Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO im selbständigen Beweisverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen der Parteien ist im selbständigen Beweisverfahren unstatthaft.

 

Normenkette

ZPO §§ 91a, § 485 ff., § 486

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Beschluss vom 23.01.2005; Aktenzeichen 11 OH 5/04)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin, eine Yachtwerft, hat gegen den Antragsgegner, einen Malermeister, die Durchführung des vorliegenden selbständigen Beweisverfahrens beantragt. Sie hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu behaupteten Mängeln bei der Ausführung von Spachtel- und Lackierungsarbeiten an einer Segelyacht beantragt.

Das LG hat gem. §§ 485, 490 ZPO antragsgemäß einen Beweisbeschluss erlassen.

Bei dem vom Sachverständigen auf den 26.5.2004 anberaumten Ortstermin zur Untersuchung der Yacht kam es zu Unstimmigkeiten über die Teilnahme eines Privatgutachters aufseiten des Antragsgegners. Der Geschäftsführer der Antragstellerin wies den Privatgutachter vom Werftgelände. Gegen eine Verwertung der vom gerichtlichen Sachverständigen durchgeführten Untersuchung hat der Antragsgegner Einwendungen erhoben und eine Wiederholung des Ortstermins beantragt. Das LG hat mit Beschl. v. 29.6.2004 die Wiederholung des Ortstermins angeordnet und der Antragstellerin aufgegeben, die Anwesenheit des vom Antragsgegner eingeschalteten Privatgutachters zu dulden. Gegenvorstellungen der Antragstellerin hiergegen blieben erfolglos.

Der daraufhin vom gerichtlichen Sachverständigen auf den 25.8.2004 anberaumte erneute Ortstermin konnte nicht durchgeführt werden, weil der Eigner der Yacht diese nach Angabe der Antragstellerin zwischenzeitlich in die Schweiz hatte verbringen lassen. Ein Ortstermin in der Schweiz erwies sich als nicht durchführbar, weil der Eigner nicht mitwirkte.

Die Antragstellerin erklärte mit Schriftsatz vom 7.1.2005 die Hauptsache für erledigt. Dem schloss sich der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 14.1.2005 an.

Mit dem angefochtenen Beschl. v. 23.1.2005 hat das LG der Antragstellerin die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens gem. § 91a ZPO auferlegt.

In dem Beschluss ist ausgeführt, hierbei sei zu berücksichtigen, ob die beantragte Beweiserhebung nachträglich durch tatsächliche Veränderungen oder Wegfall des rechtlichen Interesses an ihr hinfällig geworden und wem dies zuzurechnen sei. Die Verantwortung für die Undurchführbarkeit der Beweisaufnahme habe die Antragstellerin zu tragen. Es falle in ihren Verantwortungsbereich, dass das Ergebnis des Ortstermins vom 26.4.2004 wegen der Verletzung des Grundsatzes der Parteiöffentlichkeit gem. § 357 ZPO nicht verwertet werden könne.

Mit Schriftsatz vom 26.1.2005 hat der Antragsgegner mitgeteilt, er habe zwischenzeitlich Werklohnklage wegen der streitigen Malerarbeiten erhoben.

Mit ihrer sofortigen Beschwerde rügt die Antragstellerin, eine Entscheidung nach § 91a ZPO sei unzulässig gewesen. Im Übrigen liege auch keine Beweisvereitelung vor, weil die Abholung der Yacht durch den Eigner nicht habe verhindert werden können. Auch sei der Privatsachverständige nicht herangezogen worden, um den Antragsgegner bei der Formulierung fachlich geeigneter Fragen zu unterstützen. Dazu sei der fachkundige Antragsgegner selbst in der Lage gewesen. Der Privatsachverständige habe vielmehr den gerichtlichen Sachverständigen kontrollieren sollen. Das sei vom Grundsatz der Parteiöffentlichkeit nicht gedeckt.

II. Die nach § 91a Abs. 2 S. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden, § 569 ZPO. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, weil er ohne Rechtsgrundlage ergangen ist.

1. Ob im selbständigen Beweisverfahren eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO nach übereinstimmender Erledigungserklärung ergehen darf, ist umstritten (dazu Nachweise bei: BGH v. 12.2.2004 - V ZB 57/03, BGHReport 2004, 854 = MDR 2004, 715 = NJW-RR 2004, 1005; ferner: Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 494a Rz. 5).

a) Während die Gegner einer Anwendbarkeit von § 91a ZPO auf selbständige Beweisverfahren darauf abheben, es liege kein Prozessrechtsverhältnis vor, die Prüfung der sachlichen Rechtslage sei im Rahmen des Beweisverfahrens nicht möglich (Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 91 Rz. 193; OLG Hamburg MDR 1998, 119; v. 31.7.1997 - 9 W 16/97, MDR 1998, 242 [243] = OLGReport Hamburg 1997, 403; OLG Dresden JurBüro 1999, 594), bejahen die Befürworter eine Anwendung von § 91a ZPO auch im selbständigen Beweisverfahren wegen eines praktischen Bedürfnisses für solche Entscheidungen (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., vor § 485 Anm. IV 1; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 494a Rz. 6; Lindacher in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 91a Rz. 146; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 495a Rz. 5; OLG Hamm v. 28.1.1999 - 21 W 19/98, OLGReport Hamm 1999, 220). Dabei sei nur darauf abzustellen...

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