Leitsatz (amtlich)

1. Eine bauliche Veränderung, die der erstmaligen Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands bzw. der Herstellung der Verkehrssicherheit dient, gehört zur Instandsetzung und kann deshalb mehrheitlich beschlossen werden.

2. Bei einem Objekt, dass nach einem umfangreichen Umbau in Wohnungseigentum aufgeteilt worden ist, sind die im Zeitpunkt des Umbaus geltenden Regeln der Technik für eine durch die Gemeinschaft beschlossene Sanierung maßgeblich.

3. Für den Beschluss über eine Sonderumlage gelten die selben Grundsätze wie für den Wirtschaftsplan, es steht den Wohnungseigentümern deshalb ein weiter Ermessensspielraum zu. Als Tatsachengrundlage ist die Kostenschätzung in einem gerichtlichen Beweissicherungsverfahren ausreichend, auch wenn dieses sich gegen den Bauträger richtete.

4. Ein Beschluss der Wohnungseigentümer über die Auswahl eines Betriebes, der für die betreffenden Arbeiten nicht in die Handwerksrolle eingetragen ist, ist nicht wegen eines Verstoßes gegen die ordnungsgemäße Verwaltung für ungültig zu erklären, wenn die Arbeiten zwischenzeitlich mangelfrei ausgeführt worden sind.

5. Durch die Ausführung einer beschlossenen Sanierungsmaßnahme tritt keine Erledigung des Anfechtungsverfahrens ein, weil die Ungültigerklärung des Sanierungsbeschlusses dazu führen würde, dass der Anfechtende sich nicht an den Sanierungskosten beteiligen müsste.

 

Normenkette

WEG § 21 Abs. 3-4, 5 S. 2, §§ 24, 28

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Beschluss vom 02.07.2003; Aktenzeichen 4 T 292/03)

AG Idstein (Beschluss vom 05.05.2003; Aktenzeichen 8 UR II 127/02)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde. Außergerichtliche Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 4.287,69 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Beteiligten zu 1)-3) sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft ... in O1. Der Beteiligte zu 4) war ursprünglich auch Wohnungseigentümer, ist jetzt aber lediglich Verwalter.

Ursprünglich war die Schwiegermutter der Antragstellerin, Frau A, Alleineigentümerin der Liegenschaft. Diese errichtete auf dem Grundstück eine aus drei Wohnungen bestehende Eigentumswohnanlage durch Umbau eines vorhandenen Einfamilienhauses und Anbau einer Doppelhaushälfte. Mit Teilungserklärung vom 23.3.1994 erfolgte die Aufteilung in drei Wohnungen. Die Antragsgegner zu 3) sind Eigentümer der im Erdgeschoss des Altbaus gelegenen Wohnung Nr. 1 mit einem Miteigentumsanteil von 317,42/1.000, die Antragsgegner zu 2) sind Eigentümer der im Dachgeschoss des Altbaus gelegenen Wohnung Nr. III mit einem Miteigentumsanteil von 298,26/1.000. Die Antragstellerin erwarb die im Anbau befindliche Wohnung Nr. II durch notarielle Urkunde vom 11.3.1999 von ihrer Schwiegermutter. In einem von den Antragsgegnern gegen die ursprüngliche Alleineigentümerin wegen Mängeln an ihrem Sondereigentum und dem Gemeinschaftseigentum, u.a. betreffend die Außentreppe, eingeleiteten selbständigen Beweissicherungsverfahren vor dem LG Wiesbaden - Az. 10 OH 1/98 - erstattete unter dem 11.11.1998 der Sachverständige Prof. Dipl.-Ing. H.-J. SV1 ein Gutachten, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Auf Bl. 26-30 seines Gutachtens hat sich der Sachverständigen mit dem Zustand der Außentreppe befasst und hat festgestellt, dass wegen unterschiedlicher Treppensteigungen und Auftrittsbreiten sowie dem nur die oberen vier Stufen sichernden Geländer die Treppenkonstruktion gegen die HBO verstoße und nicht verkehrssicher sei. Die gesamte Außentreppe sei mit pauschal auf 7.000 DM zu schätzende Kosten neu zu errichten (Bl. 54-58 d.A.).

In einer Eigentümerversammlung am 15.8.2002, an der alle Wohnungseigentümer teilnahmen bzw. vertreten waren, wurde zu TOP 2 mehrheitlich gegen die Stimme der Antragstellerin die Sanierung der Treppe im laufenden Jahr 2002 auf der Basis der bis dahin eingehenden Kostenvoranschläge, die Vergabe der Arbeiten entsprechend dem Angebot einer Fa. B und die Erhebung einer anteiligen Sonderumlage, ausgehend von einem Kostenaufwand von 5.000 EUR, beschlossen (Bl. 8 d.A.). Anfang 2003 ist die beschlossene Sanierung der Außentreppe durchgeführt worden.

Die Antragstellerin hat mit am 13.9.2002 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten die Ungültigerklärung der zu TOP 2 bis 4 der Versammlung vom 15.8.2002 gefassten Beschlüsse beantragt.

Sie hat zur Begründung vorgetragen, dass der Beschluss zu TOP 2 hätte einstimmig gefasst werden müssen, da insb. der von dem Sachverständigen SV1 geforderte Abriss und Neuaufbau der Außentreppe eine bauliche Veränderung darstelle. Eine Beseitigung und Neuerrichtung der Außentreppe sei nicht erforderlich. Unter Berücksichtigung des Alters des Hauses sei die Substanz des Treppensockels nicht zu beanstanden. Das Gutachten des Sachverständigen SV1 sei für sie nicht verbindlich. Die Kritik des Sachverständigen ...

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