Zeit vom 18. bis 21. Februar 2016 vorgesehenen Umgang aufgebrachten Aufwendungen zu ersetzen.

a) Das jedem Elternteil von § 1684 Abs. 1 BGB eröffnete Recht zum Umgang mit dem Kind begründet zwischen dem Umgangsberechtigten und dem zur Gewährung des Umgangs Verpflichteten ein gesetzliches Rechtsverhältnis familienrechtlicher Art, das durch § 1684 Abs. 2 Satz 1 BGB näher ausgestaltet wird und an dem das Kind als Begünstigter teilhat. Dieses gesetzliche Rechtsverhältnis umfasst die - auch im wohlverstandenen Interesse des Kindes liegende - Pflicht, bei der Gewährung des Umgangs auf die Vermögensbelange des Umgangsberechtigten Bedacht zu nehmen und diesem die Wahrnehmung seines Umgangsrechts mit dem Kind nicht durch die Auferlegung unnötiger Vermögensopfer zu erschweren oder gar - dem Kindeswohl und Kindesrecht zuwider - für die Zukunft zu verleiden. Eine Verletzung dieser Verpfli...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge