Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Anscheinbeweis, wenn Auffahrkollision in zeitlichem Zusammenhang mit einem Autobahn-Fahrspurwechsel steht

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 24.03.2009)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 24.3.2009 verkündete Urteil des Einzelrichters der 16. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

 

Gründe

I. Der Kläger hat keine Schadensersatzansprüche gem. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 3 PflVG aus dem Unfallereignis vom 15.2.2007 auf der BAB 57 in ... gegen die Beklagten. Die Abwägung der Verursachungsbeiträge gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 und 2 StVG ergibt, dass der Kläger den ihm entstandenen Schaden in voller Höhe zu tragen hat. Das Berufungsvorbringen des Klägers führt zu keiner abändernden Entscheidung.

Im Einzelnen ist noch Folgendes auszuführen:

II. Aufgrund der beiderseitigen Haftung der Unfallbeteiligten nach § 7 Abs. 1 StVG muss eine Abwägung der Verursachungsbeiträge gem. § 17 Abs. 1 StVG erfolgen. Dabei ist zu fragen, welche für die Gewichtung der Haftungsanteile maßgeblichen tatsächlichen Umstände festgestellt werden können. Die für die Abwägung maßgebenden Umstände müssen feststehen, d.h. unstreitig, zugestanden oder nach § 286 ZPO bewiesen sein (BGH NJW 2007, 506; NJW 2005, 1940; NJW 2005, 2081). Im Rahmen der nach § 17 StVG vorzunehmenden Abwägung hat jeweils der eine Halter die Umstände zu beweisen, die dem anderen zum Verschulden gereichen (BGH, NZV 2006, S. 231).

1. Verursachungsbeitrag des Klägers

Der Kläger hat den Unfall schuldhaft verursacht. Er hat bei dem Fahrspurwechsel auf der Autobahn entgegen § 7 Abs. 5 StVO die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht ausgeschlossen. Das LG hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme festgestellt, dass der Kläger zeitgleich mit der Kollision des Sattelzuges mit dem Pkw die Fahrspur gewechselt und dabei die Beklagte zu 2.) geschnitten hat.

Gemäß § 529 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Zweifel im Sinne dieser Vorschrift bestehen schon dann, wenn aus Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Falle einer Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. BGH NJW 2003, 3480, OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.5.2005 - I-1 U 158/03, zitiert aus juris).

Solche Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des LG bestehen jedoch nicht. Das LG stützt seine Feststellungen im Wesentlichen auf die Aussage der Zeugin .... Die Zeugin befand sich als Beifahrerin im Fahrzeug der Beklagten zu 1.). Sie hat bekundet, sie habe plötzlich einen Lkw gesehen, von dem Qualm aufgestiegen sei. Dann habe ein Fahrzeug sie von rechts geschnitten. Den Abstand hat sie auf ein paar Meter, ein bis zwei Fahrzeuglängen, geschätzt. Sie hat weiter bekundet, sie habe die Bremslichter von dem Fahrzeug leuchten sehen. Ihre Tochter habe daraufhin gebremst und das Fahrzeug nach links gegen die Leitplanke gelenkt. Dann sei ihr Fahrzeug auf das fahrende Fahrzeug aufgefahren. Diese Aussage ist glaubhaft. Umstände, die die Wiederholung der Beweisaufnahme rechtfertigen könnten, liegen aus folgenden Gründen nicht vor:

a) Für die Richtigkeit der Aussage der Zeugin spricht zunächst, dass ihre Angaben in wichtigen Details durch die Feststellungen des Sachverständigen ... in seinem schriftlichen Gutachten vom 2.5.2008 bestätigt worden sind.

aa) Der Sachverständige hat zwar die entscheidende Frage, ob der Kläger unmittelbar vor dem Unfall die Fahrspur gewechselt hatte, nicht klären können. Anhand der Anstoßhöhen an beiden Fahrzeugen hat er jedoch nachweisen können, dass sich das Fahrzeug des Klägers noch in Bewegung befunden hat, als die Beklagte zu 2.) auffuhr. Der Sachverständige hat nachvollziehbar ausgeführt, dass eine bremsdynamische Anhebung des klägerischen Fahrzeughecks und eine bremsdynamische Absenkung der Frontseite des Beklagtenfahrzeuges erforderlich ist, damit die Anstoßhöhen kompatibel sind. Damit bestätigt der Sachverständige die Aussage der Zeugin, die Beklagte zu 1.) sei auf das noch fahrende Fahrzeug aufgefahren.

bb) Der Sachverständige hat ferner ausgeführt, dass durch die querrutschenden Reifen des Fahrzeugs des Zeugen ... eine Rauchentwicklung entstanden sei. Auch dieses Detail hat die Zeugin ... bekundet.

cc) Aus dem Gutachten haben sich umgekehrt auch keine Hinweise ergeben, dass die Aussage der Zeugin in einem Punkt unrichtig sein könnte. Insbesondere hat der Sachverständige nicht feststellen können, dass ein Spurwechsel unmittelbar vor dem Fahrzeug des Beklagten zu 1.) nicht stattgefunden haben ka...

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