Leitsatz (amtlich)

1. Die Wiedereinsetzungsgründe müssen gem. § 236 Abs. 2 ZPO im Antrag bezeichnet werden. Dabei müssen diese Angaben hinreichend substantiiert sein.

2. Eines Hinweises des Gerichts auf Mängel des Wiedereinsetzungsgesuchs bedarf es grundsätzlich nicht, da ein Nachschieben oder Nachholen von relevanten Angaben nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist nach § 234 Abs. 1 ZPO unzulässig ist.

3. Es stellt einen Organisationsmangel dar, wenn der Anwalt sein Büropersonal nicht anweist, bei Berufungsbegründungsfristen eine Vorfrist einzutragen.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 27.04.2004; Aktenzeichen 7 O 321/03)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Frankfurt/M. vom 27.4.2004 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung einschließlich der Wiedereinsetzung zu tragen.

Der Gebührenstreitwert für die Berufung wird auf 94.354,99 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger wendet sich mit einer Vollstreckungsgegenklage gegen die Beklagte, die aus einer Grundschuld gegen ihn vorgeht, die der Kläger zur Absicherung eines Darlehens eingeräumt hat. Mit Urteil vom 27.4.2004 hat das LG die Klage abgewiesen. Gegen das am 6.5.2004 zugestellte Urteil hat der Klägervertreter durch Schriftsatz vom 4.6.2004, bei Gericht am 6.6.2004 eingegangen, Berufung eingelegt. Die einen Wiedereinsetzungsantrag enthaltende Berufungsbegündungsschrift ist erst am 8.7.2004 bei Gericht eingegangen.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages hat der Klägervertreter unter Hinwies auf eine entsprechende eidesstattliche Versicherung vom 8.7.2004 (Bl. 200 d.A.) vorgetragen, die von ihm mit der Fristenkontrolle beauftragte Anwaltsgehilfin X habe eine Fristenkontrolle am 6.7.2004 unterlassen und den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erst am Nachmittag des 7.7.2004 festgestellt. Frau X sei eine absolut zuverlässige Fachkraft, der insoweit noch niemals ein Fehler oder ein Versäumnis unterlaufen sei.

II. Die Berufung des Klägers ist gem. § 522 Abs. 1 Nr. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der Frist des § 520 Abs. 2 Nr. 1 ZPO begründet wurde.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist kann dem Kläger nicht gewährt werden, weil aus seinen Darlegungen in der Antragsschrift nicht darauf geschlossen werden kann, dass er bzw. sein Prozessvertreter, dessen Verschulden sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss, ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert waren.

1. Die Wiedereinsetzungsgründe müssen gem. § 236 Abs. 2 ZPO im Antrag bezeichnet werden. Dabei müssen diese Angaben hinreichend substantiiert sein. Welche Angaben geboten sind, ergibt sich aus der konkreten Sachlage. Es dürfen jedoch keine Fragen offen bleiben, weil jede Unklarheit und Unaufgeklärtheit, die ein Verschulden möglich erscheinen lässt, zu Lasten der säumigen Partei zu werten ist (Feiber in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 236 Rz. 13). Bleiben die Umstände, die zur Fristversäumung geführt haben, unaufgeklärt, so ist die Wiedereinsetzung dann ausgeschlossen, wenn ein verschuldeter Umstand möglich erscheint (BGH v. 4.10.1982 - II ZB 9/82, VersR 1982, 1167; BAG v. 9.1.1990 - 3 AZR 528/89, NJW 1990, 2707). So ist es auch vorliegend.

Warum die Anwaltsgehilfin X trotz ordnungsgemäßer Eintragung der Berufungsbegründungsfrist im PC und Fristenkalender die Fristenkontrolle am 6.7.2004 unterließ und die Akten dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht vorlegte bzw. ihn auf den Fristablauf hinwies, ist ungeklärt. Zwar hindert das Verschulden des Büropersonals eines Rechtsanwalts die Wiedereinsetzung grundsätzlich nicht. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Rechtsanwalt den Fehler seines Personals nicht durch eigene Auswahl-, Organisations-, Belehrungs- oder Überwachungsfehler ermöglicht hat und auch nicht sonst erkennen oder verhindern konnte (Feiber in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 233 Rz. 25). Im Hinblick auf die umfangreiche Rechtsprechung zu den diesbezüglichen Anforderungen an den Rechtsanwalt (vgl. den Überblick bei Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 233 Rz. 23) wäre es deshalb erforderlich gewesen, dass der Prozessbevollmächtigte insb. vorträgt, welche allgemeinen und speziellen Weisungen er seinem Büropersonal im Hinblick auf die Fristenkontrolle gegeben hat und wie die Fristnotierung ausgestaltet war, welche Vorkehrungen er getroffen hat, um mögliche Fehlerrisiken auszuschließen, und inwieweit die Anwaltsgehilfin X aufgrund ihrer Ausbildung, Berufserfahrung und Zuverlässigkeit überhaupt in der Lage war, die an sie delegierte Aufgabe zu erfüllen.

Gleichwohl hat der Kläger hierzu nichts vorgetragen. Danach ist nicht ausgeschlossen, dass ein eigenes Versehen des Klägervertreters an dem Fristversäumnis mitgewirkt hat, weil weder aufgezeigt wird, wie die Fristenkontrolle im Büro des Klägervertreters organisiert ist, noch sich ab...

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