Entscheidungsstichwort (Thema)

Beförderungserschleichung. Schwarzfahrt. Schwarzfahren. Fahrausweis. Zu den Voraussetzungen des Tatbestands der Beförderungserschleichung nach § 265 a StGB

 

Normenkette

StGB § 265a

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 10.06.2008; Aktenzeichen 5/7 Ns 51/08)

AG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 04.03.2008)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main zurück verwiesen.

 

Gründe

Durch Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main wurde der Angeklagte am 4.3.2008 wegen Beförderungserschleichung in vier Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 65 Tagessätzen zu je 5,00 Euro verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung wurde durch Urteil der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main am 10.6.2008 zurückgewiesen.

Gegen das Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und in gleicher Weise begründete Revision des Angeklagten.

Sie führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Urteils.

Die bisherigen Feststellungen des Landgerichts tragen den Schuldspruch wegen eines vollendeten Erschleichens von Leistungen nicht.

Das Landgericht ist von folgenden Feststellungen ausgegangen:

"Der Angeklagte benutzte in Stadt1

am 7.3.2006 gegen 10:22 Uhr die Straßenbahn der Linie 11,

am 30.3.2006 gegen 9:49 Uhr die Straßenbahn der Linie 11,

am 4.11.2006 gegen 8:18 Uhr die Straßenbahn der Linie 11 und

am 15.11.2006 gegen 6:24 Uhr die U-Bahn der Linie U7.

Der Angeklagte wurde jeweils kontrolliert. Er konnte keinen gültigen Fahrausweis vorzeigen, da er den Fahrpreis nicht entrichtet hat."

Diese Feststellungen sind unvollständig bzw. lückenhaft und erlauben dem Senat nicht die ihm obliegenden Nachprüfung, ob das sachliche Recht zutreffend angewandt wurde.

Der Tatbestand des § 265 a StGB ist ein Erfolgsdelikt. Die Vollendung setzt ein Vermögensschaden voraus, der in dem Entgehen des Entgelts liegt und regelmäßig mit der Verwirklichung des "Erschleichens" gegeben ist.

Ob das vom Täter entgeltsfrei erlangte tatsächliche Ereignis auch ohne sein Handeln stattgefunden hätte, ist unerheblich, denn Taterfolg ist nicht das Stattfinden des Leistungsereignisses, sondern seine Nutzung durch den Täter unter Vorenthalten des Entgelts (vgl. Senatsbeschl. v. 26.2.2010 - 1 Ss 425/08; Fischer, StGB, 57. Aufl., § 265 a Rndr. 27). Vollendet ist die Tat mit dem Beginn der Beförderungsleistung (vgl. Schönke-Schröder-Lenckner/Perron, StGB, 27. Aufl., § 265 a Rdnr. 13; Fischer aaO. Rdnr. 28). Auszuscheiden sind aber Fälle, in denen nach der Verkehrsauffassung eine "Beförderung" noch gar nicht vorliegt (z. B. Abbruch der Fahrt oder Entdeckung des Täters nach wenigen Metern), in denen auch ein nichterschleichender Fahrgast eine entgeltspflichtige Leistung nicht erlangt hätte (vgl. Senatsbeschl. aaO.; Fischer aaO. Rdnr. 28). Die Feststellungen im angefochtenen Urteil lassen keine Beurteilung zu, ob mit der Beförderungsleistung bereits begonnen und die Tat damit bereits vollendet wurde. Die Feststellung erschöpfen sich in der Mitteilung, dass der Angeklagte die Straßenbahnen der Linie 11 und die U-Bahn der Linie U7 in Stadt1 benutzte und er kontrolliert wurde. Die konkreten Umstände der Fahrt und der Fahrscheinkontrolle sind nicht dargelegt. So fehlen Ausführungen dazu, an welcher Haltestelle der Angeklagte in die Straßenbahn bzw. U-Bahn eingestiegen ist und was für eine Fahrtstrecke er bereits zurückgelegt hatte als er von den Kontrolleuren kontrolliert wurde. Auch lässt die Formulierung, dass er die Straßenbahn bzw. die U-Bahn benutzte, keinen Schluss auf die bereits zurückgelegte Fahrtstrecke zu und schließt nicht aus, dass die Straßenbahn bzw. U-Bahn im Zeitpunkt der Kontrolle erst angefahren war. In diesem Fall wäre aber nur ein, nach § 265 a Abs. 2 StGB ebenfalls strafbarer, Versuch des Erschleichens von Leistungen gegeben.

Im Übrigen ist der objektive Tatbestand der Leistungserschleichung nicht bereits dann erfüllt, wenn der Angeklagte das Verkehrsmittel unberechtigt nutzte. Er muss darüber hinaus für einen objektiven Beobachter den Anschein ordnungsgemäßer Erfüllung der Geschäftsbedingungen erregt haben (vgl. BGH Beschl. v. 8.1.2009 - Az.: 4 StR 117/08; Beschl. d. Oberlandesgerichts des Landes Sachsen-Anhalt v. 6.4.2009 - Az.: 2 Ss 313/07).

Eine Beförderungsleistung wird dann im Sinne des § 265 a Abs. 1 StGB erschlichen, wenn der Täter sich unter Überwindung oder Umgehung physischer Schranken durch täuschungsähnliches oder durch anderweitig manipulatives Verhalten in den Genuss der Beförderungsleistung bringt.

Daneben genügt es allerdings auch, dass er ein Verkehrsmittel unberechtigt benutzt und sich dabei allgemein mit dem Anschein umgibt, er erfülle die nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers erforderlichen Voraussetzungen. Nicht notwendig ist, dass der Anschein ordnungsgemäßer Erfüllung der Geschäftsbedingung...

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