Entscheidungsstichwort (Thema)

Einordnung der im Produktmerkblatt "Bauen, Wohnen, Energie", "Baukindergeld - Zuschuss (424)" enthaltenen Förderbedingungen als AGB

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die im Produktmerkblatt "Bauen, Wohnen, Energie", "Baukindergeld - Zuschuss (424)" festgehaltenen Förderbedingungen sind ungeachtet einer verwaltungsintern bestehenden ermessenslenkenden Wirkung den Vertragsinhalt gestaltende Allgemeine Geschäftsbedingungen, wenn auf die Förderbedingungen in den AGB und dem Merkblatt auf deren Wirkung hingewiesen wird.

2. In Folge ihres einseitig leistungsbestimmenden Charakters unterliegen sie keiner Inhaltskontrolle.

 

Normenkette

BGB § 305 Abs. 1 S. 1, § 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.11.2020; Aktenzeichen 2-13 O 125/29)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. November 2020 verkündete Urteil des Landgericht Frankfurt am Main - 2-13 O 125/20 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen die Verurteilung zur (künftigen) Zahlung eines Zuschusses aus dem KfW-Programm "Baukindergeld - Zuschuss (424)" in Höhe von insgesamt 24.000,00 EUR, zahlbar in 10 Jahresraten.

Der Baukindergeldzuschuss ist eine freiwillige staatliche Leistung aus Bundesmitteln, die von der Beklagten zum Zwecke der Erhöhung der Wohneigentumsquote von Familien im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrages auf Antrag gewährt wird.

Grundlage für die Bewilligungsentscheidung der Beklagten sind die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für die Beantragung und Vergabe wohnwirtschaftlicher Zuschussprodukte der KfW" vom 14. September 2018 (Anlage B 3, Bl. 88 ff. d.A.) sowie das Produktmerkblatt "Bauen, Wohnen, Energie, Baukindergeld - Zuschuss (424)" (im Folgenden Produktmerkblatt) zum Stand 18. September 2018 (Anlage B 1, Bl. 90 ff. d.A.). Gefördert werden soll nach dem Produktmerkblatt der "Ersterwerb von selbstgenutzten Wohnimmobilien und Wohnungen für Familien mit Kindern und Alleinerziehende mit dem Ziel der Wohneigentumsbildung" in Höhe von 1.200,00 EUR jährlich für jedes minderjährige Kind über einen Zeitraum von maximal zehn Jahren. Dabei ist ausdrücklich eine Antragstellung "nur im Rahmen verfügbarer Bundesmittel möglich", ohne dass ein Rechtsanspruch auf Förderung besteht.

Antragsberechtigt ist nach dem Produktmerkblatt jede natürliche Person, "die (Mit-) Eigentümer von selbstgenutztem Wohneigentum geworden ist", in deren Haushalt mindestens ein minderjähriges Kind gemeldet ist, für das eine Kindergeldberechtigung besteht, soweit ein bestimmtes Haushaltseinkommen nicht überschritten wird.

Dabei führt das Produktmerkblatt im Teil 1 zur Fragestellung "Wann und wie ist der Zuschuss zu beantragen" aus:

"Sie beantragen den Zuschuss im KfW-Zuschussportal (www.kfw.de/zuschussportal), nachdem Sie in das Wohneigentum eingezogen sind."

Unter der Fragestellung "Wie geht es nach der Antragsstellung weiter?" heißt es:

"Sie erhalten eine Bestätigung über den Antragseingang. Nach dieser müssen Sie Ihre Identität nachweisen (...). Um die Einhaltung der Förderbedingungen nachzuweisen und die Auszahlungen zu erhalten, laden sie die erforderlichen Nachweise im KfW-Zuschussportal hoch. Die Einhaltung der Förderbedingungen wird von der KfW anhand der im Zuschussportal hochgeladenen Nachweise geprüft."

In Teil 2 des Produktmerkblatts (Details zur Förderung) heißt es u.a. weiter:

"Antragstellung

Der Antrag muss spätestens 3 Monate nach dem Einzug in das selbst genutzte Wohneigentum durch den (Mit-)Eigentümer gestellt werden. Es gilt das in der amtlichen Meldebestätigung angegebene Einzugsdatum.

Beim Erwerb von einer bereits selbst genutzten Wohneinheit (zum Beispiel Kauf der gemieteten Wohnung) muss der Antrag spätestens 3 Monate nach Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrags gestellt werden (...)"

Der Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder. Das jüngste Kind ist am 9. November 2017 geboren.

Nach Erwerb einer Wohnimmobilie in Stadtteil1 beantragte der Kläger am 15. Oktober 2018 online einen Zuschuss aus dem KfW-Programm "Baukindergeld - Zuschuss (424)". Er gab dabei in der Eingabemaske des KfW-Online-Portals als Verwendungszweck des Zuschusses den "Kauf eines gebrauchten Eigenheims" an und bestätigte aktiv durch einen Mausklick, dass er vor der Antragstellung in das Wohneigentum eingezogen sei. Ferner stimmte er den AGB und den Bedingungen des Produktmerkblatts mittels Opt-in-Funktion zu (Anlage B 2, Bl. 112 ff. d.A).

Am selben Tag bestätigte die Beklagte den Eingang des Antrags. Sie werde dem Kläger einen Zuschus...

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