Leitsatz (amtlich)

Eine Entscheidung nach § 91a ZPO ist nach allgemeiner Meinung nur in solchen kontradiktorischen Verfahren möglich, die einer Kostengrundentscheidung zugänglich sind. Dies ist im selbständigen Beweisverfahren - mit Ausnahme der Regelung in § 494a Abs. 2 ZPO - nicht der Fall.

 

Normenkette

ZPO §§ 91a, 485, 494a

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Aktenzeichen 14 OH 50/05)

 

Gründe

Auf Betreiben der Antragstellerin hat das LG im selbständigen Beweisverfahren eine Beweiserhebung über behauptete Mängel an einem Kraftfahrzeug durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet. Auf Grund einer Mitteilung des Sachverständigen, wonach das Kraftfahrzeug zwischenzeitlich schwer unfallbeschädigt worden sei, hat die Antragstellerin eine weitere Verfolgung des Beweissicherungsanspruchs für wirtschaftlich unvertretbar bezeichnet und das Verfahren für erledigt erklärt. Der Antragsgegner hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen und Kostenentscheidung nach § 91a ZPO beantragt.

Durch Beschluss vom 11.10.2005 hat das LG der Antragstellerin die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens in Anwendung des § 91a ZPO auferlegt.

Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insb. fristgerecht erhoben. Denn nach Zustellung des Beschlusses an den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ausweislich des Empfangsbekenntnisses (Bl. 60 d.A.) am 21.10.2005 ist die Beschwerdeschrift am 4.11.1005 (Bl. 66 d.A.) und damit noch innerhalb der Zweiwochenfrist (§ 569 Abs. 1 S. 1 ZPO) bei Gericht eingegangen.

Die sofortige Beschwerde ist begründet. Der Senat sieht nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens keine Rechtsgrundlage für eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO. Eine Entscheidung nach § 91a ZPO ist nach allgemeiner Meinung nur in solchen kontradiktorischen Verfahren möglich, die einer Kostengrundentscheidung zugänglich sind (vgl. Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 25. Aufl. 2005, § 91a Rz. 7).

Dies ist im selbständigen Beweisverfahren mit Ausnahme der Regelung in § 494 a Abs. 2 ZPO nicht der Fall. Der Senat verkennt nicht, dass diese Frage in der Rechtsprechung umstritten ist (vgl. die Nachweise im Beschluss des BGH v. 12.2.2004 - V ZB 57/03, BGHReport 2004, 854 = MDR 2004, 715 zu einem Fall der einseitigen Erledigungserklärung). Er schließt sich aber insofern der ablehnenden Auffassung wie der des OLG Schleswig (Beschl. v. 21.7.2005 - 16 W 37/05 - OLGReport Schleswig 2005, 503) und den dort im Einzelnen aufgeführten, aus Sicht des Senats überzeugenden Gründen an, wonach zum einen über § 494a Abs. 2 ZPO hinausgehende Ausnahmen problematisch erscheinen und zum anderen eine Ermessensentscheidung nach § 91a ZPO auch deswegen nicht in Betracht kommt, weil eine Kostenentscheidung zu Lasten des Antragsgegners im selbständigen Beweisverfahren ohnehin ausgeschlossen ist.

Eine Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren unterbleibt, weil kein Fall des § 97 Abs. 1 ZPO vorliegt (vgl. Herget in: Zöller, a.a.O. § 490 Rz. 5).

Im Hinblick auf die angesprochenen unterschiedlichen Auffassungen in der Rechtsprechung (s. auch die Nachweise im Beschluss des Schleswig-Holsteinischen OLG, a.a.O.) und den Umstand, dass der BGH in dem o.g. Beschluss nicht über die Frage einer Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärung im selbständigen Beweisverfahren entschieden hat, lässt der Senat die Rechtsbeschwerde zu.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1689607

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