Leitsatz (amtlich)

Zur Anwendbarkeit einer Baurisikoausschlussklausel bei einem Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds.

 

Normenkette

ARB-75 § 4 Abs. 1k, 3

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 09.09.2003; Aktenzeichen 8 O 50/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 25.01.2006; Aktenzeichen IV ZR 207/04)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Wiesbaden vom 9.9.2003 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige, insb. frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Urteil des LG beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zu berücksichtigende neue Tatsachen eine andere Entscheidung zugunsten der Beklagten.

Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Grund der zwischen den Parteien bestehenden Rechtsschutzversicherung gem. § 1 VVG i.V.m. § 1 Abs. 1, § 25 Abs. 3 ARB 75 erfasst dem Grunde nach Kosten der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers durch den Rechtsanwalt A. Das LG ist mit zutreffender Begründung, der der Senat folgt, davon ausgegangen, dass der Deckungsanspruch des Klägers nicht auf Grund der Risikoausschlussklausel gem. § 4 Abs. 1 lit. k ARB 75 ausgeschlossen ist. Danach würde sich der Versicherungsschutz nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen erstrecken, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Planung, Errichtung oder genehmigungspflichtigen baulichen Veränderung eines im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindlichen oder von diesem zu erwerbenden Grundstück, Gebäude oder Gebäudeteil stehen. Für das Eingreifen dieser Risikoausschlussklausel genügt es nicht, dass die den Rechtsstreiten des Klägers zugrunde liegenden Darlehensaufnahmen wirtschaftlich mit dessen Beitritt zu dem geschlossenen Immobilienfond und der von diesem zu erbringenden Bauleistung in Verbindung standen. Das ergibt sich daraus, dass die aufgenommenen Darlehen nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der Planung der Errichtung eines Gebäudes standen, sondern sie lediglich der Einlagefinanzierung dienten. Damit kann nicht mehr festgestellt werden, dass die von dem Versicherungsnehmer angestrebte Rechtsverfolgung der Planung und Errichtung eines Gebäudes zuzuordnen ist. Nach den Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse konnte er nicht davon ausgehen, etwaige Darlehensgeschäfte im Vorfeld der von dem geschlossenen Immobilienfond vorzunehmenden Bautätigkeit und seiner etwaigen Auseinandersetzung fielen nicht in den Deckungsbereich der Rechtsschutzversicherung. Drittrechtsverhältnisse wie die der Baufinanzierung dienenden Darlehensgeschäfte kreditierender Banken sind nicht vom Risikoausschluss umfasst (vgl. auch BGH VersR 2003, 454 f. m.w.N.). Das LG ist mit Recht davon ausgegangen, dass dem Streit zwischen dem Kläger und dem Darlehensgeber Vollmachtsfragen im Bereich des Darlehensgeschäftes zugrunde lagen. Auch dann, wenn sich im Rechtsverhältnis des Klägers zum geschlossenen Immobilienfond keine Leistungsstörungen ergeben hätten, hätte er die gleichen Einwendungen ggü. den finanzierenden Banken erheben können. Vielmehr ist zwischen dem Erwerbsrisiko des Anlegers durch Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfond und der unmittelbaren Bautätigkeit zu unterscheiden. Auseinandersetzungen im Rechtsverhältnis des Anlegers hinsichtlich der Beteiligung werden nicht durch die Ausschlussklausel erfasst.

Das LG ist weiterhin mit Recht davon ausgegangen, dass der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Deckung der Rechtsverfolgungskosten nicht verjährt ist, so dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Erfüllung dieses Anspruchs zu verweigern (§ 222 BGB). Da die ARB 75 eine Regelung der Verjährung des Anspruchs auf Versicherungsschutz nicht enthielt, galt für den Eintritt der Verjährungsfrist gem. § 12 Abs. 1 S. 2 VVG, dass darauf abzustellen ist, ab wann die Leistung verlangt werden konnte. Nach S. 2 dieser Bestimmung begann die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem die Leistung verlangt werden kann. Dabei kam es nicht auf die Entstehung, sondern auf die Fälligkeit des Anspruchs an. Die Fälligkeit des Anspruchs war dann gegeben, wenn Klage auf sofortige Leistung erhoben werden konnte (vgl. BGH v. 10.5.1983 - IVa ZR 74/81, MDR 1983, 1004 = VersR 1983, 673; v. 14.4.1999 - IV ZR 197/98, MDR 1999, 866 = VersR 1999, 706; v. 27.2.2002 - IV ZR 238/00, BGHReport 2002, 492 = MDR 2002, 878 = VersR 2002, 472). Da der Kläger lediglich den Anspruch auf Übernahme der mit der Rechtsverfolgung verbundenen Kosten geltend gemacht hat wurde der sich gegen die Beklagte richtende Deckungsanspruch in der Form des Kostenübernahmeanspruchs in dem Zeitpunkt fällig, in dem die Rechnung über fällige Kosten vorlag, der Versicherungsnehmer von seinem Bevollmächtigten in Anspruch genommen ...

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