Leitsatz (amtlich)

1. Der Betreiber einer bestehenden Aufzugsanlage aus dem Jahr 1989 ist im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht nicht verpflichtet, die Anlage mit modernen Warnvorrichtungen und dem neueren technischen Standard auszustatten, solange die Anlage noch den technischen Anforderungen des Errichtungszeitraums entspricht und nach neueren Vorschriften nicht nachgerüstet oder stillgelegt werden muss. Die Verkehrssicherheit fordert nur, dass die nach den technischen Möglichkeiten erreichbare Sicherheit geboten wird, wobei auf den Zeitpunkt der Errichtung abzustellen ist.

2. Ein Warnhinweis auf altersbedingte Halteungenauigkeiten der Anlage oder auf das Fehlen von modernen Warnvorrichtungen für den Fall einer technischen Störung ist grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn eine Störung öfter auftritt.

Zu dieser Entscheidung gibt es eine Pressemitteilung auf der Webseite des OLG (www.olg-frankfurt.justiz.hessen.de).

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 24.01.2013; Aktenzeichen 3 U 169/12)

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 11.05.2012; Aktenzeichen 2-10 O 434/11)

 

Tenor

In dem Rechtsstreit ... wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Klägerin durch Beschluss nach § 522 II ZPO zurückzuweisen.

Nach Vornahme der gem. § 522 I und II ZPO gebotenen Prüfungen ist der Senat einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt ein Schmerzensgeld wegen des Sturzes aus einem Fahrstuhl in dem von der Beklagten betriebenen Parkhaus A-Straße in O1.

Die Klägerin stürzte am 30.9.2010 beim Verlassen eines Fahrstuhls in dem vorgenannten Parkhaus, weil die Kabine, in der sie sich befand, ca. 40 cm oberhalb des Bodenniveaus angehalten, sich die Türen aber schon geöffnet hatten. Die Unfallsituation wurde von einem Zeugen fotografiert; auf die Lichtbilder Bl. 7 d.A. wird verwiesen. Die Klägerin zog sich durch den Sturz erhebliche Verletzungen zu.

Die Beklagte hatte die Nebenintervenientin - ein auf Aufzugswartung spezialisiertes Unternehmen - mit der Wartung, Störungsbeseitigung und Instandsetzung der streitbefangenen Aufzugsanlage beauftragt. Die letzte dokumentierte Wartung hatte zwei Tage vor dem Unfall stattgefunden.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, hat das LG die auf Zahlung eines Schmerzensgeldes und Feststellung der Ersatzpflicht weiteren Schadensersatzes gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt: Die Beklagte hafte nicht, weil sie ihre Überwachungs- und Wartungspflicht wirksam auf die Nebenintervenientin übertragen habe. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte ihrer neben dem Wartungsvertrag fortbestehenden Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sei. Schließlich sei die Beklagte auch nicht verpflichtet gewesen, die Aufzugsanlage mit zusätzlicher Warntechnik auszurüsten.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags weiterverfolgt, sich jedoch nunmehr ein hälftiges Mitverschulden anrechnen lassen will.

Die Beklagte und die Nebenintervenientin verteidigen das erstinstanzliche Urteil.

II. Die zulässige Berufung kann in der Sache keinen Erfolg haben. Das LG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, da die Beklagte für den Unfall der Klägerin nicht haftet. Die Berufungsangriffe können dies Ergebnis nicht infrage stellen.

Soweit das LG festgestellt hat, dass die Beklagte ihre (deliktische) Verkehrssicherungspflicht in zulässiger Weise auf die Nebenintervenientin übertragen hat, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin greift diese Feststellung mit der Berufung auch nicht an. Letztendlich kommt es jedoch auf die Übertragung oder ihren Umfang gar nicht an.

Aus dem Umstand allein, dass es bei der Kabine, in der sich die Klägerin befand, am Unfalltag zu einer Halteungenauigkeit gekommen ist, lässt sich nämlich nicht auf eine Verkehrssicherungspflichtverletzung schließen. Da es bei der streitbefangenen Aufzugsanlage nicht generell zu Halteungenauigkeiten kommt - auch die Klägerin behauptet dies nicht -, ist davon auszugehen, dass am Unfalltag eine technische Störung vorgelegen hat, die trotz regelmäßiger Wartung und Kontrolle zufällig auftrat. Solche technischen Störungen sind unvermeidbar und stellen für sich genommen keine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Verantwortlichen dar, wenn er die Störung in angemessener Zeit beseitigen lässt. Die Klägerin behauptet auch nicht, dass die Störung bereits häufiger aufgetreten ist und es die Beklagte unterlassen hätte, das ihr Mögliche zu veranlassen, um eine etwa vorliegende Störanfälligkeit zu beseitigen.

Der Vorwurf...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge