Leitsatz (amtlich)

1. Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des Art. 1 § 3 Nr. 8 RBerG sind nur erfüllt, wenn besondere Umstände vorliegen, welche die gerichtliche Einziehung der konkreten Forderung durch einen Verbraucherverband im Interesse des Verbraucherschutzes erfordern. Es genügt nicht, dass sich im Rahmen des Rechtsstreits Fragen stellen, die für Verbraucher von Interesse sind, also irgendein verbraucherrechtlicher Sachzusammenhang oder ein "Kollektivinteresse" besteht (OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.10.2003 - I-16 U 197/02, NJW 2004, 1532 = WM 2004, 319).

2. Diese Anforderungen sind nicht gegeben, wenn ein Verbraucherverband Vorfälle eines Kartenmissbrauchs zu Lasten verschiedener Verbraucher verbindet und eine Sammelklage gegen das Bankinstitut erhebt, welches das jeweilige Konto der Betroffenen mit den abgehobenen Beträgen belastet hat.

 

Normenkette

RBerG Art. 1 § 3 Nr. 8

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 20.10.2004; Aktenzeichen 5 O 521/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 14.11.2006; Aktenzeichen XI ZR 294/05)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.10.2004 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Sicherheitsleistungen können auch durch Bürgschaft eines der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegenden Kreditinstituts erbracht werden.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist eine Verbraucherorganisation, zu deren Aufgaben die Wahrnehmung sowie der Schutz der Interessen und Rechte der Verbraucher gehört. An ihn wurden in der Vergangenheit - auch aufgrund einer Initiative des Klägers - Beschwerden von Verbrauchern herangetragen, die mit sog. Kartenmissbrauchs- oder Kartenschadensfällen zusammenhingen. Dabei geht es um Schäden, die Inhaber einer ec- oder Kreditkarte erleiden, nachdem ihnen jeweils die Karte abhanden gekommen ist. Die Karte kommt jeweils durch eine unberechtigte Person ohne Wissen und Willen des Inhabers zum Einsatz, wobei die zur Benutzung erforderliche Geheimzahl (PIN) zutreffend in den jeweiligen Geldausgabeautomaten eingegeben wird. Bevor es den Geschädigten möglich ist, eine Kartensperrung vornehmen zu lassen, sind oftmals bereits Bargeldabhebungen von einem Automaten erfolgt. Anschließend werden die Konten der Berechtigten mit den abgehobenen Geldbeträgen belastet mit der Begründung, sie hätten ihre Sorgfaltspflicht im Umgang mit Karte und Geheimzahl grob verletzt, weil sie beide gemeinsam aufbewahrt (Geheimzahl auf einem beiliegenden Zettel o.ä. notiert) oder die Nummer sogar auf der Karte notiert haben müssten, weil es anderenfalls dem Schädiger nicht möglich gewesen wäre, in kurzer Zeit nach dem Abhandenkommen die Karte an Geldausgabeautomaten erfolgreich zum Einsatz zu bringen.

Nachdem der Kläger derartige Beschwerden von einer Vielzahl von Verbrauchern gesammelt hatte, ließ er sich deren Ansprüche gegen die jeweils kartenausgebende Bank oder Sparkasse abtreten, um sie in einer Sammelklage gegen das jeweils betroffene Institut gerichtlich geltend zu machen. Nach dem Erkenntnisstand des Senats im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung sind derzeit mehrere Verfahren vor verschiedenen Gerichten anhängig.

Im vorliegenden Fall ließ sich der Kläger von 19 Kunden der Beklagten solche Ansprüche i.H.v. insgesamt 13.543,58 EUR abtreten, deren Zahlung er in erster Linie verlangt, während hilfsweise Gutschriften in Höhe des dem einzelnen Konto belasteten Betrags geltend gemacht werden.

Der Kläger hat sich vor dem LG auf die Vorschrift des Art. 1 § 3 Nr. 8 RBerG berufen, wonach es ihm unter den dort genannten Voraussetzungen erlaubt sei, sich Ansprüche von Verbrauchern zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung abtreten zu lassen. Die gesetzlichen Voraussetzungen seien erfüllt, weil es darum gehe, die Frage der Beweislastverteilung bei Kartenschadensfällen zu klären. Die weit verbreitete Praxis von Banken und Sparkassen, sich auf die angebliche Sicherheit ihrer Systeme zu berufen, ohne diese hinreichend offen zu legen, um sie auf ihre Sicherheit überprüfen zu können, sei verbraucherschutzwidrig. Wegen der weiter gehenden Begründung seiner Aktivlegitimation wird auf die umfangreichen Ausführungen des Klägers auf S. 9 ff. des Schriftsatzes vom 14.7.2004 (Bl. 199 ff. GA) verwiesen.

Die abgetretenen Ansprüche auf Zahlung des dem Konto des jeweiligen Zedenten belasteten Betrags seien berechtigt. Sollte ein Zahlungsanspruch nicht bestehen, bestünde zumindest ein Anspruch auf eine entsprechende Gutschrift, bezogen auf den Zeitpunkt der Wertstellung der von der Beklagten vorgenommenen Belastungsbuchung. Im Rahmen des Verlustes der Karte und deren nachfolgenden Einsat...

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