Leitsatz (amtlich)

1. Die in einer Wohnungseigentümerversammlung durch alle Wohnungseigentümer gefassten Beschlüsse sind nicht deshalb unwirksam, weil die Einladung zur Versammlung durch einen nicht wirksam bestellten Verwalter (zwei natürliche Personen nebeneinander) erfolgt war.

2. Eine bauliche Veränderung, die der erstmaligen Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands dient, gehört zur Instandsetzung und kann deshalb mehrheitlich beschlossen werden.

3. Etwaige Ansprüche von Wohnungseigentümer gegen den Bauträger ändern im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nichts an der Verpflichtung bzw. dem Anspruch auf ordnungsgemäße Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums nach § 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 WEG.

4. Bei einem Objekt, dass nach einem umfangreichen Umbau in Wohnungseigentum aufgeteilt worden ist, sind die im Zeitpunkt des Umbaus geltenden Regeln der Technik für eine durch die Gemeinschaft beschlossene Sanierung maßgeblich.

5. Für den Beschluss über eine Sonderumlage gelten die selben Grundsätze wie für den Wirtschaftsplan, es steht dem Wohnungseigentümer deshalb ein weiter Ermessensspielraum zu. Als Tatsachengrundlage ist die Kostenschätzung in einen gerichtlichen Beweissicherungsverfahren ausreichend, auch wenn dieses sich gegen den Bauträger richtete.

 

Normenkette

WEG § 21 Abs. 3, 5 Nr. 2, §§ 24, 28

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Beschluss vom 29.01.2002; Aktenzeichen 4 T 511/00)

AG Idstein (Aktenzeichen 7 UR II 49/2000)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde. Außergerichtliche Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 30.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Beteiligten waren bei Verfahrenseinleitung Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft - in O1. Der Beteiligte A ist inzwischen als Wohnungseigentümer ausgeschieden, aber Verwalter.

Ursprünglich war die Schwiegermutter der Antragstellerin, Frau B., Alleineigentümerin der Liegenschaft. Diese errichtete auf dem Grundstück eine aus drei Wohnungen bestehende Eigentumswohnanlage durch Umbau eines vorhandenen Einfamilienhauses und Anbau einer Doppelhaushälfte. Mit Teilungserklärung vom 23.3.1994 (Bl. 112 ff. d.A.) erfolgte die Aufteilung in drei Wohnungen. Die Antragsgegner zu 3) sind Eigentümer der im Erdgeschoss des Altbaus gelegenen Wohnung Nr. 1 mit einem Miteigentumsanteil von 317,42/1.000, die Antragsgegner zu 2) sind Eigentümer der im Dachgeschoss des Altbaus gelegenen Wohnung Nr. III mit einem Miteigentumsanteil von 298,26/1.000. Die Antragstellerin erwarb die im Anbau befindliche Wohnung Nr. II durch notarielle Urkunde vom 11.3.1999 von ihrer Schwiegermutter (Bl. 89-91 d.A.). Die Antragsgegner erwirkten am 3.5.2000 beim LG Wiesbaden - Az. 10 O 260/99 - ein Urteil gegen die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin, in dem diese zur Zahlung von insgesamt 75.000 DM verurteilt wurde (Bl. 156, 157 d.A.). In einem von den Antragsgegnern gegen die ursprüngliche Alleineigentümerin wegen Mängeln an ihrem Sondereigentum und dem Gemeinschaftseigentum, u.a. betreffend feuchte Kellerwände eingeleitetem selbständigen Beweissicherungsverfahren vor dem LG Wiesbaden - Az. 10 OH 1/98 - erstattete unter dem 11.11.1998 der Sachverständige Prof. Dipl.-Ing. SV1 ein Gutachten, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.

Zu TOP 3 der Wohnungseigentümerversammlung vom 4.8.1999 (Bl. 177 d.A.) wurden die Antragsgegner zu 2) als gemeinsame Verwalter bestellt. Diese luden mit Schreiben vom 16.3.2000 (Bl. 17, 18 d.A.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, zu einer Eigentümerversammlung am 14.4.2000 ein. Auf dieser Versammlung, an der alle Wohnungseigentümer teilnahmen, wurde u.a. zu TOP 2 mehrheitlich gegen die Stimme der Antragstellerin unter Zugrundelegung eines Kostenaufwands von 58.500 DM für die Sanierung des Gemeinschaftseigentums laut Beweissicherungsverfahren die Erhebung einer anteiligen Sonderumlage beschlossen und die Verwaltung zur gerichtlichen Geltendmachung der Umlagen sowie zur Auftragsvergabe ermächtigt (Bl. 13 d.A.).

Zu TOP 7 beschlossen die Eigentümer mehrheitlich gegen die Stimmen der Antragstellerin die Schaffung von zwei neuen Stellplätzen für zwei Abfalltonnen für die Eigentümer der Wohnungen I und III auf Kosten dieser Eigentümer (Bl. 17 und 18 d.A.) Die Antragstellerin hat mit am 8.5.2000 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihres Verfahrensbeteiligten u.a. die Ungültigerklärung der zu TOP 2 und 7 der Versammlung vom 14.4.2002 gefassten Beschlüsse beantragt.

Sie hat zur Begründung vorgetragen, dass der Beschluss hätte einstimmig gefasst werden müssen, da insb. der von dem Sachverständigen SV1 geforderte Abriss und Neuaufbau der Außentreppe eine bauliche Veränderung darstelle. Für den Beschluss über eine Sonderumlage sei kein Raum, da zunächst gegen die Verkäuferin aus dem gegen sie erwirkten Titel vorzugehen sei. Der für die Sonderumlage...

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